12.12.2018 Brüssel – Die Europäische Kommission hat gestern (Dienstag, 11.12) ein eingehendes Prüfverfahren eingeleitet, um die von Vodafone geplante Übernahme der Unternehmenstätigkeit von Liberty Global in Tschechien, Deutschland, Ungarn und Rumänien nach der EU-Fusionskontrollverordnung zu untersuchen.

Die Kommission hat Bedenken, dass die Übernahme den Wettbewerb in Deutschland und Tschechien einschränken könnte. In Deutschland stehen Vodafone und Unitymedia (die Tochtergesellschaft von Liberty Global in Deutschland) derzeit im Wettbewerb. Die Kommission hat Bedenken, dass die Übernahme den Wettbewerb zwischen den sich verschmelzenden Unternehmen ausschaltet.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Es ist wichtig, dass alle Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU Zugang zu günstigen und qualitativ guten Telefon- und TV-Diensten erhalten. Mit unserem eingehenden Prüfverfahren soll sichergestellt werden, dass die Übernahme der Telekommunikationssparten von Liberty Global in Tschechien, Deutschland, Ungarn und Rumänien durch Vodafone nicht zu höheren Preisen, weniger Auswahl und einer eingeschränkten Innovation bei Telekommunikations- und TV-Diensten führt.“

In Tschechien, Ungarn und Rumänien ist Vodafone hauptsächlich als Mobilnetzbetreiber tätig. Liberty Global bietet vor allem Festnetzverbindungen an.

In Deutschland betreiben Vodafone und Liberty Global Koaxialkabelnetze, die sich nicht überlappen (d. h. Netze, die verschiedene Gebiete und Regionen abdecken). Vodafone ist auch in Bereichen tätig, in denen Liberty Global über den Vorleistungszugang zum xDSL-Netz der Deutschen Telekom Kabeldienstleistungen erbringt.

Vorläufige wettbewerbsrechtliche Bedenken der Kommission

Eine erste Marktuntersuchung der Kommission hat folgende Bedenken ergeben:

In Tschechien könnten Erbringer alleiniger Telekommunikationsdienstleistungen

i) vom Endkundenmarkt für mobile Telekommunikationsdienste; ii) vom Endkundenmarkt für Internet-Zugangsdienste und iii) vom Endkundenmarkt für TV-Dienste ausgeschlossen werden, da das neue Unternehmen kombinierte Produkte anbieten könnte.

In Deutschland

  • stehen Vodafone und Unitymedia (die Tochtergesellschaft von Liberty Global in Deutschland) in Bereichen, in denen Unitymedia über Kabel Dienste auf den Telekommunikationsmärkten für Festanschlüsse und auf den TV-Märkten für Endkunden anbietet, derzeit im Wettbewerb. Die Kommission hat Bedenken, dass die Übernahme den Wettbewerb zwischen den sich verschmelzenden Unternehmen ausschaltet, die Zahl der Marktteilnehmer schrumpfen lässt und dem neuen Unternehmen der Anreiz fehlen wird, mit den verbleibenden Betreibern in Wettbewerb zu treten, und zwar sowohl in den von Unitymedia bereits bedienten Bereichen als auch in Deutschland insgesamt.
  • Die geplante Übernahme könnte den Wettbewerb zwischen den sich verschmelzenden Gesellschaften in Bezug auf Investitionen in die nächste Netzgeneration ausschalten.
  • Die geplante Übernahme könnte die Verhandlungsposition des neuen Unternehmens gegenüber Fernsehsendern erheblich stärken.

Derzeit legt die Kommission keine spezifischen Wettbewerbsbedenken in Bezug auf die geplante Übernahme für den ungarischen und den rumänischen Markt.

Die Kommission wird nun ein eingehendes Prüfverfahren zu den Auswirkungen der Übernahme durchführen, um zu ermitteln, ob ihre anfänglichen wettbewerbsrechtlichen Bedenken gerechtfertigt sind.

Die Übernahme wurde am 19. Oktober 2018 bei der Kommission angemeldet. Gemäß Artikel 9 der EU-Fusionskontrollverordnung hat die deutsche Wettbewerbsbehörde am 7. November 2018 eine Verweisung der Sache beantragt. Dieser Antrag wird derzeit geprüft.

Die Kommission muss nun innerhalb von 90 Arbeitstagen, d. h. bis zum 2. Mai 2019, einen Beschluss erlassen. Das eingehende Prüfverfahren wird ergebnisoffen geführt.

Unternehmen und Produkte

Vodafone mit Sitz im Vereinigten Königreich betreibt vor allem Mobilfunknetze und erbringt die dazugehörigen mobilen Telekommunikationsdienstleistungen wie mobile Anruf‑, Nachrichten- und Datendienste. Einige der Vodafone-Betreibergesellschaften bieten auch Kabelfernsehen, Festnetztelefonie, Breitband-Internetzugang und/oder IP‑TV-Dienste an. In der EU ist Vodafone in zwölf Mitgliedstaaten tätig, einschließlich Tschechien, Deutschland, Ungarn und Rumänien.

Liberty Global mit Sitz im Vereinigten Königreich bietet TV-, Breitband-Internet-, Mobil- und Telefondienste sowie Mobilfunkdienste an. Liberty Global besitzt und betreibt in Tschechien, Deutschland, Ungarn und Rumänien Kabelnetze mit TV-, Breitband-, und Sprachtelefondiensten. In Deutschland und Ungarn erbringt Liberty Global zudem als virtueller Mobilfunknetzbetreiber (Mobile Virtual Network Operator, MVNO) mobile Telekommunikationsdienstleistungen. Liberty Global ist in Deutschland unter dem Namen Unitymedia und in Tschechien, Ungarn und Rumänien unter dem Namen UPC tätig.