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  • Staatliche Beihilfen: Kommission prüft steuerliche Behandlung von Huhtamäki in Luxemburg genauer

07.03.2019 Brüssel. Die Europäische Kommission hat heute (Donnerstag) eine Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob bestimmte Steuervorbescheide Luxemburgs an das finnische Nahrungsmittel- und Verpackungsunternehmen Huhtamäki dem Unternehmen möglicherweise einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber Mitbewerbern verschafft und gegen das EU-Beihilferecht verstoßen haben.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte: „Die Mitgliedstaaten sollten Unternehmen keine Vorkehrungen gestatten, durch die ihre zu versteuernden Gewinne übermäßig gemindert werden und ihnen ein ungerechtfertigter Vorteil gegenüber Wettbewerbern entsteht. Die Kommission wird die steuerliche Behandlung von Huhtamäki in Luxemburg eingehend untersuchen und prüfen, ob sie mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht.“

Die förmliche Prüfung der Kommission gilt drei Steuervorbescheiden Luxemburgs an die in Luxemburg ansässige Huhtalux S.à.r.l. aus den Jahren 2009, 2012 und 2013. Der Steuervorbescheid von 2009 war 2014 im Rahmen der „Luxleaks“-Untersuchungen eines internationalen Netzes investigativer Journalisten aufgedeckt worden.

Huhtalux ist Teil des in Finnland ansässigen Huhtamäki-Konzerns. Huhtamäki ist in der Verpackungsindustrie tätig und produziert vor allem Verpackungen für Lebensmittel und Einweggeschirr. Der namhafte Produzent verarbeitet in Europa, Asien und Australien Kunststoffe und Kartonagen zu starren dünnwandigen Bechern und Behältnissen für feste und flüssige Nahrungsmittel.

Huhtalux nimmt konzerninterne Finanzierungen vor. Dafür erhält das Unternehmen zinslose Darlehen eines anderen, in Irland ansässigen Unternehmens des Huhtamäki-Konzerns. Diese Mittel werden von Huhtalux dann als verzinsliche Darlehen an andere Unternehmen des Huhtamäki-Konzerns weitergeleitet.

In den drei von Luxemburg erlassenen Steuervorbescheiden wird Huhtalux gestattet, fiktive Zinszahlungen auf die erhaltenen zinslosen Darlehen von seiner Besteuerungsgrundlage abzuziehen. Nach den Angaben Luxemburgs entsprechen diese fiktiven Aufwendungen den Zinsen, die ein unabhängiger dritter Marktteilnehmer für solche Darlehen an Huhtalux verlangt hätte.

Huhtalux zahlt jedoch auf diese Darlehen keine Zinsen. Diese Abzüge verringern die Besteuerungsgrundlage von Huhtalux, dessen zur Besteuerung veranschlagte Gewinne damit deutlich niedriger ausfallen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bezweifelt die Kommission, dass diese in den Steuervorbescheiden Luxemburgs zum Ausdruck kommende steuerliche Behandlung gerechtfertigt ist. Die Kommission hat Zweifel, da Luxemburg eine einseitige Verringerung der Besteuerungsgrundlage von Huhtalux akzeptiert hat, die dem Unternehmen einen selektiven Vorteil verschaffen könnte, weil das Unternehmen auf diese Weise geringere Steuern zahlen würde als Einzelunternehmen oder andere konzernzugehörige Unternehmen, die ihre Finanztransaktionen zur Marktpreisen durchführen. Sollten sich dies bestätigen, so würde dies eine unzulässige staatliche Beihilfe darstellen.

Mit der Einleitung des eingehenden Prüfverfahrens wird Luxemburg und anderen Beteiligte Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.

Beihilferechtliche Prüfung von Steuervorbescheiden durch die Kommission

Steuervorbescheide an sich stellen nach den EU-Beihilfevorschriften kein Problem dar, wenn sie lediglich bestätigen, dass steuerliche Vereinbarungen zwischen verschiedenen Unternehmen einer Unternehmensgruppe mit den einschlägigen Steuervorschriften im Einklang stehen. Steuervorbescheide, die bestimmten Unternehmen einen selektiven Vorteil verschaffen, können hingegen den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verfälschen und damit gegen die EU-Beihilfevorschriften verstoßen.

Seit Juni 2013 führt die Kommission beihilferechtliche Prüfungen der von den Mitgliedstaaten erteilten Steuervorbescheide für einzelne Unternehmen durch. Im Dezember 2014 weitete sie diese Untersuchung auf alle Mitgliedstaaten aus.

Folgende Prüfungen von Steuervorbescheiden hat die Kommission bereits abgeschlossen:

  • Im Oktober 2015 stellte die Kommission fest, dass Luxemburg und die Niederlande Fiat bzw. Starbucks selektive Steuervorteile gewährt hatten. Auf diese Kommissionsbeschlüsse hin musste Fiat in Luxemburg 23,1 Mio. EUR und Starbucks in den Niederlanden 25,7 Millionen Euro nachzahlen.
  • Im Januar 2016 stellte die Kommission fest, dass Belgien im Rahmen seiner „Mehrgewinn“-Steuerregelung mindestens 35 multinationalen Unternehmen (überwiegend EU-Unternehmen) selektive Steuervorteile gewährt hatte, die nach den EU-Beihilfevorschriften unzulässig waren. Am 14. Februar 2019 hob das Gericht der Europäischen Union den Kommissionsbeschluss auf. Die Kommission überdenkt derzeit ihre nächsten Schritte.
  • Im August 2016 stellte die Kommission fest, dass Irland Apple unzulässige Steuervergünstigungen gewährt hat. Daraufhin forderte Irland 14,3 Milliarden Euro von Apple zurück.
  • Im Oktober 2017 stellte die Kommission fest, dass Luxemburg Amazon unzulässige Steuervergünstigungen gewährt hat. In der Folge forderte Luxemburg 282,7 Millionen Euro von Amazon zurück.
  • Im Juni 2018 stellte die Kommission fest, dass Luxemburg Engie unzulässige Steuervergünstigungen von 120 Millionen Euro gewährt hat. Das Rückforderungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
  • Im September 2018 hat die Kommission festgestellt, dass die Nichtbesteuerung bestimmter Gewinne von McDonald’s in Luxemburg keine unzulässige staatliche Beihilfe bewirkte, da sie mit dem luxemburgischen Steuerrecht und dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Luxemburg und den USA im Einklang stand.
  • Im Dezember 2018 kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass Gibraltar mehreren multinationalen Unternehmen durch eine Körperschaftsteuerbefreiung und durch fünf Steuervorbescheide unfaire und selektive Steuervergünstigungen in Höhe von rund 100 Millionen Euro gewährt hat. Das Rückforderungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Zudem prüft die Kommission derzeit in zwei eingehenden Untersuchungen die Steuervorbescheide, die die Niederlande Inter IKEA und Nike erteilt haben, und eine Steuerregelung für multinationale Unternehmen im Vereinigten Königreich.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb unter der Nummer SA.50400 zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Anzeiger State Aid Weekly e-News.

Hintergrundinformationen zu Änderungen innerstaatlicher Steuervorschriften nach den „Luxleaks“-Veröffentlichungen

Von den mehr als 500 von dem internationalen Netz investigativer Journalisten 2014 im Rahmen der „Luxleaks“-Veröffentlichungen bekannt gemachten Fällen betreffen rund 200 Finanzierungsunternehmen und Finanzvorgänge zwischen Unternehmen.

Im Januar 2017 hat Luxemburg nach Gesprächen mit der Kommission strengere Steuervorschriften für Finanzierungsunternehmen eingeführt. Mit den neuen Vorschriften, die eine beträchtliche Anzahl von „Luxleaks“-Steuervorbescheiden betreffen, soll sichergestellt werden, dass Finanzierungsunternehmen ausreichend besteuert werden. Diese gesetzgeberischen Änderungen haben zur Folge, dass die luxemburgische Finanzverwaltung nicht länger an Steuervorbescheide gebunden sind, die vor 2017 an bestimmte Finanzierungsunternehmen, insbesondere der Steuervorbescheide aus den „Luxleaks“, ergangen sind.

Links zum Thema:

Staatliche Beihilfen: Kommission nimmt steuerliche Behandlung von Huhtamäki in Luxemburg genauer unter die Lupe
Presseinformation der EU-Kommission vom 07.03.2019.

Infografik

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.