Europäisches Semester: Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen und der Erde gestalten © Europäische Union, 2019, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Etienne Ansotte

17.12.2019 Brüssel. Am Dienstag (17. Dezember) hat die Kommission unter Ursula von der Leyen einen neuen jährlichen Zyklus der wirtschaftspolitischen Koordinierung im Europäischen Semester eingeleitet. Sie stellt eine ehrgeizige, neu ausgerichtete Wachstumsstrategie zur Förderung wettbewerbsfähiger Nachhaltigkeit vor. Die Strategie zielt darauf ab, dass Europa auch künftig die weltweit fortschrittlichsten Sozialsysteme hat, zum ersten klimaneutralen Kontinent wird und ein dynamisches Zentrum von Innovationen und wettbewerbsfähigem Unternehmertum bleibt.

Die Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum füllt die Vision der politischen Leitlinien von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Leben. Vorgestellt wird eine wirtschafts- und beschäftigungspolitische Strategie für die EU, die Nachhaltigkeit und soziale Inklusion ins Zentrum der Wirtschaftspolitik der Union stellt – im Einklang mit den Prioritäten des europäischen Green Deal , der neuen Wachstumsstrategie der Kommission.

Sie gibt Europa die Instrumente an die Hand, um da noch mehr zu erreichen, wo es um soziale Gerechtigkeit und Wohlstand geht. Global betrachtet wird die Strategie für nachhaltiges Wachstum der EU und ihren Mitgliedstaaten helfen, die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen, die die Kommission erstmals in das Europäische Semester integriert.

Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen, erklärte: „Unser Wirtschaftsmodell ist in einem grundlegenden Wandel begriffen. Klimawandel, Digitalisierung und demografische Veränderungen machen eine Anpassung unserer Wirtschaftspolitik erforderlich, damit Europa auf der Weltbühne eine wichtige Akteurin im Wettbewerb bleibt – und sich dabei durch Fairness und Nachhaltigkeit auszeichnet. Gleichzeitig müssen sich die EU-Länder stärker vor den globalen Risiken schützen, die sich abzeichnen. Die Länder mit haushaltspolitischem Spielraum rufe ich auf, Investitionen noch stärker anzukurbeln. Die stark verschuldeten Länder sind aufgefordert, den Schuldenstand zu senken.“

Der Kommissar für Wirtschaft, Paolo Gentiloni, sagte: „Ab jetzt stellen wir die Klimawende ins Zentrum unserer wirtschaftspolitischen Steuerung, denn wenn wir sagen, dass der europäische Green Deal Europas neue Wachstumsstrategie ist, dann meinen wir das auch so. Im ersten Jahr meiner Amtszeit wird die Integration der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung in das Europäische Semester eine meiner obersten Prioritäten sein. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir dieser wichtigen Veränderung in der europäischen Wirtschaftspolitik zum Erfolg verhelfen.“

Nicolas Schmit, der für Beschäftigung und soziale Rechte zuständige Kommissar, fügte hinzu: „Die neue Strategie nimmt die in der europäischen Säule sozialer Rechte festgeschriebenen Grundsätze der Bekämpfung von Ungleichheiten und des Strebens nach wirtschaftlicher und sozialer Aufwärtskonvergenz auf. Die Zahl der Erwerbstätigen befindet sich heute auf Rekordniveau, doch bestehen weiterhin Ungleichheiten. In einer sich rasch verändernden Welt und einer Wirtschaft, in der Innovation ein entscheidender Faktor ist, müssen wir den Menschen den Arbeitsmarkt leichter zugänglich machen und mehr in die Kompetenzen jener investieren, die sich an den digitalen und ökologischen Wandel anpassen müssen – dies gilt vor allem für die Schwächsten. Soziale Gerechtigkeit muss ein fester Bestandteil dieses neuen Arbeitsbereichs sein.“

Die Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum umfasst vier miteinander verzahnte, sich gegenseitig verstärkende Dimensionen zur Bewältigung langfristiger Herausforderungen. An diesen Dimensionen sollten Strukturreformen, Investitionen und eine verantwortungsvolle Fiskalpolitik in den Mitgliedstaaten mit dem Ziel einer Wirtschaft im Dienste der Menschen und der Erde ausgerichtet sein. Dies sind die vier Dimensionen:

  • ökologische Nachhaltigkeit,
  • Produktivitätssteigerungen,
  • Gerechtigkeit und
  • makroökonomische Stabilität.

Das Europäische Semester wird den Mitgliedstaaten konkrete Orientierungshilfen geben, wo im Hinblick auf ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell Strukturreformen und Investitionen am notwendigsten sind, und so einen stärkeren Schwerpunkt auf die ökologische Nachhaltigkeit legen. Die politische Orientierungshilfe im Rahmen des Europäischen Semesters wird außerdem dazu beitragen, die Produktivität zu steigern: Dadurch werden Investitionen und Strukturreformen zur Förderung von Forschung und Innovation angeschoben, der Zugang zu Finanzmitteln sowie das Funktionieren der Waren- und Dienstleistungsmärkte verbessert und Engpässe im Unternehmensumfeld beseitigt.

Gerechtigkeit sollte durch die Umsetzung sozialpolitischer Maßnahmen gewährleistet werden, um faire Arbeitsbedingungen für alle zu garantieren und es den Menschen zu ermöglichen, sich in Zeiten grundlegenden Wandels an veränderte Umstände anzupassen. Makroökonomische Stabilität sollte durch die Einhaltung der Fiskalregeln gewahrt, zugleich aber die vorgesehene Flexibilität vollständig ausgeschöpft werden, um gegen Ungleichgewichte anzugehen und die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) Europas zu vollenden.

Weitere Berichte

In der Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets werden die Euro-Mitgliedstaaten aufgerufen, Maßnahmen für ein inklusives und nachhaltiges Wachstum sowie zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit zu ergreifen. Bei einer Verschlechterung der Aussichten soll eine differenzierte Haushaltspolitik betrieben und diese weiter im Rahmen der Eurogruppe koordiniert werden. In der Empfehlung werden außerdem weitere Fortschritte bei der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion – insbesondere durch Vollendung der Banken- und der Kapitalmarktunion – gefordert. Dadurch würde auch die internationale Rolle des Euro gestärkt. Zusammengenommen werden diese Maßnahmen dazu beitragen, gemeinsamen Herausforderungen für den gesamten Euro-Raum zu begegnen.

Im Warnmechanismus-Bericht zur Erkennung makroökonomischer Ungleichgewichte wurde für 13 Mitgliedstaaten eine „eingehende Überprüfung“ im Jahr 2020 empfohlen, um mögliche makroökonomische Ungleichgewichte zu ermitteln und deren Ausmaß einzuschätzen. Die Mitgliedstaaten müssen weiter gegen die bei ihnen bestehenden makroökonomischen Ungleichgewichte vorgehen, um sich für langfristige Herausforderungen und mögliche künftige Krisen zu wappnen. Eine solche Überprüfung wurde für Bulgarien, Kroatien, Zypern, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Irland, Italien, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Spanien und Schweden empfohlen.

Der Vorschlag für einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht enthält eine Analyse der Beschäftigungssituation und der sozialen Lage in Europa, wobei sowohl Bereiche hervorgehoben werden, in denen Fortschritte erzielt wurden, als auch solche, in denen noch mehr unternommen werden muss. Mittlerweile sind in der EU 241,5 Millionen Menschen erwerbstätig, die Arbeitslosigkeit hat mit 6,3 Prozent ein Rekordtief erreicht, und die Bedingungen am Arbeitsmarkt verbessern sich. Das Geschlechter- und das Lohngefälle stellen jedoch nach wie vor eine Herausforderung dar; bestimmte Gruppen, insbesondere Kinder und Menschen mit Behinderungen, sind weiterhin von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, und die Jugendarbeitslosigkeit gibt in einigen Mitgliedstaaten Anlass zu ernster Besorgnis.

Der Bericht über die Binnenmarktleistung dient der Bewertung der Ergebnisse und Errungenschaften des Binnenmarktes. Der Bericht wurde erstmals in den Zyklus des Europäischen Semesters aufgenommen, um die Bedeutung von Reformen zu unterstreichen, die das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erleichtern. Die Warenmärkte sind dem Bericht zufolge in hohem Maße integriert, während die Dienstleistungsmärkte das höchste Potenzial aufweisen.

Bei der Integration der Energiemärkte wurden ebenfalls beträchtliche Fortschritte erzielt, allerdings besteht beim grenzüberschreitenden Energiehandel und beim Wettbewerb auf den Energiemärkten noch Verbesserungsbedarf. Ein wichtiger Aspekt der Binnenmarktleistung, die eine breite Spanne wirtschaftlicher Tätigkeiten umfasst, ist die Gewährleistung hoher Standards bei Umweltschutz und Produktsicherheit. Damit der Binnenmarkt sein Potenzial voll entfalten kann, müssen auf nationaler Ebene Strukturreformen umgesetzt werden, die dazu beitragen können, wirksamen Wettbewerb zu schaffen und das Unternehmensumfeld zu verbessern. Die Umsetzung dieser Reformen wird dadurch erleichtert, dass Binnenmarktthemen immer stärker in das Europäische Semester integriert werden.

Der zweite jährliche Bericht über die Durchführung des Programms zur Unterstützung von Strukturreformen 2018 zeigt, dass das Programm erheblich zu den Bemühungen der Behörden der Mitgliedstaaten beitragen kann, strukturelle Schwächen bei der Gestaltung und Umsetzung von Reformen zu ermitteln und zu überwinden. Im Jahr 2018 wurden 146 Anträge aus 24 Mitgliedstaaten für eine Finanzierung aus dem Programm ausgewählt. Davon stehen 93 Prozent in direktem Zusammenhang mit den strategischen Prioritäten der EU in Bereichen wie der Verbesserung der operativen Leistungsfähigkeit und Effizienz der öffentlichen Verwaltungen, der Modernisierung der öffentlichen Finanzverwaltung, der Reform der Steuerverwaltungen und der Entwicklung der digitalen Wirtschaft.

Nächste Schritte

Der Europäische Rat wird ersucht, die heute vorgestellte Strategie für nachhaltiges Wachstum zu billigen.

Die Mitgliedstaaten sollten die von der Kommission im Rahmen ihrer Strategie für nachhaltiges Wachstum ermittelten Prioritäten bei der Ausgestaltung der nationalen Maßnahmen und Strategien in ihren Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogrammen und nationalen Reformprogrammen berücksichtigen, die sie im nächsten Jahr vorlegen werden. Auf dieser Grundlage wird die Kommission im Rahmen des Frühjahrspakets des Europäischen Semesters länderspezifische Empfehlungen vorschlagen. Die länderspezifischen Empfehlungen werden von den Mitgliedstaaten im Rat angenommen. Für den Inhalt und die Umsetzung dieser Empfehlungen sind somit letztlich die Mitgliedstaaten verantwortlich.

Präsidentin von der Leyen betonte in ihren politischen Leitlinien, wie wichtig es ist, dass dem Europäischen Parlament bei der wirtschaftspolitischen Steuerung „mehr Gehör verliehen wird“. Zu diesem Zweck sieht die Kommission einem konstruktiven Dialog mit dem Parlament über den Inhalt dieses Pakets und alle weiteren Schritte im Zyklus des Europäischen Semesters erwartungsvoll entgegen.

Links zum Thema:

Das Europäische Semester – Herbstpaket 2019: Fragen und Antworten

Politische Leitlinien von Präsidentin von der Leyen

Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum 2020

Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2020

Warnmechanismus-Bericht 2020

Vorschlag für einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2020

Bericht über die Binnenmarktleistung

Jährlicher Bericht über die Durchführung des Programms zur Unterstützung von Strukturreformen 2018

Beispiele für die Unterstützung von Reformen durch den Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen

Herbstprognose 2019

Fiskalpaket Herbst

Das Europäische Semester

 Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.