PresseInformation des Niedersächsischen Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung vom 24.10.2019.
Rede von Ministerin Birgit Honé im Niedersächsischen Landtag zu TOP 26
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU – Drs. 18/3669
„Verantwortlichkeiten für Minderheiten innerhalb der EU-Kommission verbindlich regeln“
(Es gilt das gesprochene Wort)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Eine Gesellschaft, die die Menschenwürde zu ihrem höchsten Gut zählt und Gerechtigkeit, Gleichbehandlung und Rechtsstaatlichkeit zu ihren Grundwerten gemacht hat, muss Minderheiten schützen und ihnen eine diskriminierungsfreie Teilhabe an der Gesellschaft gewährleisten.
Mir ist es daher ein besonderes Anliegen zu betonen, dass Minderheiten unsere Gesellschaft mit ihren Identitäten, also mit ihren Sprachen, ihren Kulturen und ihren Traditionen, bereichern. Dies gilt für Europa, für seine einzelnen Mitgliedstaaten – und insbesondere auch für Niedersachsen mit seiner friesischen Volksgruppe und seinen Sinti und Roma.
Deshalb hat Deutschland, wie viele andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch, für den besonderen Schutz und den besonderen rechtlichen Status der nationalen Minderheiten und ihrer Sprachen sowie der Regionalsprachen die Abkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten und der Regional- oder Minderheitensprachen ratifiziert.
Auch die Europäische Union steht für den Schutz von nationalen Minderheiten und die Wahrung ihrer Rechte. In Artikel 2 des Vertrages der Europäischen Union wird der Minderheitenschutz aufgegriffen, und in Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union werden Diskriminierungen aufgrund der Sprache oder der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit verboten. Darüber hinaus verpflichtet sich die Europäische Union in Art. 22 der Charta zur Achtung der Kulturen, Religionen und Sprachen.
Zudem kann die Europäische Union bei Diskriminierungen aus Gründen der ethnischen Herkunft gemäß Art. 19 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union geeignete Vorkehrungen ergreifen, soweit sich die Maßnahmen im Rahmen der auf die Europäische Union übertragenen Zuständigkeiten liegen.
Diese rechtlichen Grundlagen sind wichtig und geben ein Fundament. Aber hier kann und muss sich die Europäische Union noch mehr einbringen.
Die Europäische Bürgerinitiative „Minority SafePack“ umfasst verschiedene Gesetzesvorschläge, die den Schutz nationaler Minderheiten gewährleisten sollen. Ziel ist es, die Sicherheit von nationalen Minderheiten europaweit zu gewährleisten und gesetzliche Regelungen für Minderheiten zu stärken.
Dieses Ziel teilt die Landesregierung uneingeschränkt. Daher begrüßen wir es sehr, dass die Bürgerinitiative es geschafft hat, die erforderlichen 1 Million Unterschriften zu erhalten und damit eine Befassung auf Ebene der Europäischen Union mit diesem Thema erwirkt hat.
Der vorliegende Antrag, wie auch die Bürgerinitiative, zielt im Übrigen auf die europäische Ebene und nicht – wie der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – im Schwerpunkt auf die niedersächsische Ebene.
Es muss unser Ziel sein, auch und gerade auf Ebene der Europäischen Union den Schutz für Angehörige nationaler Minderheiten und Sprachminderheiten weiter zu verbessern sowie die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Europäischen Union zu stärken und auszuweiten.
Die Kommission sollte die Einhaltung der Minderheitenrechte in allen Mitgliedsstaaten konsequent einfordern. Angesichts populistischer und rechtsextremer Entwicklungen in einigen Mitgliedsstaaten ist dies besonders geboten.
Nach aktuellem Stand dürfte das Thema weiterhin bei der Kommissarin Věra Jourová liegen. Die designierte Vizepräsidentin soll dann für den Bereich „Werte und Transparenz“, und damit insbesondere auch für die Grundrechte, zuständig sein. Das scheint mir eine gute Basis für die Umsetzung der im Antrag genannten Forderungen zu sein.
Es ist richtig, dass der Konstituierungsprozess der Kommission fast abgeschlossen ist.
Die Kommission wird sich jedoch voraussichtlich erst am 1. Dezember 2019 konstituieren und ihre Arbeit aufnehmen. Daher können wir jetzt mit dem Entschließungsantrag noch ein wichtiges, ein unterstützendes Signal hin zu einem noch intensiveren Minderheitenschutz nach Brüssel senden. Diese Chance sollten wir wahrnehmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.