16.11.2018 Straßburg – Das Europäische Parlament möchte, dass alle Arbeitnehmer von der Verlässlichkeit und Klarheit ihrer Arbeitsbedingungen und Ver- pflichtungen profitieren. Die EU-Abgeordneten haben grünes Licht für die Verhandlungen mit dem Rat über einen Vorschlag zur Einführung neuer Mindestrechte in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, einschließlich der Dauer der Probezeit, der Arbeitszeiten und restriktiver Verträge, gegeben. Zudem sollen nach den Regeln alle neuen Mitarbeiter, auch jene in atypischen Beschäftigungsverhältnissen oder in nicht-traditionellen Berufen, ein erweitertes Informationspaket über ihre Verantwortlichkeiten und Arbeitsbedingungen erhalten.

Wir haben den Berichterstatter des Parlaments, Enrique Calvet Chambon (ALDE) aus Spanien, dazu interviewt.

Die wachsende Flexibilität und Digitalisierung des Arbeitsmarktes hat zu neuen und atypischen Beschäftigungsformen geführt. Was sind die Vorteile und Herausforderungen dieses Trends?

Die neuen Technologien und die Digitalisierung erzeugen neue Beschäftigungsformen, sogar ganz neue Arbeitskonzepte und testen auch unsere Arbeitsmärkte, die Grenzen der arbeitsrechtlichen Vorschriften und des sozialen Schutzes. Die Vorteile können vielfältig sein. Man kann das Aufkommen flexiblerer, einfallsreicherer und anpassungsfähiger Beschäftigungsformen nicht ignorieren. Es ist ganz klar, dass Europa Ausbeutung und mangelnden Schutz, die nicht mit dem europäischen Sozialmodell vereinbar sind, vermeiden möchte. Insbesondere auf Grund dieser neuen und nicht standardmäßigen Arbeitsmethoden. Kurz gesagt, wir versuchen ein Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Schutz für die Arbeitnehmer zu erreichen.

Aufgrund dieser neuen Geschäftsmodelle ist es oft unklar, ob manche Arbeitnehmer Selbstständige oder Angestellte sind. Werden die neuen Regeln auch für Plattformen wie Uber und Deliveroo gelten?

Die neuen Regeln gelten für Arbeitnehmer, die eine entgeltliche Tätigkeit unter der Leitung einer anderen Person ausüben. Sie werden von der Person gemanagt und sind abhängig von ihr. Auch Plattformarbeiter werden in diesen Geltungsbereich miteinbezogen. Man könnte sagen, dass sie zu dieser Richtlinie motiviert haben. In Bezug auf die selbstständige Erwerbstätigkeit wollte das Parlament Klarheit schaffen, indem es die echten und freiwilligen Selbstständigen ausdrücklich ausschließt. Das werde ich während der Verhandlungen mit dem Rat verteidigen.

Was wird sich im Vergleich zu den derzeitigen Vorschriften ändern?

Die große Neuerung ist, dass mit der neuen Richtlinie ein allgemeines Minimum an sozialen Rechten in Europa festgelegt wird. Diese Rechte könnten als Grundstein für einen Rahmen für einen europäischen Arbeitsmarkt angesehen werden – als etwas, das zur Stärkung des europäischen Projekts notwendig ist. Insbesondere hervorheben möchte ich: die Frist der Probezeit, die in der Regel sechs Monate nicht überschreiten darf; das Recht, für andere Arbeitgeber zu arbeiten, mit dem Verbot der genannten „Exklusivitätsklauseln“ oder „Unvereinbarkeit“; das Recht, kostenlos und innerhalb der Arbeitszeit eine vorgeschriebene Ausbildung zu erhalten und das Recht auf besondere Garantien, die ein Mindestmaß an Planungssicherheit für Beschäftigungsformen bieten, die ihrer Natur nach nicht sehr vorhersehbar sind, wie dies bei „Abrufverträgen“ [On-Demand] der Fall ist. Was die Arbeit auf Abruf betrifft, so fordert das Parlament, dass die Arbeitnehmer bezahlt werden, wenn garantierte Stunden nach einer vereinbarten Frist gekündigt werden.

Nächste Schritte

Das Parlament wird nun die Verhandlungen mit dem Rat aufnehmen.

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