14.11.2018 Straßburg – Die Kommission hat gestern (Dienstag, 13.11) ihre Berichte zu den Entwicklungen in Rumänien und Bulgarien in den Bereichen Justizreform und Korruptionsbekämpfung vorgelegt. In Rumänien geben jüngste Entwicklungen Anlass zur Sorge. „Ich bedauere, dass Rumänien seinen Reformprozess nicht nur ins Stocken gebracht hat, sondern dass auch Angelegenheiten wieder auf den Tisch kommen oder bei Themen Rückzieher gemacht werden, bei denen in den vergangenen zehn Jahren bereits Fortschritte zu verzeichnen waren“, sagte der Erste Kommissions- vizepräsident Frans Timmermans in Straßburg. Die Fortschritte in Bulgarien bewertet die Kommission positiv.

Seit dem EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens bewertet die Kommission die Fortschritte beider Länder bei der Erfüllung der Verpflichtungen in den Bereichen Justizreform und Bekämpfung der Korruption regelmäßig im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens (CVM). Die neuen Berichte geben einen Überblick über die Situation seit November 2017.

Neue Empfehlungen für Rumänien im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens

Im Verlauf der zwölf Monate seit dem Bericht vom November 2017 hat Rumänien einige Schritte unternommen, um die Empfehlungen aus dem Bericht vom Januar 2017 umzusetzen. Die Bewertung vom Januar 2017 erfolgte jedoch unter dem Vorbehalt, dass negative Entwicklungen ausbleiben, die die Fortschritte der vergangenen zehn Jahre infrage stellen könnten. Das Inkrafttreten der überarbeiteten Justizgesetze, der Druck auf die unabhängige Justiz im Allgemeinen und insbesondere auf die Nationale Direktion für Korruptionsbekämpfung sowie weitere Schritte, die der Korruptionsbekämpfung zuwiderlaufen, haben die Fortschritte rückgängig gemacht oder infrage gestellt. Die Kommission verweist zudem auf allgemeinere Aspekte, die zwar nicht unter das CVM fallen, sich aber eindeutig auf die Fortschritte bei der Justizreform und der Korruptionsbekämpfung auswirken. In diesem Zusammenhang wird in dem Bericht festgestellt, dass freie und pluralistische Medien eine wichtige Rolle dabei spielen, Personen mit Macht und Einfluss zur Rechenschaft zu ziehen – beispielsweise indem potenzielle Korruptionsdelikte ans Licht gebracht werden.

Vor diesem Hintergrund sind die zwölf Empfehlungen vom Januar 2017 nicht mehr ausreichend, um das CVM – gemäß der von Präsident Jean-Claude Juncker zu Beginn seiner Amtszeit formulierten Orientierung – noch während der Amtszeit der gegenwärtigen Kommission abzuschließen. Der Bericht enthält daher acht zusätzliche Empfehlungen, um in der aktuellen Lage Abhilfe zu schaffen. Dies nimmt die zentralen Einrichtungen in Rumänien in die Pflicht, sich entschlossen für die Unabhängigkeit der Justiz und die Korruptionsbekämpfung als unverzichtbare Eckpfeiler zu engagieren und bei einem drohenden Rückschritt die Funktionsfähigkeit der nationalen Kontrollmechanismen wiederherzustellen. Um Abhilfe zu schaffen, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

1. Justizgesetze:

  • Die Umsetzung der Justizgesetze und nachfolgender Dringlichkeitsanordnungen wird unverzüglich ausgesetzt.
  • Die Justizgesetze werden unter umfassender Berücksichtigung der Empfehlungen im Zuge des CVM sowie der Empfehlungen der Venedig-Kommission und der vom Europarat eingerichteten Gruppe der Staaten gegen Korruption GRECO überarbeitet.

2. Ernennungen/Entlassungen im Justizwesen:

  • Alle laufenden Verfahren zur Ernennung und Entlassung von obersten Staatsanwälten werden unverzüglich ausgesetzt.
  • Das Verfahren zur Ernennung eines leitenden Staatsanwalts der DNA mit nachgewiesener Erfahrung bei der Verfolgung von Korruptionsdelikten wird mit einem klaren Mandat für die DNA, auch weiterhin professionelle, unabhängige und unparteiische Ermittlungen im Bereich Korruption durchzuführen, erneut auf den Weg gebracht.
  • Der Oberste Richterrat ernennt unverzüglich ein Interimsteam zur Leitung der Justizinspektion und binnen drei Monaten mittels Auswahlverfahren ein neues Leitungsteam für die Inspektion.
  • Negative Stellungnahmen des Obersten Richterrats zu Ernennungen und Entlassungen von Staatsanwälten in Leitungspositionen werden respektiert, bis ein neuer rechtlicher Rahmen in Einklang mit Empfehlung 1 vom Januar 2017 gilt.

3. Strafgesetzbuch und Strafprozessordnung

  • Das Inkrafttreten der Änderungen am Strafgesetzbuch und an der Strafprozessordnung wird auf Eis gelegt.
  • Die Überarbeitung des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung wird unter umfassender Berücksichtigung der erforderlichen Vereinbarkeit mit dem EU-Recht und den internationalen Instrumenten zur Korruptionsbekämpfung sowie der CVM-Empfehlungen und der Stellungnahme der Venedig-Kommission wieder aufgenommen.

Die EU-Kommission wird die Entwicklungen weiter aufmerksam verfolgen und die Lage vor Ende ihrer Amtszeit bewerten. Die unverzügliche Umsetzung der zusätzlichen Maßnahmen ist entscheidend, um den Reformprozess wieder in Gang zu bringen und den Weg zum Abschluss des Kooperations- und Kontrollverfahrens gemäß dem Bericht vom Januar 2017 weiter zu beschreiten.

Ergänzt wird der Bericht durch eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit einer detaillierten Analyse der EU-Kommission, die sich auf den kontinuierlichen Dialog zwischen den rumänischen Behörden und den Kommissionsdienststellen stützt.

Bulgarien: Kommission lobt Fortschritte bei Justizreform und Korruptionsbekämpfung

Gegenstand des neuen Berichts sind die Fortschritte Bulgariens der letzten Jahre bei der Umsetzung der endgültigen 17 Empfehlungen der Kommission aus dem Bericht vom Januar 2017; darin wird positiv festgestellt, dass Bulgarien sich unablässig und entschlossen darum bemüht hat, diesen Empfehlungen nachzukommen.

Die Kommission ist zuversichtlich, dass Bulgarien in der Lage sein wird, sämtliche verbleibenden Empfehlungen umzusetzen, wenn es die aktuelle positive Entwicklung fortsetzt, und damit die noch ausstehenden Vorgaben erfüllen wird. Dann wird das Kooperations- und Kontrollverfahren für Bulgarien noch vor Ende der Amtszeit der derzeitigen Kommission abgeschlossen werden können, sodass die von Präsident Jean-Claude Juncker zu Beginn seines Mandats gemachte Vorgabe erfüllt wird.

Der Erste Vizepräsident Frans Timmermans erklärte dazu: „Wir erkennen in diesem Bericht die stetigen Fortschritte Bulgariens bei der Umsetzung unserer endgültigen Empfehlungen vom Januar 2017 an. Diese Reformen sind für die wirksame Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität unerlässlich. Falls diese positive Entwicklung anhält und die erzielten Fortschritte nachhaltig konsolidiert und unumkehrbar werden, bin ich sehr zuversichtlich, dass das Kooperations- und Kontrollverfahren für Bulgarien noch vor Ende des Mandats der derzeitigen Kommission abgeschlossen werden kann.“

In den zwölf Monaten seit dem letzten Bericht vom November 2017 hat sich Bulgarien anhaltend bemüht, die Empfehlungen des Berichts vom Januar 2017 umzusetzen. Nach Einschätzung der Kommission wurden mehrere Empfehlungen bereits umgesetzt und einige weitere stehen kurz vor der vollständigen Umsetzung. Damit können drei Vorgaben (Unabhängigkeit der Justiz, gesetzlicher Rahmen und organisierte Kriminalität) von sechs als vorläufig abgeschlossen gelten. Da manche Entwicklungen noch andauern, kann die Kommission diese Bewertung nur durch weitere Überwachung bestätigen.

Bulgarien muss weiter an seiner Bilanz konkreter Ergebnisse arbeiten und die erzielten Fortschritte konsolidieren. Diese positive Entwicklung im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens muss sich fortsetzen und wird nach Abschluss des Verfahrens von den bulgarischen Behörden dauerhaft überwacht werden müssen. Eine transparente Berichterstattung durch die bulgarischen Behörden und eine Kontrolle durch Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft werden Schlüsselfaktoren beim Übergang der Überwachung auf die nationale Ebene und bei der Abgabe der nötigen Garantien für eine weitere Verfolgung des Wegs zu Fortschritten und Reformen sein. Die Kommission weist in ihrem Bericht aber auch darauf hin, dass in den letzten Jahren eine deutliche Verschlechterung in der Medienlandschaft Bulgariens eingetreten ist, die den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen einzuschränken droht und durch gezielte Attacken auf Richter in bestimmten Medien die Unabhängigkeit der Justiz beeinträchtigen kann. In einem breiteren Kontext ist zu sagen, dass die Fähigkeit der Medien wie auch der Zivilgesellschaft, die Regierenden in einer pluralistischen Gesellschaft, frei von Druck, zur Verantwortung zu ziehen, eine wesentliche Grundvoraussetzung für die Fortsetzung der Reformen des Kooperations- und Kontrollverfahrens aber auch für ein besseres Regierungshandeln ganz generell darstellt.

Die Kommission ist zuversichtlich, dass Bulgarien seine Reformbemühungen fortsetzen wird und alle übrigen Empfehlungen erfüllen kann. Sie wird die weiteren Entwicklungen aufmerksam beobachten und noch vor Ende ihrer Amtszeit die Fortschritte erneut bewerten. Nach ihrem Dafürhalten dürfte das Kooperations- und Kontrollverfahren für Bulgarien damit abgeschlossen sein. Damit diese Zielsetzung erreicht wird, fordert die Kommission Bulgarien auf, die aktuelle positive Entwicklung bei der Erfüllung aller restlichen Empfehlungen fortzusetzen.

Der neue Bericht enthält eine Bestandsaufnahme der von Bulgarien seit November 2017 eingeleiteten Schritte. Darin bewertet die Kommission, wie die bulgarischen Behörden den 17 Empfehlungen nachgekommen sind. Er wird ergänzt durch eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, in dem die genaue Analyse der Kommission dargelegt ist, die sich aus dem kontinuierlichen Dialog zwischen den bulgarischen Behörden und den Dienststellen der Kommission ergab.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung: Bericht der Europäischen Kommission über Rumäniens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens

Pressemitteilung: Europäische Kommission berichtet über Fortschritte Bulgariens im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens

MEMO – CVM-Berichte zu Bulgarien und Rumänien: Fragen & Antworten

Alle Berichte zum Kooperations- und Kontrollverfahren