03.03.2020 Brüssel. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist heute (Dienstag) gemeinsam mit weiteren EU-Spitzen nach Griechenland gereist, um sich ein Bild von der Lage an der griechisch-türkischen Grenze zu machen. „Die Sorgen Griechenlands sind unsere Sorgen“, sagte von der Leyen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem griechischen Premierminister Mitsotakis. „Ich möchte auch mein Mitgefühl mit den Migranten ausdrücken, die durch falsche Versprechungen in diese verzweifelte Lage gelockt wurden.“ Doch wer versuche, die Einheit Europas zu testen, werde enttäuscht sein. Griechenland beschütze die gemeinsame Außengrenzen und habe dafür die volle Unterstützung der EU: „Die Türkei ist nicht unser Gegner, aber die Menschen dürfen nicht einfach ein Mittel sein, um ein Ziel zu erreichen“, so von der Leyen.
Präsidentin von der Leyen hatte zuvor mit Parlamentspräsident Sassoli, Ratspräsident Michel, dem kroatischen Premierminister Plenkovic als amtierendem Ratsvorsitzenden und Kommissionsvizepräsident Schinas die griechisch-türkische Landgrenze besucht. „Die griechischen Behörden stehen vor einer sehr schwierigen Aufgabe. Ich möchte ihnen und den Grenzschützern von Frontex für ihren unermüdlichen Einsatz danken“, sagte von der Leyen. „Die Aufrechterhaltung der Ordnung an unserer Außengrenze hat für uns Vorrang.“
Die Kommission werde jede notwendige operative Unterstützung für die griechischen Behörden mobilisieren, so die Präsidentin. Die EU-Grenz- und Küstenwache Frontex bereite sich auf die Entsendung eines Grenzinterventionsteams vor. Dazu gehören sieben Schiffe, zwei Helikopter, ein Flugzeug und 100 weitere Grenzschützer, zusätzlich zu den bereits 530 Frontex-Beamten vor Ort.
Präsidentin von der Leyen kündigte auch weitere finanzielle Unterstützung von 700 Millionen Euro für Griechenland zur Bewältigung der aktuellen Situation an der Außengrenze an. Davon sind 350 Millionen Euro sofort verfügbar. Auch der EU-Katastrophenschutzmechanismus sei auf Bitten Griechenlands aktiviert worden. Über diesen Weg können EU-Staaten Unterkünfte, Zelte, medizinische Teams und Ausrüstung nach Griechenland schicken.
EU-Außenbeauftragter Borrell und Krisenkommissar Lenarčič zu Gesprächen in der Türkei
Zeitgleich sind der EU-Außenbeauftrage Borrell und Krisenkommissar Lenarčič nach Ankara und führen Gespräche über die anhaltende Eskalation in der syrischen Provinz Idlib, die humanitären Folgen für die dortige Zivilbevölkerung und die Lage der syrischen Flüchtlinge in der Türkei. Die Besuche finden im Vorfeld des informellen Treffens und des Sondergipfels der EU-Außenminister Ende der Woche in Zagreb statt. Lenarčič wird weiter an die türkisch-syrische Grenze reisen.
Hilfe für syrische Flüchtlinge in der Türkei: Wie die EU die EU-Türkei-Erklärung umsetzt
Die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei ist ein Schlüsselelement der Erklärung EU-Türkei vom März 2016 und dient zur Unterstützung von Flüchtlingen und Aufnahmegemeinschaften in den Bereichen Grundbedürfnisse, Bildung, Gesundheit, sozioökonomische Unterstützung, Schutz und kommunale Infrastruktur.
Die EU hat die operativen Mittel der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei in Höhe von 6 Milliarden Euro vollständig mobilisiert und damit ihr Engagement für die Umsetzung der Erklärung EU-Türkei untermauert. (siehe Pressemitteilung vom 10.12.2019)
Vom Gesamtbudget der Fazilität in Höhe von 6 Milliarden Euro wurden inzwischen 4,7 Milliarden Euro vertraglich vergeben und 3,2 Milliarden Euro Euro ausgezahlt (Stand 2. März 2020) Die Auszahlungen werden voraussichtlich bis Ende 2020 auf 4 Milliarden Euro steigen.
Die vertraglich gebundenen Mittel werden nicht als Vorschuss geleistet, sondern in Tranchen ausbezahlt. Die vollständige Auszahlung erfolgt erst, wenn die zugesagte Unterstützung geleistet und alle Aktivitäten und Projekte abgeschlossen sind. Dies steht im Einklang mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der EU-Haushaltsführung.
Mit diesen Mitteln finanziert die EU derzeit über 100 Projekte in der Türkei, die mehr als 1,7 Millionen Flüchtlingen zugutekommen.
Mit dieser EU-Hilfe
– können 500.000 Flüchtlingskinder am Schulunterricht teilnehmen
– wurden 4.000 Türkischlehrer angestellt, die über 230.000 Kindern Türkisch-Unterricht geben
– konnten 180 neue Schule gebaut werden
– bekommen über 52.000 Schüler Nachhilfekurse
– erhalten fast 40.000 Schüler einen sicheren Transport zur Schule
– wurden über 9 Millionen Arztbesuche zur medizinischen Grundversorgung durchgeführt
– wurden 179 Krankenhäuser und Gesundheitszentren mit über 2.900 medizinischen Personal bereitgestellt
– haben 650.000 Flüchtlingskinder Impfungen erhalten
– erhielten über 1,8 Millionen schwangere Frauen gynäkologische Untersuchungen
Das bisher größte von der EU finanzierte Programm für humanitäre Hilfe im Rahmen der Flüchtlingsfazilität ist das „Sicherheitsnetz für Notsituationen“ (ESSN). Es wird durch das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen in Partnerschaft mit dem türkischen Roten Halbmond durchgeführt. Es läuft seit 2016 und wurde bisher mit 1,725 Milliarden Euro unterstützt.
Registrierte Flüchtlinge, die an dem Programm teilnehmen, erhalten eine spezielle Debitkarte, mit der sie – ausschließlich in der Türkei – Waren und Dienstleistungen bezahlen können. Im Vergleich zur Verteilung von Hilfsgütern ist die Debitkarte ein effizientes Mittel, um Familien zu helfen, die notwendigsten Güter selbst zu kaufen und somit eigene Kaufentscheidungen zu treffen. Ziel des Programms ist es, gefährdeten Flüchtlingen in der Türkei finanzielle Unterstützung zu leisten, um ihnen zu helfen, ihre Grundbedürfnisse zu decken.
In den kommenden Monaten sollen weitere Projektverträge unterzeichnet werden, bis zum Sommer soll die Gesamtzahl der Projekte 120 erreichen. Die Projekte der ersten Generation sollen spätestens im Jahr 2021, die der zweiten Generation spätesten im Jahr 2025 abgeschlossen werden. Die meisten Projekte werden voraussichtlich vorher abgeschlossen.
Einen Überblick der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei gibt es in diesem Factsheet (EN).
Hier finden Sie eine Übersicht aller geförderten Projekte.
Die EU-Mittel im Rahmen der EU-Flüchtlingsfazilität in der Türkei fließen nicht in den türkischen Haushalt. Sie werden gezielt für Projekte für syrische Flüchtlinge verwendet. Der größte Teil der Mittel aus der Fazilität wird in Zusammenarbeit mit den einschlägigen UN-Organisationen, den Entwicklungsorganisationen der Mitgliedstaaten und den etablierten internationalen NGOs, die vor Ort tätig sind, ausgegeben.
Die direkt mit den türkischen Behörden durchgeführten Projekte beschränken sich auf die Bereiche Bildung, Gesundheit und sozioökonomische Unterstützung. Sie sehen die Rückerstattung klar spezifizierter Kosten vor, die nach der Überprüfung von Rechnungen anfallen.
Alle humanitären Hilfsgelder der EU werden streng überwacht. Die Fazilität sieht einen gemeinsamen Koordinierungsmechanismus vor, der gewährleisten soll, dass den Bedürfnissen von Flüchtlingen und Aufnahmegemeinschaften umfassend und koordiniert Rechnung getragen wird. Ziel ist die Verbesserung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen in der Türkei im Rahmen des umfassenden Ansatzes der EU zur Bewältigung der Flüchtlingskrise innerhalb und außerhalb der EU. Im Lenkungsausschuss der Fazilität kommen Vertreter der Europäischen Kommission, der EU-Mitgliedstaaten sowie der Türkei zusammen. Zudem nehmen Abgeordnete des Europäischen Parlaments als Beobachter teil.
Links zum Thema:
Mitschnitt: Erklärung von Präsidentin von der Leyen an der griechisch-türkischen Grenze
Frontex soll schnellen Grenzschutz an den Außengrenzen Griechenlands einleiten
Der Hohe Vertreter Borrell und Kommissar Lenarčič in der Türkei
Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.