Kollektiver Rechtsschutz: Neue Regeln für Verbandsklagen nehmen letzte Hürde © Europäische Union, 2020, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Jennifer Jacquemart

24.11.2020 Brüssel. Gute Nachrichten für Verbraucherinnen und Verbraucher: das Europäische Parlament hat heute (Dienstag) neue Regeln für kollektive Rechtsbehelfe verabschiedet. Zuvor hatte bereits der Rat die entsprechende Richtlinie über Verbandsklagen angenommen. „Ein einziger EU-Bürger, der ein riesiges Unternehmen vor Gericht bringt – dies war ein sehr ungerechter Kampf. Mit der neuen Richtlinie werden sich die Dinge verbessern: Verbraucherinnen und Verbraucher aus der gesamten EU können sich zusammentun und gemeinsam Rechtsmittel einlegen“, sagte Kommissionvizepräsidentin Věra Jourová.

EU-Justizkommissar Didier Reynders fügte hinzu: „Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gemacht, wie notwendig diese Richtlinie ist. In diesem Jahr kam es zu massiven Stornierungen von Flügen und Pauschalreisen, wodurch die Verbraucher um ihre Rückerstattung kämpfen mussten. Dank dieses neuen Instruments können Verbraucher in der EU gemeinsam Rechtsmittel einlegen, wenn ihre Rechte verletzt wurden. Dies ist ein wichtiger Schritt für die Rechte der Verbraucher.“

Künftig kann eine qualifizierte Einrichtung, etwa eine Verbraucherorganisation, im Namen einer Gruppe von Verbrauchern, die durch illegale Geschäftspraktiken Schaden erlitten haben, einen Rechtsbehelf einlegen, um z.B. eine Entschädigung, einen Ersatz oder eine Reparatur zu erwirken. In einigen Mitgliedstaaten können Verbraucherinnen und Verbraucher bereits Verbandsklagen vor Gericht erheben. Von nun an wird es diese Möglichkeit in allen EU-Ländern geben.

So werden beispielsweise in einem Szenario wie dem Abgasskandal die Opfer unlauterer Geschäftspraktiken wie irreführender Werbung durch Automobilhersteller, die gegen den Rechtsrahmen der Union für die Typgenehmigung von Fahrzeugen oder Umweltauflagen verstoßen, durch Verbandsklagen gemäß dieser Richtlinie kollektiv Entschädigungen erwirken können. Dieser kollektive Rechtsschutz war im Unionsrecht bislang nicht vorgesehen.

Dieses Modell verfügt über stabile Schutzmechanismen und unterscheidet sich deutlich von den Sammelklagen in den Vereinigten Staaten. Verbandsklagen können nicht von Anwaltskanzleien angestrengt werden, sondern nur von Einrichtungen wie Verbraucherorganisationen, die keinen Erwerbszweck verfolgen und strenge Zulassungskriterien erfüllen, die von einer Behörde überwacht werden. Dieses neue System wird dafür sorgen, dass die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Rechte uneingeschränkt wahrnehmen können, und zugleich dem Risiko missbräuchlicher oder unbegründeter Klagen entgegenwirken.

Die Richtlinie über Verbandsklagen ist Teil des „New Deal for Consumers“, der im April 2018 von der Europäischen Kommission vorgelegt wurde, um einen stärkeren Verbraucherschutz in der EU zu gewährleisten. Sie umfasst stärkere Verbraucherrechte im Internet, Instrumente zur Durchsetzung von Rechten und Entschädigungen, Strafen bei Verstößen gegen das EU-Verbraucherrecht und verbesserte Geschäftsbedingungen.

Die heutige Annahme durch das Parlament erfolgte im Anschluss an die Annahme durch den Rat am 4. November. Die Richtlinie tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, die für Dezember vorgesehen ist, in Kraft. Die Mitgliedstaaten müssen die neue Richtlinie bis Januar 2023 umsetzen.

Links zum Thema:

Good news for consumers: New rules to strengthen collective redress in the EU clear final hurdle
Nachricht der EU-Kommission vom 24.11.2020.

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.