Gesetz über digitale Dienste: mehr Sicherheit dank Regeln für Online-Plattformen © Europäische Union, 2018, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Mauro Bottaro

20.01.2022 Brüssel. Das Europäische Parlament einigte sich am Donnerstag (20. Januar) auf ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung illegaler Inhalte. Plattformen sollen für Algorithmen zur Verantwortung gezogen und Inhalte besser moderiert werden.

Der Text, der heute mit 530 zu 78 Stimmen bei 80 Enthaltungen angenommen wurde, ist das Mandat des Parlaments für die Verhandlungen mit dem französischen Ratsvorsitz, der die Mitgliedstaaten vertritt.

Nach der Abstimmung sagte die Leiterin des Verhandlungsteams Christel Schaldemose (S&D, Dänemark): „Die heutige Abstimmung zeigt, dass die Abgeordneten und die EU-Bürger eine ehrgeizige und zukunftsfähige digitale Regulierung wollen. In den 20 Jahren seit der Verabschiedung der E-Commerce-Richtlinie hat sich viel verändert. Online-Plattformen haben in unserem täglichen Leben an Bedeutung gewonnen und bringen neue Chancen, aber auch neue Risiken mit sich. Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass das, was offline illegal ist, auch online illegal ist. Wir müssen sicherstellen, dass wir digitale Regeln zum Nutzen der Verbraucher und Bürger einführen. Jetzt können wir in die Verhandlungen mit dem Rat eintreten, und ich glaube, dass wir in all diesen Bereichen auch liefern können.“

Illegale Inhalte entfernen und Verbreitung von Desinformation verhindern
Der Vorschlag für das Gesetz über digitale Dienste enthält klare Regeln für die Verantwortung und Rechenschaftspflicht von Vermittlungsdienstanbietern, insbesondere von Online-Plattformen wie sozialen Medien und Marktplätzen.

Der Gesetzesentwurf sieht ein Melde- und Abhilfeverfahren sowie Schutzmaßnahmen vor, um illegale Waren, Dienstleistungen oder Inhalte aus dem Internet zu entfernen. Anbieter von Hosting-Diensten müssen auf solche Meldungen sofort reagieren. Dabei müssen sie die Art der gemeldeten illegalen Inhalte berücksichtigen und außerdem abschätzen, wie dringend nötig es ist, sie zu entfernen. Stärkere Schutzmaßnahmen sollen zudem verhindern, dass Meldungen auf willkürliche oder diskriminierende Weise bearbeitet werden. Sie sollen dafür sorgen, dass bei der Bearbeitung die Grundrechte geachtet werden – auch das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Die Abgeordneten sehen Online-Marktplätze in der Pflicht, mit Blick auf das Waren- und Dienstleistungsangebot für die Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher zu sorgen. Sie müssen Händler nach dem Grundsatz „Kenne deinen Geschäftskunden“ zurückverfolgen können.

Zusätzliche Verpflichtungen für sehr große Online-Plattformen
Sehr große Online-Plattformen werden besonders in die Pflicht genommen, denn illegale oder schädliche Inhalte können über sie besonders gut verbreitet werden. Das Gesetz über digitale Dienste könnte zur Bekämpfung schädlicher Inhalte (die nicht zwangsläufig auch illegal sind) beitragen und die Verbreitung von Desinformation eindämmen. Dafür müsste es Bestimmungen über verpflichtende Risikobewertungen sowie über Maßnahmen zur Risikominderung, unabhängige Prüfungen und die Transparenz sogenannter Empfehlungssysteme (Algorithmen, die bestimmen, was Nutzerinnen und Nutzer sehen) enthalten.

Weitere wichtige Punkte
Das Parlament hat mehrere weitere Änderungen an dem Kommissionsvorschlag vorgenommen:

  • Kleinst- und Kleinunternehmen sollen von bestimmten Verpflichtungen im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste ausgenommen sein.
  • Der Gesetzesentwurf sieht mehr Transparenz und Informationen im Zusammenhang mit gezielter Werbung vor, um Nutzerinnen und Nutzern von Dienstleistungen aufgeklärte Entscheidungen zu ermöglichen. Sie sollen etwa Informationen darüber bekommen, wie ihre Daten zu Geld gemacht werden. Die Verweigerung der Einwilligung darf für den Empfänger nicht schwieriger oder zeitaufwändiger sein als deren Erteilung. Wird die Einwilligung verweigert oder widerrufen, müssen den Empfängern andere Optionen für den Zugang zur Online-Plattform angeboten werden, einschließlich „Optionen auf der Grundlage von Werbung ohne Nachverfolgung“.
  • Verfahren der gezielten Ansprache oder Verstärkung, bei denen die Daten von Minderjährigen für die Zwecke der Anzeige von Werbung verwendet werden, sind ebenso verboten wie die Ausrichtung auf Einzelpersonen auf der Grundlage bestimmter Datenkategorien, die eine Ausrichtung auf schutzbedürftige Gruppen ermöglichen.
  • Wenn eine Plattform ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommt und dadurch Schäden entstehen, müssen Nutzerinnen und Nutzer digitaler Dienstleistungen bzw. Organisationen, die sie vertreten, die Möglichkeit haben, Schadensersatz zu verlangen.
  • Online-Plattformen sollen keine Techniken (sogenannte Dark Patterns) einsetzen dürfen, mit denen sie die Nutzerinnen täuschen oder ihr Verhalten beeinflussen („Nudging“).
  • Sehr große Online-Plattformen sollen im Hinblick auf Algorithmen, die das Ranking bestimmen, mehr Auswahl bieten. Unter den angebotenen Empfehlungssystemen muss mindestens eines sein, das nicht auf Profilerstellung beruht.

Weitere im Plenum angenommene Änderungsanträge betreffen die Notwendigkeit, dass Anbieter in ihren Geschäftsbedingungen die Meinungsfreiheit und die Freiheit und den Pluralismus der Medien respektieren müssen, sowie eine neue Bestimmung zum Recht, digitale Dienste anonym zu nutzen und zu bezahlen (die Abstimmungsliste ist hier verfügbar und alle dem Plenum vorgelegten Änderungsanträge hier).

 

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten des EU Parlaments in Brüssel.