04.09.2018 Paris – Am heutigen Dienstag fällt in Paris der Startschuss für eine gemeinsame europäische Aktion gegen die wachsende Skepsis vor Impfungen. Ein breites Bündnis aus 20 Ländern, darunter 17 EU-Mitgliedsstaaten, der EU-Kommission und weiteren internationalen Organisationen wie WHO und OECD, sowie Vertretern von Universitäten und der Zivilgesellschaft kommen zusammen, um über eine wirksame und langfristige Zusammenarbeit gegen Krankheiten zu beraten, die durch Impfungen vermieden werden können.
Die Koordination liegt bei Frankreich. Insgesamt 3,5 Mio. Euro aus einem Gesamtbudget von 5,8 Mio. Euro für die kommenden drei Jahre kommen aus dem EU-Haushalt.
Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, begrüßte die gemeinsame Initiative: „Im April habe ich eine Initiative vorgestellt, um die Impfquote zu erhöhen und sicherzustellen, dass alle EU-Bürger Zugang zu relevanten Informationen über Impfungen haben, unter anderem durch die Einrichtung eines europäischen Informationsportals über Impfstoffe, ihren Nutzen und ihre Sicherheit. Die Impfung ist ein Akt der Solidarität, und wir brauchen einen konzertierten und strategischen Ansatz zur Bekämpfung der Impfstoffresistenz und zur Verbesserung der Impfquoten in der EU und den Nachbarländern. Infektionskrankheiten machen nicht an den Grenzen halt! Heute freue ich mich besonders, den Start dieser gemeinsamen europäischen Aktion ankündigen zu können. Sie wird dazu beitragen, Leben in Europa zu retten, insbesondere in den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen wie Kindern.“
Insgesamt sind 21 EU-Staaten in der gemeinsamen Initiative vertreten, von denen 17 am heutigen ersten Treffen teilnehmen. Zwar fällt die Impfpolitik in die Zuständigkeit der EU-Länder, doch die Europäische Kommission unterstützt sie bei der Koordinierung ihrer Strategien und Programme. Grundlegendes Ziel der heute startenden Aktion ist es, die Impfdichte in der EU zu erhöhen. Die Zusammenarbeit der nationalen Beratungsgruppen für Impfungen (NITAG) soll besser werden und so das Vertrauen und die Transparenz des Entscheidungsprozesses bei der Einführung neuer Impfstoffe wachsen. Konkret sind unter anderem folgende Maßnahmen geplant:
- Stärkung der Koordinierung von Schutzimpfungs-Informationssystemen (IIS) für eine bessere Überwachung und einen umfassenderen Impfschutz
- Prüfung der Durchführbarkeit einer europaweiten MMR-Durchimpfungsrate unter Verwendung von Daten aus den Informationssystemen, um Impflücken zu ermitteln
- Bewertung der europäischen Erinnerungs- und Rückrufsysteme
- Durchsetzung der Verwaltung von Angebot und Lagerhaltung durch Harmonisierung und Bestandsaufnahme
- Entwicklung von Verfahren und Methoden zur Bestimmung des Bedarfs und der Beschaffung von Impfstoffen
- Analyse und Evaluierung von Finanzierungsmechanismen für nachhaltige Beschaffung und Lagerung
- Entwicklung eines Plans zur Vorhersage von Änderungen bei den Impfempfehlungen und der Nachfrage
- Entwicklung eines Konzepts für ein Datenlager für den EU-weiten Austausch von Impfstoffen
- Einrichtung einer Kooperationsplattform zwecks Bestimmung von Schwerpunkten für Forschung und Entwicklung
- Bestandsaufnahme der bestehenden Instrumente für die Bestimmungen von Schwerpunkten wie WHO R&D Blueprint, CEPI, UK Vaccine Network, EC/IMI, BARDA, Global Health Innovative Technology Fund
- Ermittlung von Mechanismen zur Verbesserung der Finanzierung und der Zusammenarbeit in der Forschung in der gesamten Wertschöpfungskette
- Erstellung eines systematischen Überblicks und einer systematischen Analyse der derzeitigen Impfskepsis sowie der Aktivitäten und bewährten Verfahren dagegen
- Schaffung nachhaltiger Mechanismen zur Analyse der Forschungsarbeiten zu Hindernissen/förderlichen Aspekten für eine hohe/niedrige Durchimpfungsrate, empfehlenswerten Verfahren und gewonnenen Erkenntnisse
- Bereitstellung und Analyse von Daten in Echtzeit aus sozialen Medien und dem Internet, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in Impfungen zu beobachten
Weltweit gibt das schwindende Vertrauen der Öffentlichkeit in Impfungen Anlass zur Besorgnis und stellt eine große Herausforderung für Fachleute im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens dar. Impfskepsis bezieht sich auf die zögerliche Akzeptanz oder die Ablehnung von Impfstoffen, obwohl ein Impfservice angeboten wird.
Impfskepsis führt derzeit in einigen europäischen Ländern zu vermeidbaren Masernepidemien. Europa exportiert die Masern auch in andere Teile der Welt. In einigen EU-Ländern könnte sogar Kinderlähmung (Polio) wieder ausbrechen, eine Krankheit, die in EU eigentlich schon als ausgerottet galt.
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