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EU-Kommission weist Vorwurf zum Medienstaatsvertrag zurück: Verantwortlicher hat nie bei Google gearbeitet © Europäische Union, 2018, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Mauro Bottaro

24.04.2020 Brüssel. Die Europäische Kommission prüft derzeit, ob der Entwurf des deutschen Medienstaatsvertrages mit dem EU-Recht vereinbar ist. Medienberichte, wonach ein EU-Kommissionsmitarbeiter, der für diese Prüfung hauptverantwortlich ist, vorher selbst bei Google gearbeitet und nun im Sinne des Technologiekonzerns tätig sei, hat die EU-Kommission heute (Freitag) vehement zurückgewiesen. „Alle Beamten sind dem Anliegen verpflichtet, ihre Aufgaben ausschließlich im Interesse der Europäischen Union zu erfüllen und sich an klare Regeln für potenzielle Interessenkonflikte zu halten“, sagte Jörg Wojahn, Vertreter der EU-Kommission in Deutschland. „Als öffentliche Bedienstete verhalten sich alle Mitglieder der Kommissionsdienststellen, einschließlich der an dieser Beurteilung beteiligten Personen, unabhängig, unparteiisch und objektiv.“ Der zuständige Referatsleiter habe nie direkt oder indirekt für Google gearbeitet.

Die Kommission akzeptiere keine Gerüchte oder unbegründete Behauptungen über die Integrität oder Unabhängigkeit ihrer Beamten, die die Unparteilichkeit der Arbeit der EU-Kommission in Verruf bringen, so Wojahn weiter.

Die EU-Kommission erhielt von Deutschland eine Notifizierung bezüglich des Entwurfs des Medienstaatsvertrags im Rahmen der Binnenmarkt-Transparenzrichtlinie. Gemäß der Richtlinie haben die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten dazu Stellung zu nehmen.

Die Kommission prüft derzeit die Vereinbarkeit der deutschen Gesetzgebung mit dem geltenden EU-Recht auf der Grundlage der Informationen, die die deutschen Behörden der EU-Kommission bereitgestellt haben. Ebenso wie alle anderen EU-Mitgliedstaaten hat sie bis zum Montag, den 27. April Zeit, darauf zu reagieren. Aus diesem Grund kann sich die Kommission derzeit nicht zum Inhalt der laufenden Bewertung äußern.

Die Transparenzrichtlinie, die die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament beschlossen haben, verpflichtet die EU-Kommission, zu prüfen, ob die notifizierten nationalen Maßnahmen mit der EU-Gesetzgebung vereinbar sind.

Dabei handelt es sich um einen Präventivmechanismus, der es sowohl der Kommission als auch den Mitgliedstaaten ermöglicht, eventuelle Bedenken in einem frühen Stadium in einem konstruktiven Dialog anzusprechen. Indem die Kommission prüft, ob in diesem konkreten Fall eine formelle Reaktion erforderlich ist, kommt sie ihrer rechtlichen Verpflichtung und ihrer Rolle als Hüterin der EU-Verträge nach.

Unabhängig davon, wie die EU-Kommission den vorliegenden deutschen Gesetzentwurf bewertet, ist sie verpflichtet, die Vielfalt und den Pluralismus der Medien, auch im Online-Bereich, zu schützen und zu fördern.

Die kürzlich überarbeitete Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste bekräftigt den Medienpluralismus als eines ihrer Ziele. Sie erlaubt den Mitgliedstaaten ausdrücklich, Maßnahmen zu ergreifen, um die angemessene Bedeutung audiovisueller Mediendienste von allgemeinem Interesse unter definierten Zielen von allgemeinem Interesse wie Medienpluralismus, Redefreiheit und kulturelle Vielfalt zu gewährleisten.

Die EU-Kommission hat bereits angekündigt, legislative Vorschläge zu unterbreiten, damit Online-Plattformen mehr Verantwortung für Inhalte und ihre Rolle im Netz übernehmen.

Hintergrund

Die Binnenmarkttransparenzrichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/1535) ist ein Instrument, mit dem der Verabschiedung der nationalen Gesetzgebung beurteilt werden soll, ob Entwürfe technischer Vorschriften mit dem EU-Recht vereinbar sind. Es handelt sich um einen präventiven, technischen Mechanismus, der der Kommission und den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gibt, auf Maßnahmenentwürfe zu reagieren.

Der Austausch mit den Mitgliedstaaten ist nicht öffentlich.

Die Transparenzrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Entwürfe technischer Vorschriften, einschließlich der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft, zu notifizieren. Sobald ein Mitgliedstaat einen Gesetzesentwurf notifiziert hat, haben die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten drei Monate Zeit, den Gesetzesentwurf zu analysieren. Während dieser Stillhaltefrist müssen die Mitgliedstaaten die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs aufschieben.

Enthält die Rechtsvorschrift Maßnahmen, die im Falle ihrer Verabschiedung den freien Dienstleistungsverkehr/die Niederlassungsfreiheit einschränken würden, können die Mitgliedstaaten und die Kommission ausführliche Stellungnahmen abgeben, die eine Verlängerung der ursprünglichen Stillhaltefrist von drei Monaten um einen weiteren Monat zur Folge haben.

Die Kommission und die Mitgliedstaaten können auch Kommentare zu einem notifizierten Entwurf abgeben, der offenbar mit dem Recht der Europäischen Union übereinstimmt, dessen Auslegung jedoch geklärt werden muss. Der betreffende Mitgliedstaat berücksichtigt diese Bemerkungen so weit wie möglich.

Links zum Thema:

Verhaltenskodex in der Europäischen Kommission

Binnenmarkttransparenzrichtlinie

Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland