PresseInformation des Niedersächsischen Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung vom 16.12.2019.
HANNOVER. Das Kabinett hat bei seiner Sitzung am Montag (16.12.2019) die strategische Ausrichtung des Landes für die neue EU-Förderperiode 2021 bis 2027 beschlossen. Ziel ist es, trotz der voraussichtlich erheblich geringer ausfallenden EU-Mittel ab 2021 eine weiterhin erfolgreiche EU-Förderung von Projekten in allen Teilen des Landes zu gewährleisten. Hierzu hat sich das Kabinett zur Steigerung der Effektivität auf eine Priorisierung des Mitteleinsatzes auf drei grundsätzliche Förderziele geeinigt:
1. Niedersachsen investiert in einen innovativen und intelligenten wirtschaftlichen Wandel auf der Grundlage nachhaltiger Bildung und Forschung.
2. Niedersachsen investiert in seine Umwelt und in den Klimaschutz.
3. Niedersachsen investiert in die Zukunftsfähigkeit seiner Regionen sowie in Chancengerechtigkeit und Teilhabe.
„Die Landesregierung vollzieht damit einen Paradigmenwechsel, denn insbesondere die nun vorgenommene Priorisierung verlangt, dass wir ausgetretene Pfade der EU-Förderpraxis verlassen und neue Wege beschreiten“, erläuterte hierzu Birgit Honé, Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung. Zweites Kernstück der neuen Förderstrategie sei, dass ab dem Jahr 2021 die Vergabe von Fördermitteln aus den drei Förderfonds Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Europäischer Sozialfonds (ESF) und Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) stärker aufeinander abgestimmt und vernetzt erfolgen solle. Honé: „Damit verlassen wir die bisherige Praxis, nach der sich die Aufstellung von Förderprogrammen und die Vergabe von Fördermitteln in strikt voneinander getrennten Säulen vollzog. Mit der heute verabschiedeten Strategie hat die Landesregierung festgelegt, alle rechtlichen Möglichkeiten auszunutzen, um künftig ressort- und fondsübergreifend die drei strategische Ziele für Niedersachsen zu verfolgen.“
Erforderlich wurde der neue Kurs, weil sich abzeichnet, dass Niedersachsen für die Jahre 2021 bis 2027 deutlich weniger EU-Fördermittel erhalten wird als in der laufenden Förderperiode 2014 bis 2020. Hintergrund sind die insgesamt weniger werdenden Fördermittel für die gesamte Europäische Union und damit auch für jedes Mitgliedsland. Die Gründe liegen in wegbrechenden britischen Mitgliedsbeiträgen, neuen Aufgaben der EU-Kommission, die finanziert werden müssen (Grenzsicherung und Migrationspolitik), Plänen der EU-Kommission zur Einrichtung eines Unterstützungsfonds für Kohleregionen in Europa sowie in der Uneinigkeit der Staats- und Regierungschefs bei der Frage der Anhebung der Mitgliedsbeiträge.
Das Niedersachsen mit weniger EU-Fördermitteln rechnen muss, deutete sich bereits im Mai 2018 an, allerdings noch nicht in dieser Höhe. Die Landesregierung hatte darauf reagiert, indem sie im Dezember 2018 das Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung damit beauftragte, in Absprache mit den anderen Ressorts eine neue Förderstrategie zu entwickeln. „Ich bin sehr froh, dass wir frühzeitig gehandelt und eine Antwort auf die Herausforderung formuliert haben. Auf Basis der neuen Förderstrategie kann nun damit begonnen werden, die miteinander vernetzten Förderprogramme für die Zeit nach 2020 zu entwickeln“, kündigte Ministerin Honé an. „Unser Ziel ist klar: Auch bei reduziertem Mitteleinsatz wollen wir in der EU-Förderung ab 2021 annähernd gleich gute Effekte erzielen.“
Hintergrund:
Hinter den Titeln der drei Förderziele verbergen sich folgende Überlegungen.
Zu Ziel 1: Zentrale Wirtschaftsbereiche in Niedersachsen stehen mitten in schwierigen Transformationsprozessen. Angesichts dieses Strukturwandels soll vor allem in Wissenstransfer, Innovation und Weiterbildung investieren werden. Dabei soll ein Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen sowie Gründungen gelegt und das Nachwuchs- und Fachkräftepotenzial gehoben werden. Es wird ganz wesentlich um den Blick auf die Chancen und Risiken dieser Entwicklungen für die Menschen gehen.
Zu Ziel 2: Durch gezielte Investitionen kann Niedersachsen seine Kompetenzen im Bereich der erneuerbaren Energien und der Sektorkopplung weiter ausbauen. Ein Schwerpunkt der zukünftigen EU-Förderung soll darin liegen, solche Projekte zu unterstützen, die Potenziale für Energieeffizienz und zur Emissionsvermeidung nutzen und natürliche Ressourcen schonen. Fest steht, dass Niedersachsen einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der ambitionierten Umwelt- und Klimaschutz-Ziele der EU leisten kann.
Zu Ziel 3: Hier wird die besondere Situation Niedersachsens als Flächenland mit regional sehr unterschiedlichen Entwicklungsbedarfen ins Visier genommen. Erhalt und Ausbau der Lebensqualität und Daseinsvorsorge in allen Regionen sind der Landesregierung ausgesprochen wichtig. Deshalb sollen bevorzugt solche Projekte gefördert werden, die in ihren Regionen hierzu beitragen.
Eine besondere Bedeutung für die Regionalentwicklung spielen die Mittel aus dem ELER, also aus der sogenannten zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU. Hier haben sich MB, MU und ML bereits im September dieses Jahres auf ein gemeinsames Eckpunktepapier geeinigt, das den Geist der heute verabschiedeten Strategie vorweggenommen hat. Auch beim ELER soll priorisiert werden. Die Vergabe von Fördermitteln aus diesem Fonds soll sich konzentrieren auf Maßnahmen,
- die die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität einer nachhaltigen Landwirtschaft im Auge haben,
- die auf Klimaschutz, Biodiversität, Natur- und Gewässerschutz und Tierwohl abzielen, und
- die eine Sicherung der Daseinsvorsorge und Erhalt und Steigerung der Lebensqualität in ländlichen Räumen zum Ziel haben.
Wie viel Geld Niedersachsen aus den EU-Förderfonds tatsächlich bekommt, wird vermutlich erst gegen Ende des Jahres 2020 feststehen. Für diesen Zeitraum wird mit einer Einigung unter deutscher Ratspräsidentschaft über den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021 bis 2027 gerechnet. Als entscheidend wird die Frage über die Anhebung der Mitgliedsbeiträge der EU-Staaten angesehen. Im Mai 2018 hatte der damalige EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger eine Steigerung von einem Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) auf 1,11 Prozent BNE vorgeschlagen. Im Dezember 2018 sprach sich das Europäische Parlament für 1,3 Prozent BNE aus. Mehrere Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, lehnen eine Anhebung ab. Folgerichtig fand ein aktueller Kompromissvorschlag der finnischen Ratspräsidentschaft in Höhe von 1,07 Prozent BNE im Europäischen Rat keine Berücksichtigung.
Anlage zur EU-Förderung – Erläuterungen zur Förderstrategie 2021-2027