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  • Kartellrecht: EU-Kommission verhängt Geldbußen von insgesamt 546 Millionen Euro gegen Kfz-Seetransportunternehmen und Automobilzulieferer

22.02.2018 Brüssel. Die Europäische Kommission hat am Mittwoch mit drei getrennten Beschlüssen Geldbußen gegen vier Kfz-Seetransportunternehmen in Höhe von 395 Millionen Euro, zwei Zündkerzenlieferanten in Höhe von 76 Millionen Euro und zwei Anbieter von Bremssystemen in Höhe von 75 Millionen Euro verhängt. Die Unternehmen haben Kartellabsprachen getroffen und somit gegen die Wettbewerbsvorschriften der Europäischen Union (EU) verstoßen. Auch die deutschen Unternehmen Bosch und Continental sind betroffen. Alle Unternehmen räumten ihre Kartellbeteiligung ein und stimmten einem Vergleich zu.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu am Mittwoch in Brüssel: „Die Kommission hat mehrere Unternehmen, die im Kfz-Seetransport und als Automobilzulieferer tätig sind, mit Geldbußen belegt, weil sie Kartellabsprachen getroffen haben. Die drei heute erlassenen Beschlüsse zeigen, dass wir wettbewerbswidriges Verhalten, das den europäischen Verbrauchern und Unternehmen schadet, nicht tolerieren. Durch Preiserhöhungen bei Autoteilen und beim Kfz-Transport haben die Kartelle den europäischen Verbrauchern geschadet und sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie ausgewirkt, die rund 12 Mio. Menschen in der EU beschäftigt.“

Kfz-Seetransportunternehmen

Die EU-Kommission hat festgestellt, dass das chilenische Seetransportunternehmen CSAV, die japanischen Unternehmen „K“ Line, MOL und NYK sowie das norwegisch-schwedische Unternehmen WWL-EUKOR an einem Kartell im Bereich des interkontinentalen Seetransports von Fahrzeugen beteiligt waren, und eine Geldbuße von insgesamt 395 Millionen Euro gegen diese Unternehmen verhängt.

Fast sechs Jahre lang – von Oktober 2006 bis September 2012 – bildeten die fünf Transportunternehmen ein Kartell, das den Markt für den Hochseetransport neuer Pkw, Lkw und anderer großer Fahrzeuge wie Mähdrescher und Traktoren auf verschiedenen Strecken zwischen Europa und anderen Kontinenten betraf.

Die Untersuchung der EU-Kommission ergab, dass sich die Verkaufsleiter dieser Unternehmen in ihren Büros, in Bars und Restaurants sowie bei Veranstaltungen trafen und regelmäßig telefonisch in Kontakt standen, um das wettbewerbswidrige Verhalten zu koordinieren. Sie trafen Preisabsprachen, teilten Kunden untereinander auf und tauschten sensible Geschäftsinformationen über Preiselemente aus, so z.B. über Gebühren und Preisaufschläge zum Ausgleich von Währungs- oder Ölpreisschwankungen.

Die Unternehmen verständigten sich darauf, den Status quo auf dem Markt beizubehalten. Um seit Langem bestehende Tätigkeiten der jeweils anderen Unternehmen auf bestimmten Strecken oder deren Geschäftsbeziehungen mit bestimmten Kunden nicht zu beeinträchtigen, gaben sie bei Ausschreibungen von Fahrzeugherstellern entweder überhöhte oder keine Angebote ab.

Das Kartell hatte sowohl Auswirkungen auf die europäischen Fahrzeugimporteure und Endkunden, da die importierten Fahrzeuge im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verkauft wurden, als auch auf die europäischen Kfz-Hersteller, da deren Fahrzeuge aus dem EWR ausgeführt wurden. Im Jahr 2016 wurden rund 3,4 Millionen Kraftfahrzeuge aus Nicht-EU-Ländern in die EU importiert und mehr als 6,3 Millionen Fahrzeuge aus der EU in Nicht-EU-Länder exportiert. Fast die Hälfte dieser Fahrzeuge wurde von den Transportunternehmen befördert, gegen die jetzt Geldbußen verhängt wurden.

Die EU-Kommission leitete die Untersuchung ein, als MOL einen Antrag auf Geldbußenerlass nach der Kronzeugenregelung stellte. Bei ihrer Untersuchung arbeitete die Kommission mit den Wettbewerbsbehörden von Ländern wie Australien, Kanada, Japan und den USA zusammen.

Die Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien der EU-Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt.

Ausschlaggebend für die Höhe der Geldbußen waren der Umsatz, den die Kartellmitglieder mit dem Transport auf den interkontinentalen Strecken aus dem bzw. in den EWR erzielten, die Schwere der Zuwiderhandlung, die geografische Reichweite des Kartells und seine Dauer. Die EU-Kommission ermäßigte die Geldbuße für CSAV um 20 Prozent, da das Unternehmen in geringerem Maße an der Zuwiderhandlung beteiligt war.

Auf der Grundlage der Kronzeugenregelung von 2006 beschloss die EU-Kommission,

  • MOL die Geldbuße die etwa 203 Millionen Euro betragen hätte vollständig zu erlassen, da das Unternehmen die EU-Kommission über die Existenz des Kartells unterrichtet hatte;
  • die Geldbußen von CSAV, „K“ Line, NYK und WWL-EUKOR zu ermäßigen, um ihre Zusammenarbeit mit der EU-Kommission zu berücksichtigen. Die Höhe der Ermäßigung richtet sich danach, wann die Unternehmen ihre Zusammenarbeit angeboten haben und inwiefern die von ihnen vorgelegten Beweismittel zum Nachweis des Kartells beigetragen haben.

Darüber hinaus ermäßigte die EU-Kommission die verhängten Geldbußen auf der Grundlage ihrer Mitteilung über Vergleichsverfahren aus dem Jahr 2008 um 10 Prozent, da die Unternehmen ihre Beteiligung am Kartell einräumten und die Verantwortung dafür übernahmen.

Zündkerzen

In einem zweiten Beschluss stellte die EU-Kommission am Mittwoch fest, dass Bosch (Deutschland), Denso (Japan) und NGK (Japan) an einem Kartell bezüglich der Lieferung von Zündkerzen an Automobilhersteller im EWR beteiligt waren, und verhängte eine Geldbuße von insgesamt 76 Millionen Euro gegen die Unternehmen.

Zündkerzen sind elektrische Vorrichtungen in Benzinmotoren von Kraftfahrzeugen, die Hochspannungsfunken im Brennraum des Motors zur Zündung des Kraftstoff-Luft-Gemischs erzeugen. Die Kunden von Bosch, Denso und NGK sind Automobilhersteller mit Produktionsstätten im EWR.

Das Kartell bestand von 2000 bis 2011 und hatte das Ziel, durch die Achtung der lange bestehenden Kundenbeziehungen der jeweils anderen Unternehmen Wettbewerb zu verhindern. So sollte der Status quo in der Zündkerzenindustrie im EWR beibehalten werden. Die drei Unternehmen tauschten sensible Geschäftsinformationen aus, verständigten sich in einigen Fällen über Preisangebote und ihre jeweiligen Anteile an den Lieferungen für bestimmte Kunden und vereinbarten, seit Langem bestehende Belieferungsrechte zu achten. Die Koordinierung erfolgte durch bilaterale Kontakte zwischen Bosch und NGK bzw. zwischen Denso und NGK.

Die EU-Kommission leitete die Untersuchung ein, als Denso einen Antrag auf Geldbußenerlass nach der Kronzeugenregelung stellte.

Ausschlaggebend für die Höhe der Geldbußen war der Umsatz, den die betreffenden Unternehmen im EWR mit der Lieferung von Zündkerzen an Automobilhersteller mit Produktionsstätten im EWR erzielten. Darüber hinaus berücksichtigte die EU-Kommission die Schwere der Zuwiderhandlung, die geografische Reichweite des Kartells und seine Dauer. Die EU-Kommission ermäßigte die Geldbußen für Bosch und Denso um 10 Prozent, da die Unternehmen in geringerem Maße an der Zuwiderhandlung beteiligt waren.

Auf der Grundlage der Kronzeugenregelung von 2006 beschloss die EU-Kommission,

  • Denso die Geldbuße, die etwa 1 Million Euro betragen hätte, vollständig zu erlassen, da das Unternehmen die EU-Kommission über die Existenz des Kartells unterrichtet hatte;
  • die Geldbußen von Bosch und NGK zu ermäßigen, um ihre Zusammenarbeit mit der EU-Kommission zu berücksichtigen. Die Höhe der Ermäßigung richtet sich danach, wann die Unternehmen ihre Zusammenarbeit angeboten haben und inwiefern die von ihnen vorgelegten Beweismittel zum Nachweis des Kartells beigetragen haben.

Darüber hinaus minderte die EU-Kommission im Einklang mit ihrer Mitteilung über Vergleichsverfahren von 2008 die Geldbußen aller Kartellmitglieder um 10 Prozent, da die Unternehmen ihre Beteiligung am Kartell einräumten und die Verantwortung dafür übernahmen.

Bremssysteme

In einem dritten Beschluss stellte die EU-Kommission am Mittwoch die Existenz zweier Kartelle im Bereich Bremssysteme fest. Das erste von TRW (USA, jetzt ZF TRW, Deutschland), Bosch (Deutschland) und Continental (Deutschland) gebildete Kartell betraf die Lieferung hydraulischer Bremssysteme. Das zweite Kartell, das von Bosch und Continental gebildet wurde, bezog sich auf elektronische Bremssysteme. Die EU-Kommission verhängte daher eine Geldbuße von insgesamt 75 Millionen Euro.

Bei beiden Kartellen verfolgten die Automobilzulieferer das Ziel, ihr Marktverhalten zu koordinieren, indem sie sensible Informationen, u.a. über Preiselemente, austauschten. Die Koordinierung erfolgte auf bilateralen Treffen sowie über Telefongespräche und E-Mails. Im Rahmen des ersten Kartells, das von Februar 2007 bis März 2011 bestand, stimmten die beteiligten Unternehmen die allgemeinen Verkaufsbedingungen für hydraulische Bremsanlagen ab, die an Daimler und BMW verkauft wurden. Das zweite Kartell wurde von September 2010 bis Juli 2011 für eine spezifische Ausschreibung für elektronische Bremssysteme für Volkswagen gebildet.

Die EU-Kommission leitete die Untersuchung ein, als TRW einen Antrag auf Geldbußenerlass nach der Kronzeugenregelung stellte.

Ausschlaggebend für die Höhe der Geldbußen waren insbesondere der Umsatz der Kartellbeteiligten mit den betreffenden Produkten im EWR, die Schwere der Zuwiderhandlung, die geografische Reichweite des Kartells und seine Dauer.

Auf der Grundlage der Kronzeugenregelung von 2006 beschloss die EU-Kommission,<ul<

  • TRW die Geldbuße, die etwa 54 Millionen Euro betragen hätte, vollständig zu erlassen, da das Unternehmen die EU-Kommission über die Existenz des Kartells im Bereich hydraulische Bremssysteme unterrichtet hatte;
  • Continental die Geldbuße, die etwa 22 Millionen Euro betragen hätte, vollständig zu erlassen, da das Unternehmen die EU-Kommission über die Existenz des Kartells im Bereich elektronische Bremssysteme unterrichtet hatte;
  • die Geldbußen von Bosch und Continental (in Bezug auf das Kartell, für das dem Unternehmen kein Geldbußenerlass gewährt wurde) zu ermäßigen, um ihre Zusammenarbeit mit der EU-Kommission bei der Untersuchung zu berücksichtigen. Die Höhe der Ermäßigung richtet sich danach, wann die Unternehmen ihre Zusammenarbeit angeboten haben und inwieweit die von ihnen vorgelegten Beweismittel zum Nachweis der Kartelle beigetragen haben.

Darüber hinaus ermäßigte die EU-Kommission die verhängten Geldbußen nach ihrer Mitteilung über Vergleichsverfahren aus dem Jahr 2008 um 10 Prozent, da die Unternehmen ihre Beteiligung am Kartell einräumten und die Verantwortung dafür übernahmen.

Hintergrund

Nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens sind Kartelle und andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verboten.

Die Beschlüsse der EU-Kommission vom Mittwoch, die Kartelle in den Bereichen Zündkerzen und Bremssysteme betreffen, wurden im Rahmen umfangreicher Untersuchungen von Kartellen in der Automobilzulieferindustrie erlassen. Die EU-Kommission hat bereits Geldbußen gegen Lieferanten von Kfz-Wälzlagern, Kfz-Kabelbäumen, für Autositze verwendetem Weichschaum, Pkw- und Lkw-Standheizungen, Generatoren und Anlassern, Klimaanlagen und Motorkühlsystemen, Beleuchtungssystemen und Insassenschutzsystemen für die Automobilindustrie verhängt.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu diesen Kartellfällen unter den Nummern AT.40009 (Kfz-Seetransportunternehmen), AT.40113 (Zündkerzen) und AT.39920 (Bremssysteme) im öffentlich zugänglichen Register der EU-Kommission auf der Website der Generaldirektion (GD) ‚Wettbewerb‘ veröffentlicht. Weitere Informationen über die Maßnahmen der EU-Kommission gegen Kartelle finden sich auf ihrer Website unter der Rubrik „Cartels“.

Whistleblower-Tool

Die EU-Kommission hat ein Informationsübermittlungsportal ins Leben gerufen, das es Hinweisgebern (Whistleblowern) erleichtern soll, die Kommission anonym über wettbewerbswidrige Verhaltensweisen zu informieren. Das neue Tool wahrt die Anonymität von Whistleblowern mithilfe eines speziellen verschlüsselten Mitteilungssystems, das eine wechselseitige Kommunikation ermöglicht. Es ist über diesen Link zugänglich.

Link zum Thema:

Kartellrecht: Kommission verhängt in drei getrennten Kartellvergleichsverfahren Geldbußen von insgesamt 546 Mio. EUR gegen Kfz-Seetransportunternehmen und Automobilzulieferer
PresseInformation der EU-Kommission vom 21. Februar 2018 mit weiterführenden Informationen und Links zum Thema.