07.02.2019 Brüssel. Die Europäische Kommission hat heute (Donnerstag) ihre Winterprognose 2019 vorgelegt. Demnach dürfte die europäische Wirtschaft 2019 im siebten Jahr in Folge in allen Mitgliedstaaten wachsen, im Vergleich zu den hohen Wachstumsraten der letzten Jahre dürfte sich das Wachstum aber insgesamt verlangsamen. Bei den größeren Mitgliedstaaten wurden die Wachstumsprognosen 2019 für Deutschland, Italien und die Niederlande deutlich abgesenkt. Grund dafür sind globale Unsicherheiten.

Dazu sagte Valdis Dombrovskis, Vizepräsident für den Euro und den sozialen Dialog, außerdem zuständig für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion: „In allen EU-Ländern dürfte die Wirtschaft 2019 weiter wachsen, was mehr Beschäftigung und Wohlstand bedeutet. Dennoch haben wir unsere Prognose nach unten korrigiert, und zwar in erster Linie für die größten Volkswirtschaften des Euro-Währungsgebiets. Dies ist externen Faktoren wie Handelsspannungen und der Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit in den aufstrebenden Märkten, insbesondere in China, geschuldet. In einigen Euro-Ländern werden erneut Bedenken hinsichtlich der Verflechtung zwischen Staat und Banken und der Tragfähigkeit der Schuldenlast laut. Die Möglichkeit eines ungeordneten Brexit schafft zusätzliche Unsicherheit. Sich dieser zunehmenden Risiken gewahr zu sein, ist Teil der Lösung. Sie vollends in den Griff zu bekommen, erfordert die richtige Kombination politischer Maßnahmen wie etwa Investitionsförderung, Intensivierung von Strukturreformen und eine umsichtige Finanzpolitik.“

Pierre Moscovici, EU-Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll, fügte an: „Nach dem Konjunkturhöchststand im Jahr 2017 dürfte sich das Wachstum in der EU im Jahr 2019 weiter auf 1,5 Prozent abschwächen. Diese Verlangsamung wird aufgrund binnenwirtschaftlicher Faktoren in unseren größten Volkswirtschaften und der Unsicherheiten im Welthandel ausgeprägter sein als im Herbst erwartet, insbesondere im Euro-Währungsgebiet. Dennoch sind Europas Fundamentalfaktoren nach wie vor solide und es gibt weiterhin positive Entwicklungen zu vermelden, insbesondere bei der Beschäftigung. Das Wachstum dürfte in der zweiten Hälfte dieses Jahres und im Jahr 2020 allmählich wieder anziehen.“

Das Wachstum hat sich in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres abgeschwächt. Gründe hierfür sind ein Rückgang des Welthandels, eine Abnahme der Zuversicht wegen Unwägbarkeiten und ein Rückgang der Produktion in einigen Mitgliedstaaten durch vorübergehende binnenwirtschaftliche Faktoren. Einige Beispiele sind Ausfälle im Automobilbau, soziale Spannungen und die unsichere finanzpolitische Lage. Infolgedessen ist das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sowohl im Euroraum als auch in der EU ebenso von 2,4 Prozent im Jahr 2017 auf 1,9 Prozent im Jahr 2018 zurückgegangen (Herbstprognose: je 2,1 Prozent für EU-28 und Euroraum).

Die Konjunkturdynamik war zu Beginn dieses Jahres verhalten und die Fundamentalfaktoren bleiben weiterhin günstig. Das Wirtschaftswachstum wird sich in abgeschwächter Form weiter entwickeln. Die europäische Wirtschaft dürfte nach wie vor von einer sich verbessernden Arbeitsmarktlage, günstigen Finanzierungsbedingungen und einer leicht expansiven Fiskalpolitik profitieren. Nach der aktuellen Prognose wird das BIP im Euroraum 2019 um 1,3 Prozent und 2020 um 1,6 Prozent wachsen (Herbstprognose: 1,9 Prozent für 2019 und 1,7 Prozent für 2020). Auch für die EU wurde die BIP-Wachstumserwartung heruntergeschraubt, und zwar auf 1,5 Prozent im Jahr 2019 und 1,7 Prozent im Jahr 2020 (Herbstprognose: 1,9 Prozent für 2019 und 1,8 Prozent für 2020).

Viele Mitgliedstaaten profitieren nach wie vor von einer robusten Inlandsnachfrage, die unter anderem durch EU-Fonds Auftrieb erhält.

Inflation

Gegen Ende 2018 ließ die Verbraucherpreisinflation im Euroraum nach, was einem abrupten Energiepreisrückgang und dem geringeren Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln zuzuschreiben ist. Die Kerninflation, bei der Preise für Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel ausgeklammert werden, blieb das ganze Jahr über gedämpft, obwohl die Löhne schneller stiegen. Die Gesamtinflation (HVPI) lag 2018 bei durchschnittlich 1,7 Prozent, nach 1,5 Prozent im Jahr 2017. Da inzwischen für dieses und für nächstes Jahr von niedrigeren Ölpreisen ausgegangen wird als noch im Herbst, wird 2019 mit einem Rückgang der Euroraum-Inflation auf 1,4 Prozent gerechnet, bevor diese 2020 leicht auf 1,5 Prozent anzieht. Für die EU wird in diesem Jahr eine durchschnittliche Inflation von 1,6 Prozent erwartet, die sich 2020 auf 1,8 Prozent erhöhen wird.

Globale Unsicherheiten

Der Wirtschaftsausblick ist mit hoher Unsicherheit behaftet und die Prognosen unterliegen Abwärtsrisiken. Auch wenn die handelspolitischen Spannungen, die das Wirtschaftsklima seit einiger Zeit belasten, etwas nachgelassen haben, bereiten sie doch weiterhin Sorge. Die chinesische Konjunktur könnte drastischer an Tempo verlieren als erwartet und die globalen Finanzmärkte sowie viele aufstrebende Märkte sind für abrupte Veränderungen der Risikowahrnehmung und der Wachstumserwartungen anfällig. Für die EU ist der Brexit nach wie vor ein Unsicherheitsfaktor.

Rein technische Annahmen für 2019 beim Vereinigten Königreich

Vor dem Hintergrund des bevorstehenden Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU beruhen die Prognosen für 2019 und 2020 auf der rein technischen Annahme, dass die Handelsströme zwischen der EU-27 und dem Vereinigtes Königreich unverändert bleiben. Dies dient einzig und allein Prognosezwecken und lässt das Verfahren nach Artikel 50 unberührt.

Hintergrund

Die Prognose basiert auf einer Reihe technischer Annahmen für Wechselkurse, Zinssätze und Rohstoffpreise mit Stichtag 25. Januar 2019. Bei allen anderen Eingangsdaten wurden Informationen bis einschließlich 31. Januar berücksichtigt.

Die Europäische Kommission veröffentlicht jedes Jahr zwei umfassende Prognosen (im Frühjahr und im Herbst) und zwei Zwischenprognosen (im Winter und im Sommer). Die Zwischenprognosen enthalten jährliche und vierteljährliche BIP- und Inflationszahlen für das laufende und das folgende Jahr für alle Mitgliedstaaten und das Euro-Währungsgebiet sowie die aggregierten Zahlen für die EU insgesamt.

Als nächste umfassende Prognose wird die Europäische Kommission im Mai 2019 ihre Frühjahrsprognose 2019 vorlegen.

Links zum Thema:

Winterprognose 2019: Mäßigeres Wachstum angesichts globaler Unsicherheiten
Presseinformation der EU-Kommission vom 07.02.2019.

Die Prognose in voller Länge: Zwischenprognose Winter 2019

Herbstprognose 2018: anhaltendes, aber weniger dynamisches Wachstum bei hoher Unsicherheit
Presseinformation der EU-Kommission vom 07.02.2019.

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.