27.11.2018 Straßburg – Seit über drei Jahren gibt es vorübergehende Binnengrenzkontrollen im Schengen-Raum. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments drängen auf klarere Bedingungen für ihre Verwendung als allerletztes Mittel.

Fünf EU-Mitgliedstaaten haben seit 2015 aufgrund außergewöhnlicher Umstände Kontrollen an den Binnengrenzen durchgeführt, obwohl die derzeitige Höchstdauer zwei Jahre beträgt. Ein am 23. Oktober vom Innenausschussangenommener Vorschlag, über den am 29. November im Plenum abgestimmt wird, zielt darauf ab, die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen nur mehr als letztes Mittel zuzulassen.

Erfahren Sie mehr in unserem Interview mit der slowenischen Berichterstatterin Tanja Fajon (S&D).

In einigen Ländern gibt es bereits seit über drei Jahren eine vorübergehende Aussetzung der Schengen-Regeln, obwohl die Höchstdauer bei zwei Jahren liegt. Warum ist dies möglich?

Sechs Länder des Schengen-Raums haben die Kontrollen an den Binnengrenzen über drei Jahre hinaus verlängert. Sie nutzen verschiedene Rechtsgrundlagen, um sie zu verlängern, denn in den derzeitigen Rechtsvorschriften gibt es, wie ich sagen würde, einige Grauzonen.

Die derzeitigen Regeln weisen eindeutig Unklarheiten auf. Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptbereiche, in denen der Schengener Grenzkodex angepasst werden sollte und warum?

Wir sagen in unserem Bericht, dass wir sehr klare Bedingungen haben müssen, unter denen die Länder Grenzkontrollen vorübergehend wiedereinführen können. Wir brauchen strengere Schutzbestimmungen, um sicherzustellen, dass dies wirklich das letzte Mittel ist.

Welche Umstände würden Kontrollen an den Binnengrenzen rechtfertigen?

Außergewöhnliche Situationen, wie große Sportereignisse oder große Migrationsströme, wie wir sie vor einigen Jahren erlebt haben. Derzeit gibt es keine vorhersehbaren ernsthaften Bedrohungen, die Kontrollen an den Binnengrenzen rechtfertigen – entgegen der Behauptung einiger Regierungen.

Die sechs Schengen-Länder – Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen und Frankreich – die Binnengrenzkontrollen durchführen, haben gesagt, sie würden sie verlängern. Ist dies gerechtfertigt?

Diese Verlängerungen sind nicht gerechtfertigt und es gibt auch keine Beweise dafür, dass sie es sind. In den letzten Jahren haben die nationalen Regierungen die Grenzen der geltenden Regeln ausgereizt und Kontrollen eher aus politischen Gründen als aus Notwendigkeit heraus verlängert.

Was sind die Hauptstreitpunkte mit dem Rat und der Kommission?

Der Hauptstreitpunkt mit der Kommission ist, dass wir die Kontrollen an den Binnengrenzen auf maximal ein Jahr beschränken wollen, wenn eine absehbare Bedrohung besteht und mit sehr strengen Schutzbestimmungen. Wir erwarten, dass das hohe Niveau der Schutzbestimmungen auch unter den EU-Ländern umstritten sein wird.

Wir senden ein sehr starkes Signal, dass wir die Einführung von Kontrollen an den Binnengrenzen nur dann zulassen werden, wenn dies auch wirklich notwendig ist. Schengen ist für die Europäerinnen und Europäer die greifbarste Errungenschaft der Integration, der Reisefreiheit … Wenn wir Schengen verlieren, werden wir das europäische Projekt verlieren. Die aktuelle Situation schädigt unsere Wirtschaft und macht unser Leben weniger bequem.

Vom Innenausschuss vorgeschlagene Änderungen:
  • Der Anfangszeitraum für Grenzkontrollen bei vorhersehbaren Ereignissen soll auf zwei Monate anstelle des aktuellen Zeitraums von sechs Monaten begrenzt werden.
  • Grenzkontrollen könnten künftig nicht mehr über ein Jahr hinaus verlängert werden, wodurch die derzeitige Höchstdauer von zwei Jahren halbiert würde.