Kommission mobilisiert Unternehmen für mehr Investitionen in Aus- und Weiterbildung © Europäische Gemeinschaften, 1996, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst

11.11.2020 Brüssel. Sozialkommissar Nicolas Schmit und Binnenmarktkommissar Thierry Breton haben gestern (Dienstag) Abend in Berlin einen neuen Pakt für Kompetenzen gestartet. Der Pakt wird Investitionen von Unternehmen in Höherqualifizierung und Umschulung stärken. Gefördert wird die Zusammenarbeit von Industrie, Arbeitgebern, Sozialpartnern, Handelskammern, Behörden, Bildungs- und Ausbildungsanbieter und Beschäftigungsagenturen. Die Teilnehmer des Pakts geben ein klares Bekenntnis zu Investitionen in die Ausbildung für alle Menschen im erwerbsfähigen Alter in der gesamten Union ab. Die ersten europäischen Partnerschaften für Kompetenzen konnten bereits für wichtige Industriebranchen geschlossen werden – Automobilindustrie, Mikroelektronik sowie Luft- und Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie.

Nicolas Schmit, Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte sagte: „Die meisten Arbeitgeber sind sich heute darüber im Klaren, dass Investitionen in Kompetenzen ein zentrales Element der Unternehmensstrategie sein müssen. Sie haben erkannt, dass staatliche Stellen nicht die alleinige Verantwortung für die allgemeine und berufliche Bildung übernehmen können. Der Kompetenzpakt wird Zusagen von großen und kleinen Unternehmen, Arbeitsvermittlern, Sozialpartnern, Berufsbildungsanbietern und anderen Partnern anregen und bündeln, um auf dieser Grundlage groß angelegte Industriepartnerschaften zu schließen. Wir haben keine Zeit für halbherzige Maßnahmen. Wir müssen jetzt handeln.“

Bei einer Veranstaltung im Europäischen Haus in Berlin zum Aktionsplan zur Umsetzung der Säule sozialer Rechte forderte Schmit, die Idee der sozialen Marktwirtschaft zu erneuern, um den Menschen mehr Vertrauen in Europa zu geben. Es müsse ein neues Gleichgewicht zwischen Wirtschaft und Sozialem geschaffen werden, die Säule der sozialen Rechte, die die Kommission 2017 vorgeschlagen hatte, liefere dazu einen wichtigen Beitrag.

Zum Pakt für Kompetenzen ergänzte der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton: „Talente sind ein entscheidender Faktor für die Widerstandsfähigkeit unserer europäischen Industrie und werden auch beim Wiederaufbau nach der Pandemie eine zentrale Rolle spielen. Da der zweifache ökologische und digitale Wandel Fahrt aufnimmt, müssen wir alle Europäerinnen und Europäer mit den richtigen Kompetenzen ausstatten. Heute können wir die ersten Kompetenzpartnerschaften in drei industriellen Ökosystemen ankündigen: Automobilindustrie, Mikroelektronik sowie Luft- und Raumfahrt und Verteidigung. Weitere Branchen werden folgen. Dieser Start des Kompetenzpakts ist der erste Schritt in unserer europäischen Kompetenzoffensive.“

Maximale Wirkung durch gemeinsame Maßnahmen

Immer häufiger stehen auf dem Arbeitsmarkt nicht genügend Arbeitskräfte mit den richtigen Kompetenzen zur Verfügung, während gleichzeitig zahlreiche Menschen von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Der Kompetenzpakt wird von einer Charta begleitet, in der die Industrie, die Sozialpartner, Berufsbildungsanbieter und nationale, regionale und lokale Behörden ihre Vorstellungen von hochwertiger Berufsbildung festschreiben. Um beim Aufbau des Pakts alle Interessenträger einzubinden, haben die Kommissare Breton und Schmit bereits eine Reihe hochrangiger Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern von Industriebranchen, regionaler und nationaler Behörden, Sozialpartnern sowie Bildungs- und Berufsbildungseinrichtungen angestoßen. Weitere Gespräche werden in den kommenden Wochen folgen. Aufbauend auf diesen erfolgreichen Gesprächen mit einigen Branchen werden im Rahmen des Pakts groß angelegte Partnerschaften geschlossen, und zwar in Industriesektoren von strategischer Bedeutung, die stark von der aktuellen Krise betroffen sind, sowie in den im europäischen Grünen Deal identifizierten prioritären Bereichen. Ziel ist es, ehrgeizige Zusagen umzusetzen. Die ersten europäischen Kompetenzpartnerschaften werden in den folgenden wichtigen Industriebranchen geschlossen (weitere werden in den kommenden Monaten folgen):

Automobilindustrie: Hier sollen sich jährlich 5 Prozent der Arbeitskräfte fortbilden, sodass rund 700.000 Menschen neue Kompetenzen erwerben. Dies dürfte private und öffentliche Investitionen in Höhe von insgesamt 7 Milliarden Euro erfordern. Den Anfang machen regionale Pilotprojekte.

Mikroelektronik: Für die Initiativen zur Umsetzung der Partnerschaftsziele sind öffentliche und private Investitionen in Höhe von insgesamt 2 Milliarden Euro vorgesehen. Mit diesen Mitteln werden europäische Elektronikcluster im Zeitraum 2021-2025 Weiterbildungs- und Umschulungsangebote für mehr als 250.000 Arbeitnehmer und Lernende bereitstellen.

Luft- und Raumfahrt und Verteidigung: Ziel ist es, jährlich etwa 6 Prozent der Arbeitskräfte weiterzubilden, sodass insgesamt 200.000 Menschen erreicht werden. Hierfür sind in den kommenden zehn Jahren öffentliche und private Investitionen in Höhe von 1 Milliarde Euro vorgesehen.

Beitritt zum Pakt

Durch den Beitritt zum Pakt erhalten die Teilnehmer Zugang zu Plattformen für Vernetzung, Wissensaustausch und Ressourcen. Außerdem wird die Kommission Informationen und Orientierungshilfen zu Finanzierungsangeboten und Programmen der EU im Bereich Kompetenzen anbieten und hierfür eine zentrale Anlaufstelle auf EU-Ebene einrichten. Neben den im Rahmen von REACT-EU, dem Europäischen Sozialfonds+ und anderen relevanten Programmen des neuen mehrjährigen Finanzrahmens (2021-2027) zur Verfügung stehenden Mitteln sind Weiterbildung und Umschulung auch zentrale Investitionsprioritäten der Aufbau- und Resilienzfazilität mit einem Volumen von 672,5 Milliarden Euro.

Hintergrund

Der Kompetenzpakt ist eine der Leitinitiativen der Europäischen Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz, die am 1. Juli 2020 vorgestellt wurde. Mit dem Pakt sollen vor allem Ressourcen mobilisiert und alle relevanten Interessenträger dazu angeregt werden, konkrete Maßnahmen für die Weiterbildung und Umschulung von Arbeitskräften zu ergreifen, indem Anstrengungen gebündelt sowie Partnerschaften zur Unterstützung des ökologischen und digitalen Wandels sowie lokaler und regionaler Wachstumsstrategien ins Leben gerufen werden.

Die neue europäische Industriestrategie hebt die Bedeutung von Kompetenzen für den zweifachen ökologischen und digitalen Wandel hervor und betont, welche Chancen durch den Erwerb von Kompetenzen entstehen. Weiterbildung und Umschulung müssen zu einem wesentlichen Baustein unserer sozialen Marktwirtschaft werden. Zugleich wird im kürzlich angenommenen Plan für digitale Bildung unterstrichen, dass der Erwerb digitaler Kompetenzen gefördert werden muss, damit alle Menschen die Möglichkeit erhalten, am digitalen Wandel teilzuhaben.

Die Auftaktveranstaltung für den Pakt fand am 10. November 2020 im Rahmen der Europäischen Woche der Berufsbildung 2020 statt, die die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit dem deutschen EU-Ratsvorsitz organisiert. In dieser fünften Europäischen Woche der Berufsbildung sind Menschen aller Altersgruppen dazu aufgerufen, durch berufliche Aus- und Weiterbildung ihre Talente zu entdecken.

Links zum Thema:

Kompetenzpakt: Breite Mobilisierung für Investitionen in Kompetenzen
Presseinformation der EU-Kommission vom 10.11.2020.

Kompetenzpakt

Charta des Kompetenzpakts

Formular für Interessenträger, die sich dem Kompetenzpakt anschließen möchten

Fragen und Antworten: Startschuss für den Kompetenzpakt

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.