22.03.2018 Brüssel. Die Europäische Kommission hat die Übernahme von Monsanto durch Bayer nach der Fusionskontrollverordnung der Europäischen Union (EU) geprüft und genehmigt. Um die Genehmigung zu erhalten, mussten die Fusionsparteien weitreichende Verpflichtungszusagen machen. Bayer und Monsanto werden in den Bereichen Saatgut, Pflanzenschutzmittel und digitale Landwirtschaft Geschäfte im Volumen von über 6 Milliarden Euro abgeben, damit ein wirksamer Wettbewerb und ein vielfältiges Angebot für die europäischen Landwirte gewährleistet bleibt.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu am Mittwoch (21. März) in Brüssel: „Wir haben die Übernahme von Monsanto durch Bayer genehmigt, weil unsere wettbewerbsrechtlichen Bedenken durch die von den Unternehmen vorgelegten Verpflichtungszusagen, die einen Umfang von weit über 6 Milliarden Euro haben, vollständig ausgeräumt werden. Dadurch wird gewährleistet, dass auf den Märkten für Saatgut, Pflanzenschutzmittel und digitale Landwirtschaft auch nach dem Zusammenschluss wirksamer Produkt- und Innovationswettbewerb herrscht.“
Vestager weiter: „Insbesondere wird sich die Zahl der weltweit tätigen Unternehmen, die auf diesen Märkten miteinander im Wettbewerb stehen, infolge des Zusammenschlusses nicht verringern. Nur reger Wettbewerb kann nämlich dafür sorgen, dass die Landwirte zu erschwinglichen Preisen verschiedene Saatgutsorten und Pflanzenschutzmittel kaufen können. Außerdem ist Wettbewerb die Voraussetzung dafür, dass die Unternehmen weiterhin in die digitale Landwirtschaft investieren und neue Produkte entwickeln, die zum Wohle aller europäischen Bürger sowie der Umwelt die hohen regulatorischen Vorgaben in Europa erfüllen.“
Dem am Mittwoch gefassten Beschluss der EU-Kommission ging eine eingehende Prüfung der geplanten Übernahme von Monsanto durch Bayer voraus. Monsanto ist der weltweit größte Anbieter von Saatgut. Das Unternehmen erwirtschaftet einen Großteil seines Umsatzes in den USA und in Lateinamerika. Monsanto vertreibt unter anderem Glyphosat, das weltweit am häufigsten verwendete Unkrautvernichtungsmittel. Bayer ist der weltweit zweitgrößte Anbieter von Pflanzenschutzmitteln. Das Unternehmen ist stärker auf den europäischen Markt ausgerichtet. Außerdem ist das Unternehmen weltweit ein wichtiger Anbieter von Saatgut für eine Reihe von Getreidesorten. Durch die Übernahme entsteht der weltweit größte integrierte Anbieter von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln.
Im Rahmen ihrer eingehenden Prüfung hat die EUKommission mehr als 2.000 unterschiedliche Produktmärkte und über 2,7 Millionen interne Dokumente unter die Lupe genommen. Dabei gelangte sie zu dem Ergebnis, dass der Zusammenschluss in seiner ursprünglich angemeldeten Form zu einer erheblichen Beschränkung des Preis- und Innovationswettbewerbs auf verschiedenen europäischen und weltweiten Märkten geführt hätte. Außerdem hatte die EU-Kommission Bedenken, dass durch den Zusammenschluss die beherrschende Stellung von Monsanto auf bestimmten Märkten, auf denen Bayer ein wichtiger Wettbewerber ist, gestärkt würde.
Durch die von Bayer übermittelten Verpflichtungszusagen werden diese wettbewerbsrechtlichen Bedenken vollständig ausgeräumt.
- Die Verpflichtungen sehen vor, dass sämtliche Überschneidungen zwischen den Geschäftstätigkeiten der Zusammenschlussparteien in den Bereichen Saatgut und Pflanzenschutzmittel, zu denen Bedenken geäußert wurden, durch die Veräußerung der entsprechenden Geschäftssparten bzw. Vermögenswerte von Bayer vollständig beseitigt werden.
- Von den Veräußerungen betroffen sind die weltweite Forschung und Entwicklung von Bayer in Bezug auf Saatgut und agronomische Merkmale sowie seine Forschungstätigkeiten zur Entwicklung eines Konkurrenzprodukts für das Monsanto-Produkt Glyphosat. Außerdem erstrecken sie sich auf eine Reihe von Vermögenswerten von Monsanto, die künftig Wettbewerbsdruck auf die von Bayer angebotenen Saatgutbehandlungsmittel zum Schutz gegen Fadenwürmer ausüben sollten.
- Und schließlich wird Bayer einem dritten Unternehmen im Rahmen der Verpflichtungen Lizenzen für sein gesamtes weltweit bestehendes und in der Entwicklung befindliches Produktportfolio im Bereich der digitalen Landwirtschaft erteilen.
Auf dieser Grundlage kam die EU-Kommission im Rahmen ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass das Veräußerungspaket einen geeigneten Käufer in die Lage versetzen wird, zum Wohle der Landwirte und Verbraucher in Europa die wettbewerbliche Rolle von Bayer auf diesen Märkten nachhaltig zu übernehmen und auch dessen Innovationstätigkeit fortzuführen.
Bayer hat BASF als Käufer des Veräußerungspakets vorgeschlagen. Noch nicht abgeschlossen hat die EU-Kommission die Prüfung,
- ob sämtliche Anforderungen an einen geeigneten Käufer mit der Veräußerung an die BASF erfüllt werden und
- ob letztere gegebenenfalls zu anderen problematischen Überschneidungen oder Wettbewerbsbedenken führt.
Bayer und Monsanto dürfen den Zusammenschluss erst vollziehen, wenn die EU-Kommission die Prüfung des vorgeschlagenen Käufers abgeschlossen hat.
Die Fusion von Bayer und Monsanto ist die dritte auf dem Saatgut- und Pflanzenschutzmittel innerhalb eines kurzen Zeitraums. Im Einklang mit ihrer Beschlusspraxis prüft die EU-Kommission Zusammenschlüsse innerhalb eines Wirtschaftszweigs in der Reihenfolge ihrer Anmeldung. Die Beurteilung des Zusammenschlusses von Bayer und Monsanto erfolgt auf der Grundlage der Marktsituation, wie sie sich nach den Zusammenschlüssen von Dow und DuPont sowie von ChemChina und Syngenta darstellt, und trägt auch den jeweiligen Abhilfemaßnahmen Rechnung.
Bei Saatgut und Pflanzenschutzmitteln spielen natürlich auch andere, über den Bereich der Wettbewerbspolitik hinausgehende wichtige Belange eine große Rolle, beispielsweise der Verbraucherschutz, die Lebensmittelsicherheit und der Umwelt und Klimaschutz. Die strengen einschlägigen nationalen und europäischen Normen werden durch das Fusionsvorhaben in keiner Weise berührt und gelten nach wie vor uneingeschränkt.
Veräußerung an die BASF
Bayer hat in seinen Verpflichtungszusagen die BASF als Käufer der Pakete „Saatgut und agronomische Merkmale für den großflächigen Anbau“, „Pflanzenschutzmittel“ und „digitale Landwirtschaft“ vorgeschlagen.
Auf den ersten Blick hat es den Anschein, dass BASF ein geeigneter Käufer sein könnte, da das Unternehmen derzeit weder Saatgut noch Totalherbizide vertreibt und somit nur begrenzte horizontale Überschneidungen in diesem Bereich bestehen. Zudem verfügt BASF bereits über eine eigene, komplementäre weltweite Sparte für Pflanzenschutzmittel und über die notwendige Finanzkraft, um im Wettbewerb bestehen zu können. Im Rahmen eines Markttests äußerten sich Wettbewerber und Kunden größtenteils positiv zur Eignung der BASF als Käufer.
Bayer und BASF müssen der EU-Kommission jedoch noch weitere Beweise dafür vorlegen, dass BASF die Fähigkeiten und Anreize hätte, das zu veräußernde Geschäft als aktiver Wettbewerber des aus dem Zusammenschluss hervorgehenden Unternehmens zu betreiben und weiterzuentwickeln und so an die Stelle Bayers als ein aktiver Wettbewerber gegen das fusionierte Unternehmen anzutreten. Auch in Bezug auf mögliche Überschneidungen ihrer Forschungstätigkeiten zu Merkmalen und Herbiziden hat die EU-Kommission zusätzliche Informationen angefordert.
Das Ergebnis dieser Untersuchung ist gegenwärtig noch nicht absehbar. Bayer kann die Übernahme von Monsanto erst dann vollziehen, wenn die EU-Kommission die endgültige Veräußerung des gesamten Pakets an BASF förmlich geprüft und genehmigt hat.
In den Verpflichtungszusagen betreffend Gemüsesamen wird kein Käufer vorgeschlagen. Auch hier hat Bayer inzwischen vorgeschlagen, die betreffende Sparte an die BASF abzugeben. Wie in den anderen Bereichen muss der Käufer aber vorab von der EU-Kommission genehmigt werden.
Die Veräußerung der beiden Pakete an die BASF hat inzwischen eine weitere Anmeldung gemäß der Fusionskontrollverordnung nach sich gezogen. Das Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Prüfung ist offen.
Internationale Zusammenarbeit
Die EU-Kommission hat in dieser Sache sehr eng mit einer Reihe von Wettbewerbsbehörden – dem US-Justizministerium, aber auch den Kartellbehörden Australiens, Brasiliens, Kanadas, Chinas, Indiens und Südafrikas – zusammengearbeitet.
Weitere, nicht dem Wettbewerbsrecht zuzurechnende Bedenken
Der EU-Kommission sind im Laufe ihrer Untersuchung zahlreiche Petitionen über E-Mail, Postkarten, Briefe und Twitter zugegangen, in denen Bedenken hinsichtlich des geplanten Zusammenschlusses geltend gemacht wurden. Die Prüfungsbefugnis der EU-Kommission auf der Grundlage der Fusionskontrollvorschriften beschränkt sich jedoch auf rein wettbewerbsrechtliche Fragen. Ihre Würdigung muss unparteiisch sein und kann vor den Gerichten der EU überprüft werden.
Die in den Petitionen geltend gemachten Bedenken betrafen europäische und einzelstaatliche Rechtsvorschriften zur Lebensmittelsicherheit sowie verbraucher-, umwelt- und klimapolitische Belange. Auch wenn es sich dabei um wichtige Anliegen handelt, können sie nicht für eine wettbewerbsrechtliche Prüfung herangezogen werden. Die EU-Wettbewerbskommissarin Vestager hat im August 2017 eine Antwort auf diese Petitionen veröffentlicht.
Weitere Informationen zu dieser Wettbewerbssache werden auf der Website der Generaldirektion (GD) ‚Wettbewerb‘ der EU-Kommission im öffentlich zugänglichen Register unter der Nummer M.8084 veröffentlicht.
Links zum Thema:
Brüssel erlaubt Bayer Mega-Übernahme von Monsanto unter Auflagen
Weitere Nachricht vom 22. März 2018 zum Thema.
Fusionskontrolle: Kommission knüpft Übernahme von Monsanto durch Bayer an Bedingungen
PresseInformation der EU-Kommission vom 21. März 2018 mit weiterführenden Informationen zum Thema.
Statement by Commissioner Vestager on Commission decision to give conditional approval to Bayer’s plans to buy Monsanto and decision fining producers of capacitors €254 million for participating in a cartel
Text des Eingangserklärung von EU-Kommissarin Margrethe Vestager in der Pressekonferenz am 21. März 2018 in Brüssel.
EC press conference by Commissioner Margrethe VESTAGER on Bayer/Monsanto merger case and on Capacitors cartel
Mitschnitt der Pressekonferenz von EU-Kommissarin Margrethe Vestager am 21. März 2018 in Brüssel (mit Fragen und Antworten, gedolmetscht ins Deutsche).