01.02.2019 Brüssel. Die EU-Kommission hat gestern (Donnerstag) acht Banken von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass sie zwischen 2007 und 2012 beim Handel mit europäischen Staatsanleihen durch Absprachen mit dem Ziel einer Wettbewerbsverzerrung gegen das europäische Kartellrecht verstoßen hätten. Die Kommission ist zu der vorläufigen Auffassung gelangt, dass acht Banken zu unterschiedlichen Zeiträumen während der Jahre 2007 bis 2012 an Absprachen mitgewirkt haben könnten, die den Zweck verfolgt hätten, den Wettbewerb beim Erwerb europäischer Staatsanleihen und dem Handel mit diesen zu verzerren.

Die im Dienste der Geldinstitute agierenden Wertpapierhändler tauschten untereinander wirtschaftlich sensible Informationen aus und stimmten ihre Handelsstrategien ab. Die entsprechenden Kontakte liefen vornehmlich – aber nicht ausschließlich – über Online-Chatrooms ab. Die Absprachen galten europäischen Staatsanleihen, d.h. auf Euro lautenden Anleihen der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets.

Sollte sich die vorläufige Auffassung der Kommission bestätigen, würden diese Verhaltensweisen einen Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht darstellen, nach dem aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen wie Preisabsprachen untersagt sind (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 53 des EWR-Abkommens). Die Untersuchung der Kommission richtet sich gegen einzelne Wertpapierhändler bei acht Geldinstituten und impliziert nicht, dass das vorgeworfene wettbewerbswidrige Verhalten eine generelle Praxis im Handel mit europäischen Staatsanleihen darstellen würde. Die Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem Ergebnis eines Verfahrens nicht vor.

Hintergrundinformationen zu den Anleihemärkten

Bei Anleihen handelt es sich um festverzinsliche Schuldtitel, durch die sich öffentliche Körperschaften oder Unternehmen an den internationalen Finanzmärkten finanzieren können. Diese Titel werden von den Käufern als Anlage gehalten oder wie jedes andere Finanzinstrument gehandelt.

Diese Anleihen werden auf dem „Primärmarkt“ begeben und dort versteigert oder von Finanzkonsortien vertrieben. Anschließend werden sie auf dem Sekundärmarkt zwischen Banken, Maklern und Anlegern gehandelt.Sie unterscheiden sich nach Emittent und der Währung, auf die sie lauten. Die Handelsabteilungen der Banken sind analog dazu organsiert.

Hintergrundinformationen zum Verfahren

Die Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein förmlicher Schritt bei Untersuchungen der Kommission im Falle mutmaßlicher Verstöße gegen die EU-Kartellvorschriften, mit dem sie die Parteien schriftlich von den gegen sie vorliegenden Beschwerdepunkten in Kenntnis setzt. Die Verfahrensbeteiligten können daraufhin die Untersuchungsakte der Kommission einsehen, schriftlich Stellung nehmen und eine mündliche Anhörung beantragen, um Vertretern der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden ihren Standpunkt darzulegen.

Wenn die Kommission, nachdem die Parteien ihre Verteidigungsrechte wahrgenommen haben, zu dem Schluss kommt, dass ausreichende Beweise für eine Zuwiderhandlung vorliegen, kann sie einen Beschluss erlassen, mit dem sie das Verhalten untersagt und gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen von bis zu 10 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes verhängt.

Für den Abschluss kartellrechtlicher Untersuchungen zu wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen gilt für die Kommission keine zwingende Frist. Die Dauer einer kartellrechtlichen Untersuchung hängt von verschiedenen Faktoren ab, u. a. von der Komplexität der Sache, dem Umfang, in dem das betroffene Unternehmen mit der Kommission kooperiert, und der Ausübung der Verteidigungsrechte.

Links zum Thema:

Öffentlich zugängliches Register der Kommission unter der Nummer AT.40324

Website der Generaldirektion Wettbewerb

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.