Sichere Lebensmittel, Prävention von Krankheiten, saubere Luft. Die EU trägt durch Finanzmittel und Rechtsvorschriften zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit bei.
11.07.2019 Brüssel/Straßburg/Berlin – In erster Linie sind die nationalen Regierungen der einzelnen Mitgliedstaaten für das Gesundheits- und Sozialwesen zuständig. Die Aufgabe der Europäischen Union besteht darin, die Maßnahmen der EU-Länder zur Verbesserung der Gesundheit der Bürger, der Bewältigung von gesundheitlichen Ungleichheiten und der Förderung eines sozialen Europas zu ergänzen und unterstützen.
Die Entwicklungen des Arbeitsmarktes und der freie Personen- und Warenverkehr im Binnenmarkt erfordern jedoch eine Koordinierung der Fragen der öffentlichen Gesundheit. Die EU-Gesundheitspolitik hilft den Mitgliedstaaten dabei, Ressourcen zu bündeln, gemeinsame Herausforderungen wie Antibiotikaresistenzen anzugehen und das Auftreten vermeidbarer chronischer Krankheiten zu verringern. Außerdem werden Initiativen gesetzt, um die Auswirkungen der alternden Bevölkerung auf die Gesundheitssysteme zu bewältigen.
Die EU formuliert Empfehlungen und verfügt über Gesetze und Normen für Gesundheitsprodukte und -dienstleistungen (wie zum Beispiel Arzneimittel, Medizinprodukte, eHealth) sowie Patienten (wie Bestimmungen zu ihrem Recht auf grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung).
EU-Gesundheitsprogramm
Das Hauptfinanzierungsinstrument der EU ist ihr Gesundheitsprogramm. Dieses fördert die Zusammenarbeit zwischen den EU-Ländern und Strategien für ein besseres Gesundheitswesen.
Das laufende dritte Gesundheitsprogramm (2014-2020) mit dem Namen „Gesundheit für Wachstum“ ist mit 450 Millionen Euro ausgestattet. Es
- fördert einen gesunden Lebensstil durch die Einbeziehung von Gesundheitsfragen in alle Politikbereiche
- schützt die Bürger vor schwerwiegenden grenzübergreifenden Gesundheitsgefahren
- erleichtert den Zugang zu qualitativer und sicherer Gesundheitsversorgung
- trägt zu effizienten und nachhaltigen Gesundheitssystemen bei.
Diese Finanzmittel für die Gesundheitspolitik werden im Rahmen des kommenden langfristigen EU-Haushalts (2021-2027) in den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) integriert.
Weitere Mittel zur Finanzierung werden über das Forschungsprogramm Horizon 2020, die EU-Kohäsionspolitik und den Europäischen Fonds für strategische Investitionen bereitgestellt.
Arzneimittel und Medizinprodukte
Die EU reguliert die Genehmigung und Kennzeichnung von Arzneimitteln über das Europäische Netzwerk der Arzneimittelregulatoren, in dem die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA), nationale Regulatoren und die Europäische Kommission zusammenarbeiten. Nachdem Arzneimittel auf den Markt gebracht wurden, werden sie weiterhin überwacht.
Es gibt spezielle EU-Regeln für Arzneimittel für Kinder, seltene Krankheiten, neuartige Therapieprodukte und klinische Tests. Die EU verfügt zudem über Bestimmungen, um gegen gefälschte Arzneimittel vorzugehen und sicherzustellen, dass der Handel mit Medikamenten entsprechend kontrolliert wird.
Neue EU-Vorschriften über Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika, von Herzklappen bis zu Schwangerschaftstests, wurden 2017 verabschiedet, um mit dem wissenschaftlichen Fortschritt Schritt zu halten, die Sicherheit zu erhöhen und mehr Transparenz sicherzustellen. Die Regeln gelten ab 2020 beziehungsweise 2022 in vollem Umfang.
Das EU-Parlament forderte 2019 einen EU-weiten Ansatz und eine ausreichend finanzierte Forschung für den Einsatz von medizinischem Cannabis, da die Bestimmungen in den EU-Ländern stark variieren.
Gesundheitsversorgung im Ausland
Die EU stellt sicher, dass Unionsbürger mit der Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC) während eines vorübergehenden Aufenthalts – ob Geschäftsreise, Urlaub oder Auslandsstudium – in allen EU-Ländern sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz, Zugang zu medizinisch notwendiger, staatlich erbrachter Gesundheitsversorgung haben. Die erforderliche Gesundheitsversorgung sollte unter den gleichen Bedingungen und zu den gleichen Kosten (in einigen Ländern kostenlos) wie für die in diesem Land versicherten Personen erfolgen.
Förderung der Gesundheit, Bekämpfung von Krankheiten
Die EU setzt verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit und zur Vorbeugung von Krankheiten (zum Beispiel in den Bereichen mentale Gesundheit, seltene Krankheiten und Krebserkrankungen). Über das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten werden Informationen zu Gesundheitsbedrohungen durch infektiöse Krankheiten bereitgestellt.
In der Europäischen Union sterben jährlich rund 700.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Die aktualisierte Tabakrichtlinie wird seit 2016 umgesetzt. Sie zielt darauf ab, das Rauchen vor allem für junge Menschen weniger attraktiv zu machen. Die Empfehlung des Rates über rauchfreie Umgebungen aus dem Jahr 2009 ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, die Bürger vor Tabakrauch an öffentlichen Orten und am Arbeitsplatz zu schützen.
Rund 30 Millionen Menschen in der EU leiden an seltenen und komplexen Krankheiten. Eine Krankheit gilt als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Personen von ihr betroffen sind. Um bei Diagnose und Therapie Unterstützung zu leisten, schuf die EU 2017 die Europäischen Referenznetzwerke (ERN). 24 virtuelle Netzwerke bringen Spezialisten aus verschiedenen Ländern zusammen, die bei verschiedenen Themengebieten wie Patientensicherheit oder Antibiotikaresistenzen zusammenarbeiten.
Antimikrobielle Resistenzen stellen eine zunehmende Gefahr dar. Verursacht werden die Resistenzen durch den übermäßigen Einsatz von Antibiotika, die unsachgemäße Entsorgung von Medikamenten und die mangelnde Entwicklung neuer Substanzen. Rund 33.000 Menschen sterben jedes Jahr in der EU an den Folgen. Der Aktionsplan der EU gegen Antibiotikaresistenzen aus dem Jahr 2017 zielt darauf ab, mehr Bewusstsein für die Problematik zu schaffen, die Hygiene zu verbessern und die Forschung zu fördern. Eine neue Verordnung für Tierarzneimittel, die ab Ende 2021 vollständig zum Tragen kommt, wurde 2018 verabschiedet, um die Verwendung von Antibiotika in der Landwirtschaft zu drosseln und die Übertragung von resistenten Bakterien von Tier auf Mensch zu verhindern.
Einige EU-Länder sind aufgrund unzureichender Durchimpfungsraten von einer erneuten Zunahme von Krankheiten wie Masern betroffen. In einer im Jahr 2018 angenommenen Entschließung fordern die Abgeordneten einen unionsweit besser abgestimmten Impfplan, mehr Transparenz bei der Herstellung von Impfstoffen und eine gemeinsame Beschaffung von Impfstoffen, um die Kosten zu senken.
Saubere Luft, sauberes Wasser
Schlechte Luftqualität ist die häufigste Umweltursache für vorzeitige Todesfälle. Seit den frühen 70er-Jahren setzt die EU Maßnahmen, um die Emissionen schädlicher Substanzen zu kontrollieren. Im Rahmen des Maßnahmenpakets für saubere Luft wurde 2016 eine neue Richtlinie verabschiedet, die strengere nationale Emissionsgrenzwerte für die wichtigsten Schadstoffe wie Stickoxide festlegt, um deren Auswirkungen auf die Gesundheit im Vergleich zum Jahr 2005 zu halbieren. Die neuen Grenzwerte gelten ab 2020 beziehungsweise 2030.
Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie soll für einen guten Zustand der Gewässer sorgen und schützt alle Grund- und Oberflächengewässer (wie Flüsse, Seen und Küstengewässer).
Die Badegewässer werden im Rahmen der EU-Badegewässerrichtlinie von den Mitgliedstaaten auf Bakterien untersucht.
Die EU arbeitet auch an einer Überarbeitung ihrer Trinkwasserrichtlinie, um die Qualität und den Zugang zu Trinkwasser weiter zu verbessern und den durch Plastikflaschen anfallenden Müll zu verringern.
Sichere Lebensmittel
Vorschriften der EU garantieren im Sinne des Konzepts „Vom Hof auf den Tisch“ ein hohes Sicherheitsniveau in allen Phasen der Herstellungs- und Vertriebsabläufe. 2017 wurden die Kontrollen in der Lebensmittelkette verschärft. Die neuen Regeln werden ab Ende des Jahres 2019 vollständig angewendet.
Außerdem gibt es auf EU-Ebene weitere spezifische Regeln:
- Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs
- Regeln zur Vorbeugung von Lebensmittelkontamination (mit Höchstwerten für Nitrate, Schwermetalle, Dioxine,…)
- Vorschriften über neuartige Lebensmittel (zum Beispiel Lebensmittel, die aus Mikroorganismen hergestellt wurden oder Lebensmittel mit modifizierter primärer Molekularstruktur)
- Regeln über Lebensmittelkontaktmaterialien (wie Verpackungsmaterialien und Geschirr)
Die EU legte einen strengen Rechtsrahmen für den Anbau und die Vermarktung von GVO (genetisch veränderten Organismen), die in Lebens- oder Futtermitteln verwendet werden, fest. Das Europäische Parlament ist in Hinblick auf potenzielle Gesundheitsrisiken besonders wachsam und sprach sich bereits gegen Pläne zur Zulassung neuer genetisch veränderter Pflanzen wie Sojabohnen aus.
2019 wurde ein Bericht vom Europäischen Parlament verabschiedet, der beschreibt, wie die nachhaltige Verwendung von Pestiziden gefördert werden soll. Außerdem wurde der Bericht des Sonderausschusses für das Genehmigungsverfahren der EU für Pestizide angenommen, in dem transparentere Verfahren gefordert werden.
Mehr und mehr Verbraucher in der EU kaufen Bio-Produkte. 2018 aktualisierte die EU ihre Vorschriften zum ökologischen Landbau, um strengere Kontrollen und eine bessere Vermeidung von Kontaminationen zu gewährleisten.
Gesunde Arbeitsplätze
Die EU legt Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer fest, wobei die Mitgliedstaaten strengere Regeln anwenden können. Es gibt spezielle Vorschriften über die Verwendung von Geräten, den Schutz von Schwangeren oder jungen Arbeitnehmern, sowie Schutzbestimmungen bezüglich der Exposition gegenüber bestimmten Stoffen (wie Karzinogenen und Mutagenen) oder Lärm.
Die alternde Erwerbsbevölkerung und das steigende Rentenalter bringen Herausforderungen mit sich. Um Arbeitnehmer mit chronischen Gesundheitsproblemen oder Verletzungen am Arbeitsplatz zu halten oder wieder in diesen einzugliedern, schlug das Parlament 2018 Maßnahmen vor. Dazu zählen flexible Arbeitsbedingungen und Unterstützung der Arbeitnehmer (einschließlich Coaching, Zugang zu einem Psychologen oder Therapeuten).
Für eine inklusive Gesellschaft
Um eine gleichberechtigte und aktive Teilhabe an der Gesellschaft zu fördern, billigte das Parlament 2019 den europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit, der ab 2025 in vollem Umfang gilt. Nach den neuen Regeln werden Alltagsprodukte und wesentliche Dienstleistungen wie Smartphones, Computer, E-Books, Fahrkarten- und Geldautomaten für ältere Menschen und Menschen mit Behinderung besser zugänglich gemacht.
Erfahren Sie mehr über die Sozialpolitik der EU:
- Wie die EU Arbeitnehmerrechte und Arbeitsbedingungen verbessert
- Verringerung der Arbeitslosigkeit: Was unternimmt die EU?
- Jugendbeschäftigung: Unterstützende Maßnahmen der EU
-
Europäische Umweltagentur (EEA)
-
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
-
Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA)