07.11.2018 Straßburg – Die Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen über den Haushalt 2019 haben begonnen. Wir haben Berichterstatter Daniele Viotti (S&D, IT) gefragt, welche die Prioritäten des Parlaments sind.

Wie würden Sie den Haushaltsvorschlag des EU-Parlaments für das kommende Jahr beschreiben?

Wir haben uns auf zwei für Europa sehr wichtige Themen konzentriert. Zum Ersten junge Menschen und zum Zweiten die Migrationskrise. Wir haben viel am Programm Horizon [Forschung], der Connecting Europe Facility [Infrastruktur], COSME [kleine und mittlere Unternehmen, KMU] und an der Jugendgarantie gearbeitet. Wir wollen alle Kürzungen wiederherstellen, die der Rat im Juli vorgeschlagen hat.

Wir wollen den Rat beim Thema Migration auffordern, die geopolitischen Herausforderungen der EU anzugehen und Migranten und potenziellen Migranten zu helfen. Wir wollen Armut und Hunger bekämpfen und Drittländer in Afrika und anderswo dabei unterstützen, ihre Industrien, ihre Wirtschaft und Infrastrukturen zu entwickeln. Ich hoffe, der Rat versteht, dass wir hier auf die Anliegen vieler Mitgliedstaaten eingehen. Wenn der Rat mich auffordert, Kürzungen vorzunehmen, werde ich sie in Frage stellen. Dies wird eine große Herausforderung bei den Verhandlungen sein.

Ausnahmsweise schlagen alle EU-Institutionen für das nächste Jahr einen höheren Haushalt vor als in diesem Jahr. Warum ist dies so?

Unsere Programme entwickeln sich, und mehr Universitäten, KMU und lokale Behörden fordern Geld für ihre Projekte. Deshalb brauchen wir nächstes Jahr mehr Mittel. Wir sind mitten im aktuellen MFR [Mehrjähriger Finanzrahmen, langfristiger Haushalt der EU], sodass wir uns an einem Punkt befinden, an dem wir beginnen, Geld für die Projekte auszuzahlen. Ich möchte nicht in die gleiche Situation geraten wie 2014, als wir eine Zahlungskrise hatten.

Der Rat hat für eine Reihe von Programmen Kürzungen im nächsten Jahr vorgeschlagen. Welche sind Ihrer Meinung nach die schwerwiegendsten und was sind die Folgen?

Am schwerwiegendsten ist die Haltung des Rates, die er jedes Jahr vertritt. Es geht hier nicht nur um eine Kürzung hier und da. Es ist seine Vision, der ich mich entgegenstelle. Es ist die Vision eines sehr kleinen Europas. Er fordert die Kommission immer auf, in Notfällen mehr zu tun, will aber jedes Jahr weniger Geld bereitstellen.

Wenn ich mich entscheiden muss, dann würde ich sagen, dass die Kürzungen für Horizon, CEF, COSME und die Jugendgarantie die schwerwiegendsten sind, denn hier geht es um unsere Zukunft. Um neben China, den USA und Indien wettbewerbsfähig zu sein, müssen wir in Forschung, Energie und Entwicklung investieren… Ich verstehe die Gründe für die Einsparungen nicht.

Prognosen zufolge werden nur 19,3 Prozent des EU-Haushalts für 2014 bis 2020 in klimabezogene Maßnahmen fließen, was unter dem 20 Prozent-Ziel liegt. Was ist da passiert?

Aus diesem Grund wollen wir die klimabezogenen Maßnahmen stärken. Wir haben versucht, hier so viel Geld wie möglich zu investieren. Ich glaube nicht, dass wir das Ziel im Haushalt des kommenden Jahres erreichen werden. Parallel dazu arbeiten wir jedoch am kommenden mehrjährigen Finanzrahmen, bei dem wir uns eine höhere Zielsetzung für die Klimapolitik wünschen.

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