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Bürgerdialog mit Arbeitsminister Hubertus Heil: Sozialkommissar Schmit will Rechte von Saisonarbeitern in deutschen Fleischfabriken stärken © Europäische Union, 2019, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Lukasz Kobus

15.06.2020 Brüssel. EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit will die Missachtung von Arbeitnehmerrechten in deutschen Fleischfabriken stoppen. „Es kann nicht sein, dass es in Europa eine ganze Kategorie von Arbeitern gibt, die jenseits von allen Rechten sind“, sagte Schmit der Deutschen Presse-Agentur vor einem Online-Bürgerdialog heute (Montag) mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Schmit begrüßte, dass die Bundesregierung das Thema bereits aufgegriffen hat. Der Online-Bürgerdialog über „Europa nach Corona – solidarisch und sozial!“ wird heute von 15:30 bis 16:30 Uhr auf der Facebook-Seite der Vertretung und bei EbS+ übertragen. Fragen können bei Facebook direkt während des Livestreams gestellt werden.

Hintergrund sind Berichte über Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und Unterbringung von osteuropäischen Arbeitern in deutschen Schlachthöfen. Die Arbeitsbedingungen wurden in der Corona-Pandemie deutlich, als in Schlachtbetrieben zahlreiche Infektionen auftraten. Das Problem gebe es nicht nur in Deutschland, sondern beispielsweise auch bei Saisonarbeitern in Südeuropa, sagte Schmit. Jetzt werde geklärt, ob die Kommission mit einer neuen Richtlinie eingreifen müsse oder ob die Kontrolle der Anwendung von Sozialrecht und Arbeitsrecht ausreiche. „Wir werden das sehr eng verfolgen und auch sehen, dass es hier keinen arbeitsrechtlichen Leerraum geben darf. Das sage ich für Deutschland, das sage ich aber auch für alle anderen Mitgliedstaaten, die viele Saisonarbeiter haben“, so Schmit.

Mit Blick auf die Säule der sozialen Rechte, auf die sich EU-Länder 2017 geeinigt hatten und die Arbeitnehmern grundlegende Rechte und faire Löhne zusichert, sagte Schmit weiter: „Das ist nicht ist das, was wir in der Säule der sozialen Rechte ausgemacht haben. Es kann nicht solche Löcher in der Säule geben, dass die Saisonarbeitskräfte überhaupt nicht sozial abgedeckt sind.“

Viele Saisonarbeiter, Werkarbeiter oder Scheinselbständige sind nicht ausreichend von bestehendem EU-Recht geschützt. Schmit begrüßte, dass sich die Bundesregierung mit dem Thema beschäftigt. Sozialminister Hubertus Heil habe zugesagt, während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft von Juli bis Dezember das Thema auf die Agenda zu setzen. Auch das Europaparlament habe sich eingeschaltet und werde diese Woche über das Problem debattieren.

Heute diskutieren von 15.30 Uhr bis 16.30 Uhr Sozialkommissar Schmit und Arbeitsminister Hubertus Heil in einem Online-Bürgerdialog über „Europa nach Corona – solidarisch und sozial!“. Den Bürgerdialog organisiert die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Europa-Union. Die Moderation übernimmt Anke Plättner von Phoenix. Der Bürgerdialog wird auf der Facebookseite der Vertretung und bei EbS+ gestreamt. Fragen können direkt während des Livestreams gestellt werden.

Hintergrund

Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist ein Schlüsselprinzip des EU-Binnenmarktes. Mehr als 17,6 Millionen Europäer leben oder arbeiten in einem anderen Mitgliedstaat als dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, und weitere 1,5 Millionen Europäer sind Grenzgänger. Schätzungsweise mehr als eine halbe Million Arbeitnehmer verrichten Saisonarbeit in der EU. Die Covid-19-Krise hat in allen EU-Mitgliedstaaten zu beispiellosen Maßnahmen geführt, die sich unmittelbar auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer auswirken. Die Rolle der Kommission als Hüterin der Verträge bleibt klar: Wir müssen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleisten. In diesem Zusammenhang hat die Kommission am 30. März Leitlinien für die Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit veröffentlicht. Das Ziel war, dass Grenzgänger, entsandte Arbeitnehmer und Saisonarbeiter, die kritische Berufe ausüben, ungehinderten Zugang zu ihrem Arbeitsplatz haben. Die Aktualisierung der Verordnungen über die soziale Sicherheit, für die die Kommission bereits 2016 einen Vorschlag gemacht hat, wird noch immer zwischen Parlament und Rat diskutiert.

Links zum Thema:

Die europäische Säule sozialer Rechte

Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU

Leitlinien für die Wahrung der Freizügigkeit systemrelevanter Arbeitskräfte

Vorschlag zur Überarbeitung der Vorschriften zur sozialen Sicherheit

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland