20.03.2020 Brüssel. Die Europäische Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass das öffentliche Finanzierungsmodell für die feste Fehmarnbeltquerung zur Verbindung der dänischen und der deutschen Küste als mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist und hat die Beihilfe heute (Freitag) entsprechend genehmigt.
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Die feste Fehmarnbeltquerung wird zur grenzübergreifenden Integration der beiden Regionen, die sie verbindet, beitragen. Sie ist für die Vollendung der zentralen Nord-Süd-Achse zwischen Mitteleuropa und Skandinavien von entscheidender Bedeutung und nützt der europäischen Wirtschaft. Wir sind nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Förderung Dänemarks für dieses Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht, da die positiven Auswirkungen eindeutig schwerer wiegen als potenzielle Wettbewerbsverfälschungen.“
Die Feste Querung ist für die Vollendung der zentralen Nord-Süd-Achse zwischen Mitteleuropa und Skandinavien von entscheidender Bedeutung. Sie besteht unter anderem aus einem rund 19 km langen Unterseetunnel zwischen Rødby auf der dänischen Insel Lolland und Puttgarden in Deutschland, durch den eine elektrifizierte, zweigleisige Bahnstrecke und eine vierspurige Autobahn führen sollen.
Einem zwischen Dänemark und Deutschland geschlossenen Staatsvertrag zufolge wird Dänemark alleiniger Eigentümer des Tunnels und trägt das volle Finanzierungsrisiko, auch für den Ausbau der dänischen Hinterlandanbindung per Straße und Schiene. In Dänemark wurden zwei öffentliche Unternehmen mit Planung, Bau und Betrieb des Tunnels betraut: A/S Femern Landanlæg für die dänische Hinterlandanbindung und Femern A/S für die Infrastruktur zur Verbindung der beiden Küsten.
Die Finanzierungsmaßnahmen für die Hinterlandanbindung in Dänemark wurden bereits zu einem früheren Zeitpunkt für beihilfefrei befunden und waren daher nicht Gegenstand dieses Prüfverfahrens. Auch die deutsche Hinterlandanbindung war nicht Gegenstand des Verfahrens, da Deutschland für die Finanzierung und den Ausbau zuständig ist.
Im Juli 2015 genehmigte die Kommission das öffentliche Finanzierungsmodell für die Feste Fehmarnbeltquerung zwischen Dänemark und Deutschland nach den EU-Beihilfevorschriften.
Nachdem Scandlines und Stena Line ein Rechtsmittel gegen den Kommissionsbeschluss von 2015 eingelegt hatten, erklärte das Gericht der Europäischen Union den Beschluss im Dezember 2018 aus verfahrensrechtlichen Gründen teilweise für nichtig (Urteile in den Rechtssachen T-630/15 und T-631/2015). Das Gericht bestätigte den Kommissionsbeschluss bezüglich der Femern Landanlæg gewährten Finanzierung für die Hinterlandanbindung, stellte jedoch fest, dass die Kommission nach den EU-Beihilfevorschriften ein förmliches Prüfverfahren hätte einleiten müssen, um die Maßnahmen zu bewerten, die Dänemark Femern A/S vor Erlass des Beschlusses gewährt hatte.
Die Untersuchung der Kommission
Im Juni 2019 leitete die Kommission ein eingehendes Prüfverfahren zu den Maßnahmen Dänemarks zugunsten von Femern A/S zur Förderung der Festen Querung ein, um dem Urteil des Gerichts vom Dezember 2018 nachzukommen.
Das Verfahren bestätigte, dass die Kapitalzuführungen, staatlichen Darlehensgarantien und staatlichen Darlehen, die Dänemark Femern A/S gewährt hatte, aufgrund des wirtschaftlichen Charakters der Infrastruktur nach den EU-Vorschriften staatliche Beihilfen darstellen. Ferner gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die Maßnahmen Einzelbeihilfen darstellten, genauer gesagt Investitionsbeihilfen, also keine Beihilferegelung vorliegt.
Die Kommission stellte fest, dass es sich bei dem Projekt um ein wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) handelt, und prüfte die Maßnahmen auf der Grundlage der Mitteilung über IPCEI . Sie gelangte zu dem Ergebnis, dass alle in der Mitteilung vorgegebenen Vereinbarkeitskriterien erfüllt sind.
Was die Angemessenheit der fraglichen Maßnahmen angeht, legten die dänischen Behörden der Kommission nach Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens aktuelle Finanzdaten vor.
Ferner nahmen die Behörden nach Gesprächen mit der Kommission bestimmte Änderungen an der Finanzierungsstruktur des Projekts vor. So wurde unter anderem die staatliche Finanzierung auf das Minimum beschränkt, das erforderlich ist, damit die Investition durchgeführt wird. Konkret wurden die staatlichen Garantien und Darlehen auf einen Betrag von maximal 9,3 Milliarden Euro und einen Zeitraum von 16 Jahren nach Aufnahme des Betriebs begrenzt.
Auf der Grundlage der von Dänemark vorgelegten aktualisierten Daten und der geänderten Finanzierungsstruktur gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die staatlichen Maßnahmen nach den EU-Beihilfevorschriften angemessen sind.
Sie schloss auch, dass, wie in der Mitteilung zu IPCEI vorgesehen, die Maßnahmen erforderlich sind und die positiven Auswirkungen des Vorhabens deutlich schwerer wiegen als etwaige Wettbewerbsverfälschungen.
Auf dieser Grundlage gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die Kapitalzuführungen, staatlichen Darlehensgarantien und staatlichen Darlehen, die Dänemark Femern A/S gewährt hat, mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen.
Die Kommission prüfte auch bestimmte andere Maßnahmen – z.B. auf steuerlicher Ebene – mit dem Ergebnis, dass es sich dabei nicht um Beihilfen im Sinne der EU-Beihilfevorschriften handelt.
Hintergrund
Bislang wurde in der Regel davon ausgegangen, dass öffentliche Fördermaßnahmen für den Bau und Betrieb von Infrastrukturvorhaben keine staatlichen Beihilfen enthalten. Infolge bedeutender Marktentwicklungen werden diese Infrastrukturen jedoch mehr und mehr zu kommerziellen Zwecken genutzt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bestätigt, dass die öffentliche Finanzierung von Infrastruktur-Investitionsvorhaben den EU-Beihilfevorschriften unterliegt, wenn die betreffende Infrastruktur kommerziell genutzt werden soll (verbundene Rechtssachen T-443/08 und T-455/08, Leipzig/Halle). Daher müssen öffentliche Mittel für Vorhaben wie die Feste Fehmarnbeltquerung nach den EU-Beihilfevorschriften geprüft werden, soweit sie nachweislich wirtschaftlichen Zwecken dienen.
Nach den EU-Beihilfevorschriften können die Mitgliedstaaten solche Infrastrukturinvestitionen unter bestimmten Voraussetzungen unterstützen, um das Wirtschaftswachstum anzuregen. Dabei müssen sie insbesondere dafür sorgen, dass keine Überkompensation entsteht und dass für alle Marktteilnehmer gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen.
Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb unter der Nummer SA.39078 zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter State Aid Weekly e-News.
Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.