Kommission will den sozialen Dialog auf nationaler und EU-Ebene ausweiten © Europäische Union, 2020, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Lukasz Kobus

25.02.23 Brüssel. Die Kommission will den sozialen Dialog an die sich wandelnde Arbeitswelt und an neue Trends auf dem Arbeitsmarkt anpassen. In ihrer Initiative schlägt sie daher vor, wie der Dialog der Sozialpartner auf nationaler und auf EU-Ebene weiter gefördert werden kann.
Nicolas Schmit, Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, sagte: „Der soziale Dialog gehört zur DNA unserer sozialen Marktwirtschaft (in Europa), aber immer weniger Menschen sind gewerkschaftlich organisiert und in vielen Branchen, wie im Pflegesektor und in der Plattformarbeit, gibt es kaum Tarifverhandlungen. Damit Europa weiterhin wettbewerbsfähig und inklusiv bleibt, brauchen wir einen starken sozialen Dialog und starke Sozialpartner.“

In einer Empfehlung des Rates legt die Kommission dar, wie die EU-Mitgliedstaaten den sozialen Dialog und die Tarifverhandlungen auf nationaler Ebene fördern können. Zudem hat die Kommission eine Mitteilung zum sozialen Dialog auf EU-Ebene vorgestellt. Die Sozialpartner wurden eng in die Ausarbeitung dieser beiden Initiativen einbezogen.

Voraussetzungen schaffen für einen erfolgreichen sozialen Dialog auf nationaler Ebene

Im Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates wird den Mitgliedstaaten empfohlen,

  • die Konsultation der Sozialpartner bei der Konzeption und Umsetzung der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik gemäß den nationalen Verfahren zu gewährleisten,
  • die Sozialpartner zu ermuntern, neue sowie atypische Beschäftigungsformen zu berücksichtigen und umfassend über die Vorteile des sozialen Dialogs und über bestehende Tarifverträge zu informieren,
  • die Kapazitäten der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen zu stärken, z. B. durch Gewährleistung des Zugangs zu relevanten Informationen und durch Unterstützung durch die nationalen Regierungen.

Die vorgeschlagene Empfehlung des Rates achtet in vollem Umfang die nationalen Traditionen und die Autonomie der Sozialpartner. Sie erlaubt es den Mitgliedstaaten, unter Berücksichtigung ihrer eigenen Situation zu entscheiden, wie diese Ziele am besten erreicht werden können.

Förderung der Einbeziehung der Sozialpartner auf EU-Ebene

Um die Rolle der Sozialpartner bei der Politikgestaltung der EU weiter zu stärken und den sektoralen sozialen Dialog auf EU-Ebene zu intensivieren, schlägt die Kommission eine Reihe von Maßnahmen mit folgenden Zielen vor:

  • Stärkung des europäischen sektoralen sozialen Dialogs durch Modernisierung des entsprechenden Rahmens in enger Zusammenarbeit mit den EU-Sozialpartnern durch eine mögliche Überarbeitung der geltenden Vorschriften
  • Weitere Förderung von Vereinbarungen der Sozialpartner, insbesondere durch administrative Unterstützung und Beratung in Rechtsfragen
  • Stärkung der Einbeziehung der Sozialpartner in die Politikgestaltung der EU, z. B. durch Einholung der Standpunkte der europäischen branchenübergreifenden Sozialpartner zu den politischen Prioritäten der EU im Vorfeld des Arbeitsprogramms der Kommission
  • Effizientere Gestaltung der technischen und finanziellen Unterstützung der Sozialpartner durch die EU; so wird die Kommission beispielsweise in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern ein Forschungsnetzwerk zur Überwachung und Förderung des sozialen Dialogs in der EU einrichten.

Ergänzend dazu ruft die Kommission die Sozialpartner auf, mehr sozialpartnerschaftliche Vereinbarungen auszuhandeln und abzuschließen und die Mitgliederzahlen und die Repräsentativität sowohl der Gewerkschaften als auch der Arbeitgeberverbände zu verbessern.

Hintergrund

Die Verhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen (also den Sozialpartnern) im Rahmen von sozialem Dialog und Tarifverhandlungen tragen zu besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen bei, z. B. in Bezug auf Bezahlung, Arbeitszeit, Jahresurlaub, Elternurlaub, Weiterbildung sowie Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen. Auch bei der Anpassung an die sich wandelnden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen spielt dieser Austausch eine entscheidende Rolle. All dies trägt dazu bei, soziale Gerechtigkeit und Demokratie am Arbeitsplatz zu gewährleisten und den Wohlstand und die Resilienz Europas zu stärken. Auch in Krisen- oder Umbruchphasen spielen die Sozialpartner eine entscheidende Rolle. So haben sie beispielsweise während der COVID-19-Pandemie dazu beigetragen, rasch Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz zu organisieren und Kurzarbeitsregelungen einzuführen.

Umfang und Qualität der Einbeziehung der Sozialpartner sind von Land zu Land jedoch sehr unterschiedlich. Gleichzeitig gehen die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften und der Anteil der Beschäftigten mit tarifvertraglicher Abdeckung auf nationaler Ebene zurück (von EU-weit durchschnittlich rund 66 Prozent im Jahr 2000 auf etwa 56 Prozent im Jahr 2019). Neuere Beschäftigungsformen wie Plattformarbeit und bestimmte Gruppen, wie z. B. junge Menschen, sind ebenfalls tendenziell weniger stark vertreten.

Die Kommission wird weiterhin den sozialen Dialog auf internationaler Ebene fördern, und zwar durch regelmäßige Kooperation mit der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und anderen Akteuren. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, die IAO-Übereinkommen auch in Zukunft zu ratifizieren und wirksam umzusetzen.

Nächste Schritte

Die Kommission wird die in der Mitteilung aufgeführten und vorgeschlagenen Maßnahmen auf EU-Ebene in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern weiterverfolgen.

Die Mitgliedstaaten werden den Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates im Hinblick auf seine Annahme durch den Rat erörtern. Nehmen die Mitgliedstaaten den Vorschlag an, sind die anschließend aufgerufen, der Kommission eine Reihe von mit den Sozialpartnern abgestimmten Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlung vorzulegen. Die Umsetzung der Maßnahmen wird im Rahmen des Europäischen Semesters überwacht.

Hintergrund

Der soziale Dialog und die Einbeziehung der Beschäftigten bilden einen zentralen Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte und sind integraler Bestandteil der Erklärung von Porto für soziales Engagement aus dem Jahr 2021. Die Kommission kündigte im Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte an, dass sie eine Initiative zur Unterstützung des sozialen Dialogs auf EU- und nationaler Ebene vorlegen werde, wie auch Kommissionspräsidentin von der Leyen auf dem Dreigliedrigen Sozialgipfel 2022 betonte.

Die Kommission hat diese Initiative unter enger Einbeziehung der Sozialpartner ausgearbeitet. Sie hat sich mit dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Europäischen Ausschuss der Regionen ausgetauscht. Die Initiative für den sozialen Dialog, die auch in der Mitteilung der Kommission „Konferenz zur Zukunft Europas – Von der Vision zu konkreten Maßnahmen“ vom Juni 2022 erwähnt wird, leistet einen wichtigen Beitrag zu den Folgemaßnahmen zur Konferenz. Die Initiative für den sozialen Dialog trägt auch zum Europäischen Jahr der Kompetenzen 2023 und zum Industrieplan im Rahmen des Grünen Deals bei, da die Sozialpartner eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Kompetenzaufbau, Arbeitsmarktübergängen und Wettbewerbsfähigkeit der EU spielen.

Links zum Thema:

Vollständige Pressmitteilung

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Stärkung des sozialen Dialogs in der Europäischen Union

Mitteilung über die Stärkung des sozialen Dialogs in der Europäischen Union – Mobilisierung seines vollen Potenzials zur Gestaltung gerechter Übergänge

Fragen und Antworten: Stärkung des sozialen Dialogs

2023 Europäisches Jahr der Kompetenzen

 

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland