Borrell: Fortschritte vor EU-China-Gipfel im Juni © Europäische Union, 2020, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Dati Bendo

09.06.2020 Brüssel. Die Führungsspitzen der EU und Chinas werden noch in diesem Juni zu einem virtuellen Gipfel zusammenkommen. Bis dahin werde das angestrebte Investitionsabkommen zwar nicht abgeschlossen, sagte der Hohe Vertreter für die EU-Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, heute (Dienstag) nach einer dreistündigen Videokonferenz mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi. Vor dem Gipfel gebe es aber Fortschritte in der bilateralen Kooperation und zu einigen globalen Fragen. „China ist einer der wichtigsten globalen Akteure. Das ist eine Tatsache. Wir müssen mit China auf der Grundlage unserer Interessen und Werte zusammenarbeiten“, sagte Borrell.

Auch strittige Fragen wie das Sicherheitsgesetz für Hongkong und Desinformationskampagnen im Zusammenhang mit dem Coronavirus-Ausbruch seien bei dem strategischen Dialog EU-China heute zur Sprache gekommen, sagte Borrell. Eine ausführliche Diskussion habe es auch „über unsere Beziehungen in und mit Afrika“ gegeben.

In einer gemeinsamen Erklärung beim EU-China-Gipfel könne ein gemeinsames Verständnis unter anderem über sicherheitspolitische Fragen zum Ausdruck gebracht werden, zum Beispiel über die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran und die Stabilisierung Afghanistans nach dem geplanten Abzug von US-Truppen, sagte Borrell. Ein wichtiges Thema für den Gipfel sei auch die globale Zusammenarbeit in der Coronavirus-Pandemie und den Weg aus der Krise: „Wir alle müssen diese Gelegenheit ergreifen, um unsere Volkswirtschaften und Gesellschaften nachhaltiger umzugestalten“, so Borrell.

Die Beziehungen der EU zu China sind geprägt von Zusammenarbeit, aber auch von Konkurrenz. 2019 unterstützten alle EU-Mitgliedstaaten die gemeinsame Mitteilung der Europäischen Kommission und der damaligen Hohen Vertreterin „EU-China – Strategische Perspektiven“ – darin wird erstmals hervorgehoben, dass China vieles zugleich ist: ein Partnerland, mit dem die EU eng abgestimmte Ziele verfolgt; ein Verhandlungspartner, mit dem sich die EU um einen Interessenausgleich bemüht; ein wirtschaftlicher Konkurrent; aber auch ein „systemischer Rivale“, der für alternative Regierungsmodelle wirbt.

Auf dem letzten EU-China-Gipfel am 9. April 2019 sind beide Seiten gemeinsame Verpflichtungen eingegangen, insbesondere in Bezug auf die Verbesserung des bilateralen Marktzugangs, Fortschritte bei den Investitionsverhandlungen, die Behandlung von Industriesubventionen im Kontext einer umfassenderen Reform der Welthandelsorganisation WTO und die Vereinbarung einer neuen Agenda für die strategische Zusammenarbeit zwischen der EU und China für die kommenden Jahre.

Die Coronavirus-Pandemie hat zu Verzögerungen im EU-China-Kalender für das laufende Jahr geführt. Die EU und China arbeiten jedoch weiterhin zusammen. Die EU konzentriert sich darauf, sicherzustellen, dass die 2019 eingegangenen gemeinsamen Verpflichtungen erfüllt werden. Globale Fragen von gemeinsamem Interesse wie die Bewältigung des Klimawandels und regionale Sicherheitsherausforderungen erfordern ebenfalls eine engere Zusammenarbeit.

„Es ist nie einfach, zu einem gemeinsamen Vorgehen der EU gegenüber Supermächten zu gelangen. Jeder Mitgliedstaat hat oft seine eigenen Standpunkte und Empfindlichkeiten, und die Beziehungen zu China bilden hier keine Ausnahme. China macht sich diese Unterschiede manchmal zunutze, und es liegt hier an uns, die notwendige Einheit zu wahren“, schrieb Borrell kürzlich in einem Gastbeitrag und weitere europäische Zeitungen.

„Der Wandel der EU-China-Beziehungen hat sich seit dem Ausbruch von Covid-19 beschleunigt. Als in China die Krankenhäuser überlastet waren, hat die EU umfangreiche Unterstützung geleistet, ohne darum viel Aufhebens zu machen. Später schickte China medizinische Ausrüstung nach Europa und sorgte dafür, dass die Welt dies zur Kenntnis nahm. Während wir uns gegenseitig unterstützen und solidarisch sein sollten, sollten wir es vermeiden, aus solcher Hilfe politisches Kapital zu schlagen“, so Borrell in dem Gastbeitrag.

„Zweifelsohne brauchen wir eine multilaterale Reaktion auf alle Aspekte der globalen Corona-Krise. Es gilt, die Ausbreitung des Virus einzudämmen, die Forschung nach Impfstoffen voranzutreiben und die Weltwirtschaft wieder anzukurbeln. Hierbei erwarten wir von China, dass es seine Rolle und Verantwortung gemäß seinem Gewicht wahrnimmt.“

Links zum Thema:

Mitschnitt der Online-Pressekonferenz von Josep Borrell

Vertrauen und Gegenseitigkeit im Verhältnis zu China: Gastbeitrag von Josep Borrell in der FAZ vom 16. Mai 2020

EU-China 2020 Strategic Agenda for Cooperation

EU-China Cooperation Projects in 2020

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland