16.04.2020 Brüssel. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat bei einer außerordentlichen Tagung des Europäischen Parlaments zur Reaktion der EU auf die Coronavirus-Pandemie heute (Donnerstag) in Brüssel an den europäischen Zusammenhalt während und nach der Krise appelliert. Zu Beginn habe gerade Italien nicht rechtzeitig Unterstützung bekommen. „Es ist richtig, dass Europa als Ganzes sich dafür aus tiefstem Herzen entschuldigt,“ sagte sie. Seitdem habe die EU jedoch in beispielloser Weise reagiert und Unterstützung im Wert von 3 Billionen Euro mobilisiert. „Eine solch umfassende Antwort gibt es sonst nirgendwo in der Welt,“ betonte die Kommissionspräsidentin, die insbesondere die Solidarität und Empathie der Menschen in ganz Europa würdigte. Der Weg aus der Krise werde lang, so von der Leyen. „Diese Krise wird wahrscheinlich unsere Politik, unsere Geopolitik und möglicherweise die Globalisierung selbst neu definieren. Und in dieser neuen Welt muss Europa zusammenhalten, und zwar durch Dick und Dünn.“
Präsidentin von der Leyen appellierte auch mit Blick darauf, dass sich die wirtschaftliche Erholung nach der Krise in verschiedenen europäischen Regionen unterschiedlich gestalten werde, an den Zusammenhalt Europas. „Die Krise ist symmetrisch, die Erholung wird es nicht sein. Es ist ja nicht nur das Virus, das uns trifft, sondern auch der wirtschaftliche Schock, der uns Schaden zufügt. Einige Regionen werden wieder auf die Beine kommen, andere werden eine schwierigere Zeit haben. Daher werden die Prinzipien von Zusammenhalt und Ausgleich wichtiger denn je sein.“
Reaktion der EU in den vergangenen Wochen
Die Europäische Union schöpfe alle Möglichkeiten aus, um der Krise zu begegnen, sagte Präsidentin von der Leyen vor dem Europäischen Parlament.
Zur Unterstützung der europäischen Gesundheitssysteme und des Menschen im Gesundheitswesen lege die EU einen gemeinsamen Vorrat an medizinischer Ausrüstung an. „Deswegen investieren wir gemeinsam in die Forschung nach Impfstoffen. Deshalb kümmern wir uns zentral um die Beschaffung der am dringendsten benötigten Güter am Weltmarkt. Und deswegen haben wir ein Team der besten Experten aus ganz Europa zusammengestellt, die regelmäßig ihr Wissen teilen, das Leben retten kann. Aus diesem Grund verzichten wir auf Zölle und Mehrwertsteuer bei der Einfuhr von medizinischem Gerät aus Drittstaaten,“ so die Präsidentin weiter.
„Deswegen haben wir vorgeschlagen, sämtliche noch verfügbaren Mittel des aktuellen Haushalts in ein Notprogramm zu lenken. Dadurch können fast 3 Milliarden Euro direkt dorthin fließen, wo sie gebraucht werden. In neue Beatmungsgeräte und Schutzausrüstung. In mehr Tests und mehr medizinische Hilfe für die Schwächsten, einschließlich derer, die in Flüchtlingslagern warten.“
Um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern, habe die Kommission die Vorschriften für staatliche Beihilfen flexibler gestaltet als je zuvor.
„Erstmals in unserer Geschichte haben wir die Flexibilität im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts voll ausgeschöpft. Neben den entschlossenen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank verschafft dies eine beispiellose fiskalische und finanzielle Handlungsfähigkeit,“ so die Präsidentin weiter.
„Dank der Beschlüsse der EU-Finanzminister in der vergangenen Woche werden weitere 500 Milliarden Euro für all jene bereitgestellt, die Unterstützung brauchen. In diesem Zusammenhang fordere ich alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, von SURE Gebrauch zu machen, dem von der Kommission vorgeschlagenen neuen Programm zum Schutz von Arbeitsplätzen und Beschäftigten in Europa. Im Rahmen des Programms werden 100 Milliarden Euro bereitgestellt, damit Regierungen den Einkommensunterschied ausgleichen können, wenn Ihr Unternehmen Kurzarbeit anmelden muss – und es kann auch Selbstständigen helfen.
Dank all dieser Maßnahmen erreicht die gemeinsame Antwort Europas einen Wert von deutlich über 3 Billionen Euro. Eine solch umfassende Antwort gibt es sonst nirgendwo in der Welt.“
Rolle des EU-Haushalts bei dem wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Krise
Präsidentin von der Leyen appellierte an den europäischen Pioniergeist in der Zeit nach der Krise. „Als Erstes müssen wir unsere Volkswirtschaften, unsere Gesellschaften und unsere Lebensweise nachhaltiger und widerstandsfähiger gestalten. Bei der Suche nach Antworten in dieser neuen Welt sind Mut, Vertrauen und Solidarität notwendig. Und wir werden massive Investitionen benötigen, um unsere Volkswirtschaften anzukurbeln. Wir brauchen einen Marshallplan für den Wiederaufbau Europas‚ und er muss unverzüglich umgesetzt werden,“ sagte sie.
Das Instrument dafür sei der europäische Haushalt. „Wir werden die Stärke des gesamten europäischen Haushalts nutzen, um die enormen Investitionen zu mobilisieren, die wir für den Wiederaufbau des Binnenmarkts nach Corona benötigen. Wir werden ihn vorziehen, damit wir diese massiven Investitionen in den entscheidenden ersten Jahren des Aufschwungs tätigen können.“
Sie sagte weiter: „[Wir] werden innovative Lösungen und mehr Spielraum im EU Haushalt benötigen, damit dieser massive öffentliche und private Investitionen mobilisieren kann. Dies wird unsere Volkswirtschaften ankurbeln und den Wandel hin zu einem widerstandsfähigeren, umweltfreundlicheren und digitalen Europa vorantreiben.
Auf diese Weise unterstützen wir nicht nur unsere Industrie und unsere Dienstleistungen, sondern helfen Ihnen auch, sich an eine neue Realität anzupassen.“
Das bedeute, dass Europa etwa in digitalen Technologien investieren müsse.
„Und das bedeutet auch, in unsere Wachstumsstrategie, den Europäischen Green Deal zu intensivieren. Mit der globalen Erholung wird sich die Erderwärmung nicht verlangsamen. Der Vorteil des Vorreiters wird sich doppelt auszahlen, und es wird von entscheidender Bedeutung sein, die richtigen Projekte zu finden, in die investiert werden kann,“ so die Kommissionspräsidentin weiter.
Links zum Thema:
Website zur Krisenreaktion der Kommission auf das Coronavirus
Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland