77. Europaministerkonferenz in Brüssel – Niedersachsen gibt Vorsitz an Nordrhein-Westfalen
08.06.2018 Brüssel/Hannover – Die Europaministerinnen und Europaminister der Länder haben sich bei der 77. Europaministerkonferenz (EMK) am Donnerstag in Brüssel darauf geeignet, sich gemeinsam mit abgestimmten Positionen in die Debatte um den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der Europäischen Union einzumischen.
„Nachdem immer mehr Legislativvorschläge vorliegen, wird zunehmend klarer, was die EU-Kommission im Detail vorhat. Als Bundesländer wollen wir mit einer Stimme sprechen“, sagte die niedersächsische Europaministerin Birgit Honé als Vorsitzende der Konferenz. Es gebe gute Überlegungen der Kommission, etwa bei der verstärkten Förderung von Forschung und Entwicklung. „Wir können aber nicht zufrieden sein mit den Kürzungen der Kohäsionsmittel.“
Besorgnis erregend bleibt die Entwicklung der Brexit-Verhandlungen. Vor der EMK gab die Vize-Chefunterhändlerin der EU-Kommission, Sabine Weyand, einen Bericht zum derzeitigen Stand. Danach gehen die Gespräche zwischen der Kommission und Großbritannien weiterhin nur stockend voran. „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass ein Scheitern der Verhandlungen nicht ausgeschlossen werden kann. Das hätte vor allem für Großbritannien fatale Folgen. Aber auch für die deutschen Länder würden sich daraus erhebliche Probleme ergeben. Wir können nur an alle Beteiligten appellieren, die letzten Monate zu nutzen, um zu einem tragfähigen Ergebnis zu kommen“, sagte Honé.
Am 30. Juni endet der EMK-Vorsitz Niedersachsens. Nächstes Vorsitzland ist Nordrhein-Westfalen. Ministerin Honé übergab deshalb zum Ende der Konferenz in Brüssel die Tischglocke der EMK als Vorsitzsymbol an den nordrhein-westfälischen Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner.
Unter Vorsitz Niedersachsens waren drei Europaministerkonferenzen veranstaltet worden: im September 2017 in Hannover, im Februar 2018 in Berlin und nun in Brüssel. Dabei standen die Themen MFR und Brexit immer wieder auf der Tagesordnung. Darüber hinaus wurden unter anderem folgende Beschlüsse gefasst:
75. EMK (27./28. September 2017 in Hannover)
Auf der Jubiläums-Konferenz in Hannover brachten sich die Länder mit einem eigenen Beschluss in die Debatte über die Zukunft der EU ein. Als Reaktion auf die Sorbonne-Rede des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron formulierten die Länder die wesentlichen Zukunftsfelder: die Rolle der EU in der globalisierten Welt, die soziale Dimension Europas und die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion.
Vor dem Hintergrund erstarkender europafeindlicher Rechtspopulisten hat sich die EMK zu einem geeinten, offenen und demokratischen Europa bekannt. Sie hat auch unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie populistischen europafeindlichen Positionen wie auch menschenverachtenden und nationalistischen Parolen mit allen demokratischen Mitteln entgegentreten wird.
76. EMK (15. Februar 2018 in Berlin)
In ihrem Beschluss zur EU-Außenhandelspolitik sprach sich die EMK für eine moderne Handelspolitik aus. Es gelte, faire Wettbewerbsbedingungen und die hohen EU-Standards im Arbeitnehmer-, Verbraucher- und Umweltschutz zu sichern. Die EU müsse die handelspolitischen Schutzinstrumente nutzen, um protektionistischen Tendenzen, unfairer Subventionspolitik und Dumping entschieden entgegenzutreten.
Die EMK beschloss zudem auf Initiative Niedersachsens, dass sich die Länder zukünftig noch aktiver in der Entwicklungszusammenarbeit einbringen werden. Damit unterstützen die Länder die europäische Entwicklungszusammenarbeit und die Umsetzung der UN-Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele.
77. EMK (7. Juni 2018)
Die Mitglieder der Europaministerkonferenz zeigen sich besorgt über den Zustand des Verhältnisses zwischen EU und Türkei, insbesondere wegen der Eingriffe der türkischen Regierung in die Meinungs- und Pressefreiheit. Diese seien Wesenselemente des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich. Vor diesem Hintergrund teilt die Europaministerkonferenz die Einschätzung der Europäischen Kommission, wonach sich die Türkei von der EU wegbewegt hat und unter diesen Umständen nicht in Betracht gezogen werden kann, neue Kapitel zu öffnen.
Zudem hat sich die EMK für die Unterstützung des Projekts Juniorwahl an Schulen ausgesprochen. Die Mitglieder sehen es als zentrale Aufgabe an, für eine hohe Wahlbeteiligung und eine Abstimmung pro Europa zu werben. Deshalb sei es gut, wenn in vielen Schulen überall in Deutschland mit der Juniorwahl das Thema Europa intensiv diskutiert werde.
Angesichts der Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion hat sich die EMK in einem Beschluss „Soziales Europa“ dafür ausgesprochen, dass Sozialstaatlichkeit und Solidarität nicht ins Hintertreffen geraten dürfen. Diese müssen eine zentrale Rolle in den Reformüberlegungen der EU spielen, damit bewährte Schutzstandards (z.B. Mindestlohn, Arbeitszeit, Gesundheitsschutz) bestehen bleiben.
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