01.04.2019 Brüssel/Saarbrücken. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat heute (Montag) das Saarland besucht. In seiner Rede vor dem Landtag in Saarbrücken forderte er die Abgeordneten auf, mit Mut die anstehenden Herausforderungen anzugehen. Man müsse die Europapolitik einerseits einfacher und praxisbezogener machen, andererseits aber auch „weltpolitikfähiger“ durch eine Abkehr von der Einstimmigkeit bei außenpolitischen Entscheidungen.
Nach Gesprächen mit Ministerpräsident Tobias Hans und Landtagspräsident Stephan Toscani warnte Jean-Claude Juncker im Landtag des Saarlands mit Blick auf die Europawahlen im Mai davor, dass man sich im „nationalen Irrwahn verrennt. Gesunder Patriotismus ja, stupider Nationalismus – nein!“
Europa sei kein Gegenentwurf zum Nationalstaat, sondern nur mit den Nationalstaaten denkbar. Präsident Juncker verdeutlichte die positiven Errungenschaften und Entwicklungen während der Amtszeit dieser Kommission. „Wir sollten mehr über die Erfolge Europas sprechen“, sagte er. Seine Kommission habe sich als Antwort auf die Beschäftigungs- und Wachstumskrise auf das Soziale konzentriert. So seien 12,5 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen worden, 73,2 Prozent der Menschen in der EU seien in Arbeit, im Gegensatz zu den 63,3 Prozent bei seinem Amtsantritt im November 2014. „Das Wachstum ist wieder heimisch geworden in Europa“, sagte Juncker. Die neue Entsenderichtlinie stelle den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit am gleichen Arbeitsort sicher. „Auch das ist Europa“, hob er hervor, und „wer Sozialdumping hinnimmt, der versündigt sich am sozialen Gedanken Europas“.
Juncker verwies auf die Handelsabkommen mit Japan und Kanada, bei denen die europäischen Arbeits- und Umweltnormen festgeschrieben worden seien. Gleiches versuche man jetzt auch mit China zu verhandeln, die zwar einen freien Zugang zu den europäischen Märkten verlangen, ihren aber nicht öffnen wollen – aktuell zu sehen am Beispiel des Projekts der Neuen Seidenstraße. Dieses hieß Juncker gut unter der Bedingung, dass beide Seiten davon profitieren.
Im Zusammenhang mit der Idee der Gründung einer Europäischen Universität und dem deutsch-französischen Sprachgebiet Saarland betonte Juncker die Bedeutung des Erasmus-Programms, dessen Budget im nächsten Haushalt auf 30 Milliarden Euro verdoppelt werden soll und das dazu beiträgt, sich in Europa besser kennenzulernen. „Wir lieben uns nicht in Europa, weil wir uns nicht genug kennen! Was wissen beispielsweise die Lappen von den Flamen?“, sagte Juncker. Er plädiert dafür, bereits in der Schule ein Fach wie „Wirklichkeitskunde“ einzuführen, das dem besseren Wissen über die europäischen Mitbürger dienen sollte.
Zum Brexit meinte er, die „Sphinx“ sei „ein offenes Buch“ im Vergleich mit dem britischen Unterhaus. Die Briten müssten klären, was sie wollen. Man erwarte nun das Ergebnis der bereits vierten Abstimmung über den Austrittsvertrag.
Ein wichtiges Anliegen für Juncker war die Weltpolitikfähigkeit Europas. Eine Abkehr vom Prinzip der Einstimmimgkeit bei außenpolitischen Entscheidungen sei dringend geboten, wenn man Einfluss in der Welt haben und sich nicht von einem einzelnen Veto abhängig machen wolle.
Auch in der Verteidigungspolitik müsse besser zusammengearbeitet werden. Man könne Milliarden Euro sparen und effektiver werden, wenn das Beschaffungswesen harmonisiert und die EU sich nicht mehr 177 verschiedene Waffengattungen leisten würde, wo die USA nur 30 haben.
Links zum Thema:
Mitschnitt der Rede von Jean-Claude Juncker im Landtag des Saarlandes
Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.