17.01.2018 Brüssel. Der am Dienstag (16. Januar) von der Europäischen Kommission veröffentlichte Beihilfenanzeiger 2017 veranschaulicht die erfolgreiche Modernisierung des Beihilferechts der Europäischen Union (EU) durch Juncker-Kommission. „Mehr als 97 Prozent der neuen Beihilfemaßnahmen werden ohne vorherige Genehmigung der Kommission ausgezahlt“, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. „Unsere Modernisierung des Beihilferechts bedeutet weniger Bürokratie und schnellere Mittelverwendung. So kann die Kommission sich auf die Maßnahmen konzentrieren, die den Wettbewerb am stärksten beeinflussen, also in großen Fragen Größe und Ehrgeiz zeigen und sich in kleinen Fragen durch Zurückhaltung auszeichnen. Dies kommt allen Bürgern Europas zugute.“
Der jährlich erscheinende Beihilfenanzeiger beruht auf Aufstellungen der EU-Mitgliedstaaten über ihre einschlägigen Ausgaben und umfasst sämtliche laufenden Beihilfemaßnahmen zugunsten des verarbeitenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors, der Landwirtschaft und der Fischerei. Ebenfalls erfasst werden Beihilfen für Finanzinstitute im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Dagegen bleiben Beihilfen für den Schienenverkehr und für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unberücksichtigt.
Wichtigste Ergebnisse aus dem Beihilfenanzeiger 2017:
- Mehr als 97 Prozent der neuen Beihilfemaßnahmen, die zu Auszahlungen führten, fielen unter die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) und konnten so rascher ausgezahlt werden. Gegenüber 2013 hat die Anzahl dieser Beihilfen um 25 Prozent zugenommen. Diese Entwicklung steht im Einklang mit dem Vorschlag der EU-Kommission im Rahmen des Szenarios „Weniger, aber effizienter“ aus dem Weißbuch zur Zukunft Europas – in bestimmten Bereichen sollen raschere und größere Fortschritte erzielt werden, auf anderen Gebieten hingegen, wo der Mehrwert geringer wäre, soll weniger unternommen werden. Die Taskforce für Subsidiarität und Proportionalität unter dem Vorsitz des Ersten Vizepräsidenten der EU-Kommission Frans Timmermans prüft auch, in welchen Bereichen die Zuständigkeiten an die EU-Mitgliedstaaten zurückübertragen oder ihnen endgültig zurückgegeben werden könnten.
- Die Gesamtausgaben im Rahmen der AGVO sind 2016 in folgenden Bereichen stark angestiegen:
- Breitbanddienste, lokale und Freizeit‑/Sporteinrichtungen (+99 Prozent),
- Forschung, Entwicklung und Innovation (+89 Prozent),
- Beihilfen für Kultur und die Erhaltung des kulturellen Erbes (+57 Prozent),
- kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Risikofinanzierung (+39 Prozent) und
- Umweltschutz und Energieeinsparungen (+23 Prozent).
Auch daran lässt sich ablesen, dass die derzeitigen Beihilfevorschriften gut konzipierte Beihilfen fördern, die auf Ziele im gemeinsamen Interesse der EU-Mitgliedstaaten ausgerichtet sind, die breiter angelegte politische Initiativen der EU ergänzen.
- Aus dem steigenden Anteil der unter die AGVO fallenden Ausgaben geht hervor, dass bei der EU-Kommission registrierte Beihilfemaßnahmen nun im Schnitt wesentlich schneller von den EU-Mitgliedstaaten durchgeführt werden als in der Vergangenheit. Die Zeitspanne für die Durchführung staatlicher Beihilfen hat sich seit 2013 um durchschnittlich 20 Prozent verkürzt.
- Gleichzeitig haben die zur Genehmigung angemeldeten Maßnahmen, die auch weiterhin genauer geprüft werden, in der Regel nun eine höhere Mittelausstattung und führen zu höheren Auszahlungen als früher. Damit wird die EU-Kommission ihrem generellen Anspruch gerecht, sich verstärkt auf größere Vorhaben zu konzentrieren. Die jährliche Mittelausstattung der durchgeführten angemeldeten Maßnahmen lag bei rund 222 Millionen Euro und damit um rund 18 Prozent höher als 2015 bzw. um 124 Prozent höher als 2013.
- 2016 haben die EU-Mitgliedstaaten 105,9 Milliarden Euro, d.h. 0,71 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU, für Beihilfen ausgegeben. 2015 lagen diese Zahlen bei 100,2 Euro bzw. 0,68 Prozent des EU-BIP.
- Zu rund 94 Prozent dienen die Ausgaben für Beihilfen horizontalen Zielen von gemeinsamem Interesse für alle EU-Mitgliedstaaten, wie z.B. Umweltschutz, Forschung, Entwicklung, Innovation und regionale Entwicklung. Insbesondere wurden rund 53 Prozent der Gesamtausgaben für Umweltschutz- und Energiesparmaßnahmen verwendet. Dies war in erster Linie auf die in vielen Mitgliedstaaten erfolgte Genehmigung zahlreicher Initiativen im Bereich der erneuerbaren Energien zurückzuführen. Diese Kategorie, die insbesondere auf die Verwirklichung der Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien abzielt, liegt in 15 Mitgliedstaaten an der Spitze der Ausgabenstatistik.
- Was den Finanzsektor angeht, war der Umfang sowohl der genehmigten als auch der ausgezahlten Beihilfen so niedrig wie nie seit Beginn der Krise. So hat 2016 erstmals keine Bank mehr eine Rekapitalisierungsbeihilfe in Anspruch genommen. Auch stützt sich der europäische Bankensektor in immer geringerem Maße auf staatliche Garantien für Liquiditätsfazilitäten, da wieder Kredite auf dem Markt aufgenommen werden können.
Modernisierung des Beihilfenrechts
Seit Mai 2012 wurde das EU-Beihilferecht von der EU-Kommission einer groß angelegten Modernisierung unterzogen. Auf der Grundlage der neuen Vorschriften können die EU-Mitgliedstaaten Beihilfen zur Förderung von Investitionen, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung rasch durchführen, und die EU-Kommission kann ihre Beihilfenkontrolle auf die potenziell für den Wettbewerb am schädlichsten Maßnahmen konzentrieren.
Als Teil dieses Pakets wurden im Juli 2014 und im Jahr 2017 neue Regeln zur Verringerung des Verwaltungsaufwands eingeführt, um weniger wettbewerbsschädliche Beihilfen von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung auszunehmen (Gruppenfreistellungsverordnung, deren Volltext). Gleichzeitig werden Maßnahmen, die den Wettbewerb erheblich verfälschen oder den Binnenmarkt fragmentieren könnten, genauer geprüft.
Es wurden einige Vorkehrungen in den Bereichen Transparenz, Kontrolle und Evaluierung getroffen, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Flexibilität und Verantwortung zu wahren.
Da wettbewerbsrechtlich unproblematische Beihilfen nicht länger von den EU-Mitgliedstaaten angemeldet werden müssen, können sich die Kommissionsdienststellen jetzt intensiv mit den komplexeren Beihilfevorhaben befassen. Trotz der zunehmenden Komplexität der Fälle liegt die Bearbeitungszeit nun stabil bei etwa fünf Monaten.
Aufgrund der neuen Transparenzerfordernisse sind die EU-Mitgliedstaaten seit dem 1. Juli 2016 insbesondere verpflichtet, die Namen der Beihilfeempfänger und ausgezahlte Beträge von mehr als 500.000 Euro zu veröffentlichen. Die EU-Kommission hat eine neue Datenbank – die Beihilfentransparenzdatenbank – entwickelt, in der alle EU-Mitgliedstaaten Informationen veröffentlichen sollen. Aktuell enthält sie Angaben von 22 Mitgliedstaaten zu über 15.000 gewährten Beihilfen.
Link zum Thema:
Staatliche Beihilfen: Beihilfenanzeiger 2017 belegt schnellere Durchführung öffentlicher Fördermaßnahmen durch die Mitgliedstaaten aufgrund der gelungenen Modernisierung des Beihilferechts
PresseInformation der EU-Kommission vom 16. Januar 2018.