18.03.2020 Brüssel. Einhellig haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs bei der Videokonferenz mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel gestern (Dienstag) hinter die Maßnahmen gestellt, die die Europäische Kommission bisher angesichts der Coronakrise auf den Weg gebracht hat. Sie billigten die von der Kommission vorgeschlagenen Leitlinien, um die Kontrollen an den Binnengrenzen zu koordinieren. „Wir müssen den freien Fluss von Medikamenten, Lebensmitteln und Waren sicherstellen, und unsere Bürgerinnen und Bürger müssen in ihre Heimatländer reisen können“, heißt es in den Schlussfolgerungen von Ratspräsident Michel. Die Behörden der Mitgliedstaaten seien auf allen Ebenen angewiesen, diese Leitlinien umzusetzen. Auch für die Grenzpendler werde es angemessene Lösungen geben.
„Ich hoffe, dass wir in den nächsten Tagen wieder zu einem reibungslosen Grenzverkehr kommen, der insgesamt aber deutlich runtergefahren ist. Wer nicht weiter reisen muss oder weite Strecken zurücklegen muss, der sollte zu Hause bleiben“, sagte Präsidentin von der Leyen im Anschluss an das Treffen in einem BILD-Interview.
Derzeit kommt es an einigen Binnengrenzübergängen wie auf der A4 an der Grenze zu Polen oder am Brenner zu erheblichen Rückstaus. EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean spricht heute mit den Verkehrsministern der EU-Mitgliedstaaten in einer Videokonferenz, um Blockaden an den Grenzen aufzulösen.
Die Mitgliedstaaten können Kontrollen an den Binnengrenzen aus Gründen der öffentlichen Ordnung zwar einführen, wozu in äußerst kritischen Situationen auch die öffentliche Gesundheit gehören kann. Die Kommission pocht in ihren Leitlinien aber darauf, dass die Kontrollen so organisiert werden, dass große Warteschlangen vermieden werden. Die Mitgliedstaaten sollten für den Güterverkehr prioritäre Fahrspuren (z.B. über „grüne Fahrspuren“) ausweisen, um ernsthafte Störung der Lieferketten zu verhindern.
Die mehr als 1,5 Millionen Grenzgänger in der Europäischen Union, die täglich in ein Nachbarland zur Arbeit pendeln, sollen ebenfalls leichter über die Grenze kommen, sofern sie weiter zur Arbeit müssen. Das sei in vielen Ländern wichtig, um den Krankenhausbetrieb und wichtige Produktionsbetriebe aufrechtzuerhalten, sagte von der Leyen. Die Mitgliedstaaten müssen stets ihre eigenen Bürger und Einwohner aufnehmen und sollten den Transit anderer EU-Bürger und Einwohner erleichtern, die in ihre Heimat zurückkehren.
Staats- und Regierungschefs billigen Einreisebeschränkungen in die EU
Die Staats- und Regierungschefs billigten zudem die von der Kommission vorgeschlagenen temporären Einreisebeschränkungen in die EU für nicht zwingend notwendige Einreisen aus Drittstaaten. Es obliegt nun den Mitgliedstaaten, die Maßnahmen zügig umzusetzen. Die Einreisebeschränkungen gelten zunächst für 30 Tage. Nicht betroffen sind Bürgerinnen und Bürger des Vereinigten Königreichs und der EFTA-Staaten (Schweiz, Norwegen, Liechtenstein, Island).
EU unterstützt Rückholung von Reisenden nach Europa
Die Europäische Union hilft auch den EU-Mitgliedstaaten und ihren Bürgerinnen und Bürgern, die in ihre Heimatländer zurückkehren müssen. Heute landete ein zweites Flugzeug in Österreich, das 315 Bürgerinnen und Bürger der EU, der Schweiz, Bosnien-Herzegowina und USA aus Marokko zurückgebracht hat. Der Flug wurde von der Kommission kofinanziert. Das Notfall-Koordinationszentrum des EU-Katstrophenschutzmechanismus kann die koordinierte Rückholung von EU-Bürgerinnen und Bürgern aus aller Welt unterstützen.
Gemeinsame Beschaffung von Schutzausrüstung
Um die Versorgung mit Schutzausrüstung in der EU sicherzustellen, laufen derzeit gemeinsame Beschaffungsverfahren. Gestern hat die Kommission wieder eines für Handschuhe und Masken gestartet, am Tag zuvor hat sie eines für Atemmasken lanciert. Die Unternehmen haben sechs Tage Zeit, Angebote zu unterbreiten, dann haben die Mitgliedstaaten wiederum sechs Tage, um Verträge zu unterzeichnen.
Auswirkungen auf die Wirtschaft abfedern
Die Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Eindämmung des Virus haben massive Auswirkungen auf die Wirtschaft, betonte von der Leyen. Um die Folgen abzufedern, wird die Kommission den Mitgliedstaaten mehr Spielraum bei Staatsbeihilfen einräumen. Und bezüglich der Haushaltsdisziplin soll eine Sonderklausel aktiviert werden, die Empfehlungen zur Korrektur des Budgetsaldos temporär außer Kraft setzt. „Wir tun alles, was nötig ist. Und wir werden nicht zögern, im weiteren Verlauf zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen“, sagte die Kommissionspräsidentin.
Die Staats- und Regierungschefs billigten die Vorlage ihrer Finanzminister für Wirtschaftshilfen. „Wir unterstützten die verschiedenen Initiativen der Kommission in den Bereichen des Binnenmarktes, wie die Anpassung der Regeln für staatliche Beihilfen und die Nutzung der im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehenen Flexibilitäten sowie den Rückgriff auf den EU-Haushalt“, heißt es weiter in den Schlussfolgerungen des Ratspräsidenten. Die Kommission hat unter anderem eine Investitionsoffensive über 37 Milliarden Euro vorgeschlagen, die mit Strukturfondsmitteln angeschoben werden kann.
Links zum Thema:
Videobotschaft von Präsidentin von der Leyen
Statement von Präsidentin von der Leyen nach der Videokonferenz
Video der Pressekonferenz
Schlussfolgerungen von Ratspräsident Michel
Überblick über die EU-Maßnahmen
Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.