Kommissionspräsidentin von der Leyen: „In einem Neustart für Deutschland steckt viel Europa drin“ © Europäische Union, 2020, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Etienne Ansotte

15.11.2021 Brüssel. Beim Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung am Montag (15. November) hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über die Bedeutung der Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft gesprochen und dabei eine Reihe von Beispielen aufgeführt, wie die Europäische Union die grüne und digitale Transformation gemeinsam umsetzen kann: den European Green Deal, das Aufbauprogramm NextGenerationEU, die geplanten Global-Gateway-Partnerschaften oder die Regulierung der großen Internetplattformen und der European Chips Act. „Das sind jetzt einige Beispiele dafür was Europa zur Zukunft beitragen kann. Sie sehen, in einem Neustart für Deutschland steckt ganz schön viel Europa drin. Daher freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit der nächsten Bundesregierung“, so die Kommissionspräsidentin in ihrer digitalen Eröffnungsansprache.

In ihrer Rede ging Kommissionspräsidentin von der Leyen näher auf die einzelnen Beispiele ein.

European Green Deal und Aufbauprogramm NextGenerationEU

„Wir haben den Europäischen Green Deal ins Leben gerufen. Und damit hat Europa etwas, worum uns heute viele andere Regionen in der Welt beneiden. Wir haben eine gemeinsame Vision für eine nachhaltige Zukunft. Das ist viel, das ist gut. Aber natürlich reicht das noch nicht. Entscheidend ist: Diese Vision, diesen Plan zu implementieren, umzusetzen und zwar schnell. Und deshalb haben wir im Frühjahr das erste europäische Klimagesetz verabschiedet, auf das sich alle 27 Mitgliedstaaten geeinigt haben. Das heißt, es geht jetzt nicht mehr um das „ob“, sondern nur noch um das „wie“. Und damit sind auch unsere Ziele für 2030 und 2050 verbindlich in ein Gesetz gegossen. Und dann hat meine Kommission im Sommer diesen Jahres einen ganz detaillierten Fahrplan vorgelegt, wie wir den Europäischen Green Deal umsetzen – Sektor für Sektor, Branche für Branche, Schritt für Schritt“, so von der Leyen.

Die gebündelte Kraft der Europäischen Union könne globale Märkte prägen und damit auch neue Möglichkeiten eröffnen, so die Kommissionspräsidentin. „Ein ganz zentraler Pfeiler dabei ist unser Aufbauprogramm NextGenerationEU mit 800 Milliarden Euro. Zum ersten Mal nehmen wir in diesem Umfang Kapital gemeinsam als Europäerinnen und Europäer auf. Und zum ersten Mal, setzen wir dabei in großem Umfang auch auf nachhaltige Anleihen – die sogenannten Green Bonds. Ungefähr ein Drittel von NextGenerationEU wird durch diese Green Bonds finanziert. Das sind mehr als 250 Milliarden Euro. Und ich geben Ihnen einen Vergleich: Deutschland kommt derzeit auf 17 Milliarden Euro an grünen Bundesanleihen, 250 Milliarden Euro durch die Europäische Union und NextGenerationEU. NextGenerationEU ist damit das mit Abstand größte Green-Bond-Programm weltweit. Und Europa wird damit zum weltweit größten Emittenten nachhaltiger Anleihen. Das wiederum stärkt auch unsere gemeinsame Währung. Der Euro ist heute bereits die erste Wahl für nachhaltige Finanzen. 50 Prozent aller nachhaltigen Finanzinstrumente werden in Euro begeben – und zum Beispiel zum Vergleich, nur 27 Prozent in Dollar.“

Global Gateway

Von der Leyen kündigte an, in den nächsten Wochen eine Strategie für Global-Gateway-Partnerschaften in der ganzen Welt vorzulegen: „Es geht um Infrastrukturprojekte, Konnektivität. Und wir werden ausreichend Mittel mobilisieren, um Global Gateway zu einem kraftvollen Instrument Europas zu machen. Denn machen wir uns auch auf diesem Gebiet nichts vor: Wenn wir Europäer es nicht tun, dann sind andere zur Stelle. Also wir werden Investitionen in Afrika tätigen, um einen Markt für grünen Wasserstoff zu schaffen, der dann die beiden Küsten des Mittelmeers miteinander verbindet. Wir werden zum Beispiel gemeinsam mit unseren Partnern USA und Großbritannien in Dekarbonisierung investieren. Ein gutes Beispiel ist Südafrika. Dort investieren wir gemeinsam in den Kohleausstieg und schaffen damit neue, nachhaltige Arbeitsplätze. Deutschland und Frankreich sind auch beteiligt. Ein großer Vorteil ist, dass Europa einen Ruf hat als fairer verlässlicher Partner. Und es ist nicht zu vergessen, die Europäische Union ist der größte Binnenmarkt der Welt. Damit ist Europa auch ein attraktiver, ein überzeugender Partner. Und Europa investiert nicht in die Abhängigkeit anderer, sondern in fairen Austausch von Wissen, Dienstleistungen und Waren. Und damit investieren wir letztlich in Partnerschaften, die unsere Werte vermitteln und die Menschen miteinander verbinden.“

„Digital Services Act“ und „Digital Markets Act”

Regeln der analogen Welt müssten künftig auch in der digitalen gelten. Deshalb habe die Kommission den “Digital Services Act” und den “Digital Markets Act” vorgelegt, so die Kommissionspräsidentin. „Wir verlangen etwa, dass die größten Plattformen Transparenz darüber schaffen, wie ihre Algorithmen funktionieren. Denn es kann nicht sein, dass Entscheidungen, die weitreichende Auswirkungen etwa auf den zivilen Meinungsaustausch in unsere Demokratie haben, von Rechenprogrammen getroffen werden, die kein Mensch nachvollziehen, geschweige denn kontrollieren kann. Meine Kommission hat ihren Gesetzesvorschlag gemacht. Schon in den kommenden Wochen werden dann der Rat und das Europäische Parlament ihre Verhandlungspositionen festlegen. Und wir können es schaffen, bereits im kommenden Jahr, und zwar in der ersten Hälfte des Jahres, unter der französischen Ratspräsidentschaft dafür zu sorgen, dass das alles Gesetz wird. Es wäre weltweit das erste umfassende Regelwerk für die großen Gatekeeper-Plattformen. “Made in Europe”.”

European Chips Act

Mit dem sogenannten European Chips Act will die Kommission die Abhängigkeit von Mikrochips aus Asien verringern. Ganze Fabriken in der Europäischen Union stünden still, weil die Chips fehlten, betonte die Kommissionspräsidentin. „Der Grund dafür ist nicht nur ein kurzfristiges Missverhältnis von Angebot und Nachfrage. Der Hauptgrund liegt darin, dass 70 Prozent der weltweiten unabhängigen Chipproduktion in den Händen von nur zwei großen Herstellern liegt, die beide in Ostasien angesiedelt sind. Das ist für uns nicht nachhaltig. Wir wissen genau die Märkte der Zukunft hängen an diesem Produkt. Nur, wer in großen Mengen die nächste Generation Halbleiter herstellen kann, wird seine technologische und wirtschaftliche Unabhängigkeit behalten. Und deshalb werden wir im ersten Halbjahr 2022 einen Plan präsentieren und gemeinsam mit den Mitgliedstaaten Mittel bereitstellen, um ihn umzusetzen. Es geht um den sogenannten European Chips Act. Wir wollen erreichen, dass in Europa produzierende Unternehmen bis 2030 wieder einen Anteil von 20 Prozent an diesem rasant wachsenden Weltmarkt erreichen. Heute ist unser Marktanteil auf 10 Prozent gesunken. Das ist zu wenig, viel zu wenig. Die Voraussetzungen dieses Ziel zu erreichen sind aber gut in Europa. Wir haben Europäische Spitzenforschung, zum Beispiel mit IMEC in Belgien. Wir haben eine richtig starke industrielle Basis, zum Beispiel mit ASML in den Niederlanden. Und wir haben ein attraktives Ökosystem in Dresden zum Beispiel, Silicon Saxony heißt es. Und wir haben den Markt mit 450 Millionen Europäerinnen und Europäern. Das heißt, gemeinsam, wenn wir es richtig machen, können und wollen wir Europas technologische Souveränität wahren und stärken.“

Link zum Thema:

Vollständige Eröffnungsansprache von Präsidentin von der Leyen auf dem 15. Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.