Kommission schlägt neue Maßnahmen zur weiteren Stärkung der Kapitalmarktunion und der Bankenunion vor​

Die Europäische Kommission hat gestern Abend (24.05.208) ein Paket von Vorschlägen zur weiteren Stärkung der Kapitalmarktunion und der Bankenunion vorgelegt. Die neuen Maßnahmen bestehen aus vier Teilen: Vorschriften für die Risikominderung, die marktorientierte Lösungen für die Entwicklung von durch Staatsanleihen besicherten Wertpapieren (SBBS) ermöglichen, erste konkrete Maßnahmen, die den Finanzsektor in die Lage versetzen sollen, sich zu einem mächtigen Akteur bei der Bekämpfung des Klimawandels zu entwickeln, neue Vorschriften, durch die sich kleinere Unternehmen leichter am Kapitalmarkt finanzieren können, sowie verschärfte EU-Vorschriften über die Kfz-Haftpflichtversicherung.

Risikominderungsvorschlag, der durch Staatsanleihen besicherte Wertpapiere ermöglicht

Die Kommission hat neue Vorschriften vorgeschlagen, die marktorientierte Lösungen ermöglichen werden, um mehr Integration und Diversifizierung im EU-Finanzsektor und damit im Ergebnis auch eine stärkere und widerstandsfähigere Wirtschafts- und Währungsunion zu erreichen.

Der neue Vorschlag wird ungerechtfertigte regulatorische Hindernisse für die marktorientierte Entwicklung von Wertpapieren, die durch Staatsanleihen besichert sind (Sovereign Bond-Backed Securities, kurz „SBBS“), aus dem Weg räumen. Die betreffenden Papiere würden von privaten Instituten aufgelegt und würden Forderungen auf ein Portfolio aus Euroraum-Staatsanleihen verbriefen. SBBS wären vom Konzept her so angelegt, dass sie keinerlei Vergemeinschaftung von Risiken und Verlusten unter den Euroraum-Mitgliedstaaten beinhalten. Risiken und mögliche Verluste würden ausschließlich von privaten Investoren getragen. Durch Anlagen in diese neuen Instrumente könnten Investoren wie Investmentfonds, Versicherungsunternehmen oder Banken ihre Anleihebestände diversifizieren, was zu enger integrierten Finanzmärkten führen würde. Außerdem würden sie dazu beitragen, die Kopplung zwischen Banken und ihren Herkunftsstaaten, die trotz der Fortschritte der letzten Zeit in einigen Fällen noch eng ist, zu lockern. SBBS würden sich nicht negativ auf die bestehenden nationalen Anleihemärkte auswirken.

Den Finanzsektor zu einem starken Akteur im Kampf gegen den Klimawandel machen

Die Kommission hat die ersten konkreten Maßnahmen getroffen, die es dem Finanzsektor in der Europäischen Union ermöglichen sollen, den Weg für eine umweltfreundlichere und sauberere Wirtschaft zu bereiten.

Die gestern vorgelegten Vorschläge bekräftigen Europas Entschlossenheit, weltweit die Vorreiterrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Umsetzung des Übereinkommens von Paris zu übernehmen. Mit der Einbindung des Finanzsektors werden verstärkte Anstrengungen unternommen, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verringern und gleichzeitig die Wirtschaft in der EU nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu machen.

Als Folgemaßnahmen zum ersten EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzwesen werden die Vorschläge es dem Finanzsektor ermöglichen, im Kampf gegen den Klimawandel sein ganzes Gewicht in die Waagschale zu werfen.

Zu den wichtigsten Merkmalen der Maßnahmen gehören:

  • Einheitliches EU-Klassifikationssystem („Taxonomie“): Anhand der im entsprechenden Vorschlag vorgesehenen harmonisierten Kriterien lässt sich bestimmen, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist. Die Kommission wird Schritt für Schritt festlegen, welche Tätigkeiten als „nachhaltig“ zu betrachten sind. Dabei wird sie bestehenden Marktpraktiken und Initiativen Rechnung tragen und sich von einer Sachverständigengruppe beraten lassen, die derzeit eingerichtet wird. Auf diese Weise sollen Wirtschaftsakteure und Investoren Gewissheit darüber erlangen, welche Tätigkeiten als nachhaltig gelten, sodass sie fundiertere Investitionsentscheidungen treffen können. Die entsprechenden Arbeiten können als Grundlage für die künftige Einführung von Normen und Kennzeichen für nachhaltige Finanzprodukte dienen, wie sie im Aktionsplan der Kommission für ein nachhaltiges Finanzwesen angekündigt wurden.
  • Investorenpflichten: Die vorgeschlagene Verordnung wird für Kohärenz und für Klarheit darüber sorgen, wie institutionelle Anleger, etwa Vermögensverwalter, Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds oder Anlageberater, die Faktoren Umwelt, Soziales und Governance in ihren Investitionsentscheidungsprozessen berücksichtigen sollten.
  • Referenzwerte für geringe CO2-Emissionen: Mit den vorgeschlagenen Vorschriften wird eine neue Kategorie von Referenzwerten eingeführt, die einen Referenzwert für geringe CO2-Emissionen („Dekarbonisierungsvariante“ von Standardindizes) sowie einen Referenzwert für positive CO2-Effekte umfasst. Dieser neue Marktstandard soll den CO2-Fußabdruck von Unternehmen widerspiegeln und für eine bessere Information von Anlegern über den CO2-Fußabdruck eines Investitionsportfolios sorgen.

Kleinere Unternehmen sollen sich leichter am Kapitalmarkt finanzieren können

Die Kommission hat Vorschläge vorgelegt, die kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu Marktfinanzierungen erleichtern sollen. Die neue Initiative, die Teil der EU-Kapitalmarktunion-Agenda ist, dürfte dazu beitragen, dass die Unternehmen in der EU sich künftig leichter und günstiger am Markt finanzieren und so weiter wachsen können.

Trotz der Vorteile einer Börsennotierung haben die auf kleine und mittlere Unternehmen spezialisierten öffentlichen Märkte in der EU mitunter Schwierigkeiten, neue Emittenten zu finden. Aus diesem Grund will die Kommission die bestehenden EU-Vorschriften für den Zugang zu öffentlichen Märkten ändern, wie sie es im Juni 2017 in der Halbzeitbilanz des Aktionsplans zur Kapitalmarktunion angekündigt hatte. Sie will damit die umfassenden Maßnahmen ergänzen, die sie seit Anlaufen der Kapitalmarktunion-Initiative auf den Weg gebracht hat, um für kleine und mittlere Unternehmen den Zugang zu marktbasierten Finanzierungen zu verbessern.

Sie verfolgt dabei das Ziel, für kleine und mittlere Unternehmen, die eine Notierung und Wertpapieremission an einem „KMU-Wachstumsmarkt“ (einer neuen, für kleine Emittenten bestimmten Kategorie von Handelsplatz) anstreben, Bürokratie abzubauen und bei den an öffentlichen Märkten notierten KMU-Titeln für größere Liquidität zu sorgen. Damit wird bei der Förderung von KMU-Börsengängen ein verhältnismäßigerer Ansatz als bisher verfolgt und zugleich der Fortbestand von Anlegerschutz und Marktintegrität gewährleistet.

Strengere Versicherungsvorschriften zum Schutz der Opfer von Kraftfahrzeugunfällen

Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, die EU-Vorschriften über die Kfz-Haftpflichtversicherung zu verschärfen, um die Opfer von Kraftfahrzeugunfällen besser zu schützen und die Rechte der Versicherungsnehmer zu stärken.

Mit dem Vorschlag wird sichergestellt, dass die Opfer von Kraftfahrzeugunfällen vollen Schadensersatz erhalten, selbst wenn der Versicherer zahlungsunfähig ist. Die überarbeiteten Vorschriften sorgen zudem dafür, dass Versicherungsnehmer mit einem früheren Schadenverlauf in einem anderen Mitgliedstaat in gleicher Weise wie inländische Versicherungsnehmer behandelt werden und möglicherweise von besseren Versicherungsbedingungen profitieren.

Die Kommission schlägt konkret die folgenden Änderungen vor:

  • Insolvenz eines Versicherers: Ist der Versicherer des Fahrzeugs, das einen Unfall verursacht hat, zahlungsunfähig, so werden Geschädigte in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat rasch und in vollem Umfang entschädigt. Dadurch ist in grenzübergreifenden Situationen sichergestellt, dass die finanzielle Verantwortung letztlich beim Versicherungssektor des Herkunftsmitgliedstaats des Versicherers liegt und die Geschädigten rasch Schadensersatz erhalten können.
  • Bescheinigungen des Schadenverlaufs: Versicherer müssen die von einem Versicherer in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte Bescheinigung des Schadenverlaufs in gleicher Weise behandeln wie entsprechende inländische Bescheinigungen. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass Personen, die eine Versicherung im Ausland erwerben, inländischen Verbrauchern gleichgestellt sind und von günstigeren Versicherungsprämien profitieren können.
  • Fahren ohne Versicherungsschutz: Die Mitgliedstaaten erhalten stärkere Befugnisse, um gegen Fahren ohne Versicherungsschutz vorzugehen. Dies sollte zur Eindämmung dieser Verhaltensweise beitragen, durch die sich die Prämien für ehrliche versicherte Kraftfahrer erhöhen.
  • Mindestdeckungssummen: EU-Bürger werden bei Reisen in der EU den gleichen Mindestschutz genießen. In dem Vorschlag werden harmonisierte Mindestschutzniveaus für Personenschäden und Sachschäden in der EU festgelegt, da bei den derzeitigen Mindestsätzen geringfügige Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen.

Press release – Risk reduction proposal to enable sovereign bond-backed securities

MEMO

Factsheet

Press release – Making the financial sector a powerful actor in fighting climate change

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Press release – Making it easier for smaller businesses to get financing through capital markets

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Press release – stronger insurance rules to protect victims of motor vehicle accidents

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