27.06.2019 Brüssel. Die Europäische Kommission hat heute (Donnerstag) einen Aufruf an Interessensvertreter gestartet, Stellungnahmen für ein vereinfachtes Verfahren beim kombinierten Einsatz von nationalen Beihilfen und von EU-Beihilfen einzureichen. Die Stellungnahmen können bis zum 27. September 2019 auf dieser Website abgegeben werden.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager sagte dazu: „Die Grundsätze des Beihilferechts müssen eingehalten werden. In vielen Fällen lässt sich dies mit der Anwendung bestimmter EU-Finanzierungsvorschriften verbinden, sodass wir unnötigen Verwaltungsaufwand vermeiden und rascher Beschlüsse fassen können. Unser Vorschlag zielt darauf ab, den kombinierten Einsatz von nationalen Mitteln und von EU-Mitteln dadurch zu vereinfachen, dass bestimmte Beihilfen von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung und von der Prüfung nach den EU-Beihilfevorschriften freigestellt werden. Alle Behörden, Unternehmen und anderen Interessenträger sollten sich an dieser wichtigen Konsultation beteiligen.“

Die Kommission will die Gewährung nationaler Förderungen (auch aus auf nationaler Ebene verwalteten Mitteln aus den EU-Kohäsionsfonds) für Vorhaben oder Finanzprodukte erleichtern, die unter zentral verwaltete EU-Programme im Rahmen des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens fallen. Zu diesem Zweck sollen die für diese Finanzierungsarten geltenden Finanzierungs- und Beihilferegeln der Union gestrafft werden, um unnötige Komplexität zu vermeiden und gleichzeitig den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt zu wahren.

Vor diesem Hintergrund schlägt die Kommission vor, die Beihilfevorschriften für die Gewährung nationaler Mittel für Vorhaben oder Finanzprodukte, die unter bestimmte EU-Programme fallen, zu straffen, um so das Zusammenspiel zwischen den Finanzierungs- und den Beihilfevorschriften der EU zu verbessern.

Deshalb hat die Kommission heute eine erste öffentliche Konsultation zu einer gezielten Überarbeitung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) eingeleitet, um den Anwendungsbereich der Verordnung unter einer gewissen Reihe von Voraussetzungen auf nationale Mittel auszudehnen, die in den folgenden drei Bereichen zum Einsatz kommen:

  1. durch den Fonds „InvestEU“ unterstützte Finanzierungen und Investitionen;
  2. Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsvorhaben (FEuI-Vorhaben), die im Rahmen von Horizont Europa mit einem Exzellenzsiegel ausgezeichnet wurden, sowie Vorhaben im Rahmen des künftigen Kofinanzierungsprogramms;
  3. Projekte der Europäischen territorialen Zusammenarbeit (ETZ), der sogenannten „Interreg-Politik“.

Die Freistellung von Beihilfen in diesen Bereichen von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung und von der Genehmigung durch die Kommission würde eine erhebliche Vereinfachung bewirken. Dies wäre aufgrund der Garantien möglich, die in den zentral von der Kommission verwalteten EU-Programmen verankert sind. So gewährleistet die Kommission, dass die im Rahmen dieser Programme gewährte Unterstützung auf ein Ziel von gemeinsamem Interesse ausgerichtet ist, auf die Behebung eines Marktversagens oder den sozioökonomischen Zusammenhalt abzielt und auf den erforderlichen Mindestbetrag beschränkt ist.

Mit der heute eingeleiteten öffentlichen Konsultation sollen die Ansichten der relevanten Interessenträger (einschließlich der Mitgliedstaaten) zu der vorgeschlagenen Änderung der AGVO in Erfahrung gebracht werden. Die Interessenträger werden gebeten, ihre Stellungnahmen bis zum 27. September 2019 einzureichen.

Die Kommission beabsichtigt, den endgültigen geänderten Text rechtzeitig für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen anzunehmen, damit alle Vorschriften früh genug vor dem Beginn des neuen Finanzierungszeitraums im Jahr 2021 in Kraft sind.

Den Entwurf der Änderungsverordnung sowie nähere Angaben zur öffentlichen Konsultation finden Sie unter: http://ec.europa.eu/competition/consultations/2019_gber/index_en.html

Hintergrund

Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sieht vor, dass die Mitgliedstaaten staatliche Beihilfen bei der Europäischen Kommission anmelden müssen und erst nach Genehmigung durch die Kommission durchführen dürfen. Gemäß der EU-Ermächtigungsverordnung für staatliche Beihilfen kann die Kommission erklären, dass bestimmte Gruppen staatlicher Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der im AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht freigestellt sind.

Mit der AGVO werden bestimmte Gruppen von staatlichen Beihilfen für mit dem AEUV vereinbar erklärt, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Diese Gruppen sind von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung bei der Kommission und von der Genehmigung durch die Kommission ausgenommen, sodass die Mitgliedstaaten solche Maßnahmen mit voller Rechtssicherheit unmittelbar durchführen können. Auf der Grundlage der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung von 2014 können die Mitgliedstaaten ein breites Spektrum von Beihilfemaßnahmen, bei denen nicht von einer Verfälschung des Wettbewerbs auszugehen ist, ohne vorherige Genehmigung durch die Kommission durchführen. Die Verordnung wurde mehrmals geändert, um ihren Anwendungsbereich zu erweitern und die Vorschriften zu vereinfachen. So mussten seit 2015 mehr als 96 % der neuen Beihilfemaßnahmen, für die erstmals Ausgaben gemeldet wurden, nicht bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet werden. Dies steht im Einklang mit der Politik der Kommission, sich auf die wirklich wichtigen Themen und Fragen zu konzentrieren, damit sie in kürzerer Zeit bessere Ergebnisse erzielen kann. Gleichzeitig will sie dort Zurückhaltung üben, wo ein Mehrwert fraglich ist.

Um die Durchführung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens zu erleichtern und das Zusammenspiel zwischen den EU-Finanzierungsvorschriften und den EU-Beihilfevorschriften zu verbessern, hat der Rat der Union im November 2018 eine Änderung der EU-Ermächtigungsverordnung für staatliche Beihilfen (Verordnung (EU) 2015/1588 des Rates) angenommen, die auf einem im Juni 2018 angenommenen Vorschlag der Kommission beruht. Auf der Grundlage der überarbeiteten Ermächtigungsverordnung kann die Kommission gezielte Änderungen an der AGVO vornehmen.

Neben der heute eingeleiteten öffentlichen Konsultation wird der vorgeschlagene geänderte Text der AGVO auch Gegenstand einer zweiten öffentlichen Konsultationsrunde sein und von der Kommission und den Mitgliedstaaten auf zwei Sitzungen des Beratenden Ausschusses erörtert werden. Dadurch wird sichergestellt, dass die Mitgliedstaaten und die Interessenträger ausreichend Gelegenheit haben, sich zu dem Entwurf des Kommissionsvorschlags zu äußern.

Links zum Thema:

Staatliche Beihilfen: Kommission bittet um Stellungnahmen zu vereinfachten Regeln für den Einsatz staatlicher Beihilfen in Verbindung mit EU-Fördermitteln
Presseinformation der EU-Kommission vom 27.06.2019.

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.