Hohe Energiepreise: Von der Leyen kündigt Reform des EU-Strommarktdesigns an © Europäische Union, 2020, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Steffi Loos

30. August 2022 Bled. In einer Grundsatzrede beim Strategischen Forum im slowenischen Bled und bei einer öffentlichen Diskussion mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Berlin hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine grundlegende Reform des Strommarktdesigns in Europa angekündigt. Mehrere Faktoren – darunter dominant Putins Krieg gegen die Ukraine – führten derzeit zu extremen Reaktionen an den Märkten.Wir sind jetzt an einem Punkt, wo wir sehen, dass der Elektrizitätspreis so nervös reagiert, wo die vielen Komponenten so eine hohe spekulative Nervosität auslösen, dass wir inzwischen miteinander besprechen, dass wir eingreifen müssen“, sagte die Kommissionspräsidentin in Berlin. Deshalb arbeite die Kommission gemeinsam mit den EU-Staaten sowohl an einer kurzfristigen Notlösung innerhalb der kommenden Tage und Wochen als auch einer strukturellen Reform des Strommarktes, die sie voraussichtlich Anfang kommenden Jahres vorstellen will. „Wir brauchen ein neues Marktmodell für Elektrizität, das wirklich funktioniert und unser Gleichgewicht wieder herstellt“, betonte sie in ihrer Rede in Bled.

Konkret müsse der Strom- vom Gaspreis entkoppelt werden, und die günstigeren Kosten beispielsweise der Erneuerbaren Energien müssten sich auch auf die Verbraucherinnen und Verbraucher übertragen. Bei den Niedrigkosten-Energien „müssen wir sagen, Ihr könnt einen gewissen Gewinn machen. Aber nicht alles, weit über dem „Erträumten“ hinaus kann bei ihnen bleiben. Sondern wir müssen diesen Teil nehmen, um kleinen Einkommen und Unternehmen, die in Schwierigkeiten sind, zu helfen“, sagte von der Leyen. Bereits im letzten Herbst habe die Kommission mit den Ländern gemeinsam einen Handwerkskasten entwickelt, wie die EU-Staaten vulnerable Haushalte und Unternehmen entlasten könnten. Dabei spiele eine Übergewinnsteuer eine große Rolle.

Stärke in Einigkeit

Von der Leyen betonte, dass auch in der Energiefrage – die Europa und die Welt noch lange beschäftigen werde – die Stärke Europas darin liege, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Das habe sich während der Coronapandemie gezeigt, es gelte auch jetzt, bei allem Diskussionsbedarf, den es in Demokratien immer und richtigerweise gebe. Die EU habe sich auf gemeinsame Vorgaben für die Gasspeicher geeinigt und eine gemeinsame Einkaufsplattform entwickelt.

In Windeseile haben wir uns breiter aufgestellt. Die Gaslieferungen aus anderen Quellen als aus Russland haben seit Januar dieses Jahres um 31 Milliarden Kubikmeter zugenommen. Das gleicht nun aus, was Russland Europa verwehrt hat“, sagte sie in Bled. „Darüber hinaus senken wir unseren Bedarf an importiertem Gas erheblich. Denn wir müssen damit rechnen, dass Russland uns den Gashahn komplett zudreht. Deshalb haben wir die Mitgliedstaaten gebeten, den Gasverbrauch um 15 Prozent zu senken und Gasvorräte anzulegen. Dadurch können bis zu 45 Milliarden Kubikmeter Erdgas eingespart werden. Und der beste Weg überhaupt, auf fossile Energie aus Russland zu verzichten, ist natürlich ein möglichst rascher Umstieg auf grüne Energieträger. Jede Kilowattstunde Strom, die in Europa aus Solarenergie, aus Windkraft, aus Wasserkraft und Biomasse, aus Erdwärme oder grünem Wasserstoff erzeugt wird, macht uns weniger abhängig von russischem fossilem Brennstoff.

Das Zeitalter fossiler Brennstoffe aus Russland gehe in Europa zu Ende.

Rede in Bled: Brauchen neues strategisches Denken

Beim Strategischen Forum in Bled unterstrich von der Leyen, dass die EU weiter unmissverständlich an der Seite der Ukraine stehe. „Wir werden die Ukraine so lange unterstützen, wie es nötig ist. Wir tun das für die Ukraine. Wir tun das, um unsere europäischen Werte zu wahren. Wir tun es aber auch, um Russland und der Welt zu zeigen, dass ein Verstoß gegen international geltende Regeln enorm kostspielig ist. Das muss absolut klar sein.“

Das europäische Handeln müsse mit einem neuen strategischen Denken in Europa einhergehen. Dazu gehörten drei Kernpunkte. „Um die Rechtsstaatlichkeit und regelbasierte Ordnung dauerhaft zu verteidigen, dürfen wir uns erstens nicht länger von Russland erpressbar machen, sondern müssen unsere eigenen Handlungsoptionen ausbauen. Zweitens müssen wir Demokratien unterstützen, die am stärksten Bedrohungen von außen ausgesetzt sind – und da denke ich nicht nur an die Ukraine, sondern auch an den westlichen Balkan. Und drittens müssen wir auch über den Tellerrand hinausblicken, auf geopolitische Verschiebungen achten und unsere Wirtschaftskraft einsetzen, um die regelbasierte Weltordnung zu erhalten und auszuweiten.“

 

Links zum Thema:

Grundsatzrede von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen beim Strategischen Forum Bled

Mitschnitt der Diskussion mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck

 

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland