Zukunft von Schengen: Präsidentin von der Leyen skizziert Handlungsbedarf © Europäische Union, 2018, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Mauro Bottaro

30.11.2020 Brüssel. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat heute (Montag) die wichtigsten Handlungsfelder für eine Weiterentwicklung des Schengen-Systems skizziert. Dazu gehören die Sicherung der Außengrenzen, eine engere polizeiliche Zusammenarbeit und eine Verbesserung des Schengen-Evaluierungsmechanismus. „Lassen Sie mich aber klar sein bei einem wichtigen Thema. Wenn wir Schengen weiterentwickeln, können wir beim Fundament keine Kompromisse eingehen. Jegliche Kontrollen an den Binnengrenzen müssen ein letzter Ausweg sein“, so von der Leyen heute auf dem von der Kommission organisiertem Schengen-Forum, an dem die Innenminister der EU und Mitglieder des Europäischen Parlaments teilnehmen. Die Kommission werde ihre Strategie zur Zukunft des Schengen-Systems im Mai nächsten Jahres vorlegen, so von der Leyen.

Zur Zukunft des Schengen-Systems sagte von der Leyen: „Ich sehe drei Arbeitsfelder. Erstens: Ein Raum ohne Binnengrenzen braucht eine vollständig sichere Außengrenze. Niemand darf die Grenze unbemerkt passieren, und alle Sicherheitsrisiken müssen erkannt werden. Dies gilt für EU- und Nicht-EU-Bürger gleichermaßen. Dazu brauchen wir hochmoderne Informationssysteme, die wir bereits aufbauen. Dies muss schnell geschehen. Und wir brauchen auch gute Verfahren, wie das Screening-Verfahren für irregulär ankommende Personen. Das haben wir im neuen Migrations- und Asylpaket vorgeschlagen.

Zweitens müssen wir die Sicherheit innerhalb unseres gemeinsamen Raums gewährleisten. Eine enge polizeiliche Zusammenarbeit sollte die Regel sein, nicht die Ausnahme. Zum Beispiel ein besserer und schnellerer Austausch von Daten, wie Fingerabdrücke von Verdächtigen, oder eine stärkere Rolle für Europol.

Und drittens braucht Schengen eine bessere Governance. Wir müssen an unserem System der Evaluierung und Überwachung arbeiten. Wir müssen volles Vertrauen in die Anwendung der Regeln überall in Europa haben. Und ich glaube, wir brauchen eine bessere, gemeinsame politische Steuerung von Schengen, mit dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten.“

Zur Bedeutung von Schengen betonte die Kommissionspräsidentin: „Grenzkontrollen sind anekdotisch geworden. Dank Schengen transportieren Unternehmen Waren auf unserem Binnenmarkt mit Just-in-time-Lieferketten. Dank Schengen konnten sich die Binnengrenzregionen, die 40 Prozent des EU-Gebiets ausmachen, für ihre Nachbarn öffnen. Dank Schengen konnten zwei Millionen Menschen als Grenzgänger Arbeit finden. Und, was am wichtigsten ist, die Menschen haben grenzüberschreitende Verbindungen und europäische Familien geschaffen.

Die ersten Monate der Pandemie haben uns gezeigt, was passiert, wenn Schengen nicht mehr funktioniert: Europa kommt zum Stillstand. Es mag wie ein Paradox klingen, aber diese Erfahrung hat mich sehr zuversichtlich für die Zukunft von Schengen gemacht. Es ist zu kostbar für uns alle. Wir werden nicht zulassen, dass es scheitert. Aber das bedeutet nicht, dass wir Schengen als selbstverständlich hinnehmen können. Die letzten Jahre haben Schengen strapaziert. Zwischen 2006 und 2014, also innerhalb von 9 Jahren, wurden die Kontrollen an den Binnengrenzen 35 Mal wiedereingeführt. Aber seit 2015, in weniger als 5 Jahren, wurden die Kontrollen an den Binnengrenzen 205 Mal wiedereingeführt. Dies ist ein deutlicher Anstieg. Wir müssen die Gründe dafür verstehen und sie dringend angehen.

Tatsache ist, dass die Herausforderungen, vor denen Schengen heute steht, nicht mehr dieselben sind wie vor 25 Jahren. Wir sollten uns diesen Herausforderungen offensiv stellen. Ich bin zuversichtlich, dass wir Schengen weiterentwickeln können und müssen, ohne seine Vorteile aufzugeben.“

Hintergrund

Der Schengen-Raum umfasst 26 Länder, die Personengrenzkontrollen an ihren Binnengrenzen grundsätzlich abgeschafft habe. Das erste Schengen-Forum der Kommission mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments und den Innenministern zielt darauf ab, die konkrete Zusammenarbeit und den politischen Dialog zu fördern, um einen widerstandsfähigeren Schengen-Raum aufzubauen.

Die Diskussionen sollen in die Strategie für einen stärkeren Schengen-Raum einfließen, die Mitte 2021 vorgelegt werden soll. Zu den Diskussionsthemen gehören die Stärkung der Verwaltung des Schengen-Raums, die Verbesserung des Mechanismus zur Bewertung der Umsetzung der Schengen-Regeln, die Lehren aus den Erfahrungen mit der Coronavirus-Pandemie, die Suche nach einem Weg zur Überarbeitung des Schengener Grenzkodexes, die bessere Nutzung alternativer Maßnahmen zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen, die bessere Verwaltung der EU-Außengrenzen sowie die Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs.

Links zum Thema:

Vollständige Rede von Kommissionspräsidentin von der Leyen (auf Englisch)

Hintergrundinformationen zum Schengen-System hier.

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.