02.04.2020 Brüssel. Menschenleben schützen und Existenzgrundlagen sichern – das ist in der akuten Coronavirus-Krise das Wesentliche. Die Kommission verstärkt ihre Maßnahmen und hat heute (Donnerstag) ein mit 100 Milliarden Euro ausgestattetes Solidaritätsinstrument vorgeschlagen. Ziel des neuen Instruments mit dem Namen SURE ist es, dass Arbeitskräfte bei Kurzarbeit ihr Einkommen nicht verlieren und Unternehmen die Krise überstehen. Zugleich schlägt die Kommission vor, alle verfügbaren Strukturfonds-Mittel umzuschichten und sie ausschließlich auf die Bewältigung der Coronavirus-Krise auszurichten. „Wir werden jeden im EU-Haushalt verfügbaren Euro umwidmen, und wir werden alle Regeln lockern, damit die Mittel rasch und wirksam fließen können“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „So bündeln wir unsere Kräfte mit den Mitgliedstaaten, um Leben zu retten und Existenzgrundlagen zu sichern. Das ist echte europäische Solidarität.“
Landwirte und Fischer sowie die am stärksten benachteiligten Menschen werden ebenfalls unterstützt. Alle diese Maßnahmen basieren auf dem derzeitigen EU-Haushalt, aus dem bis auf den letzten Cent alles herausgeholt werden soll. Dies macht zugleich deutlich, wie wichtig ein starker und flexibler langfristiger EU-Haushalt ist. Die Kommission wird sich dafür einsetzen, dass sich die EU auch künftig auf einen solchen starken Haushalt stützen und Fortschritte auf dem Weg zur Erholung erzielen kann.
Der Ausbruch des Coronavirus stellt Europa in einer Art und Weise auf die Probe, die vor wenigen Wochen noch undenkbar gewesen wäre. Die Schwere und das Ausmaß dieser Krise erfordern eine beispiellose Reaktion in Umfang, Geschwindigkeit und Solidarität.
In den vergangenen Wochen hat die Kommission dafür gesorgt, dass die Mitgliedstaaten über die nötige Flexibilität verfügen, um ihre Gesundheitssysteme, ihre Wirtschaft und ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer finanziell zu unterstützen. Sie hat die Beschaffung medizinischer Ausrüstung koordiniert, beschleunigt und verstärkt, und sie hat Forschungsmittel für die Entwicklung eines Impfstoffs bereitgestellt. Sie hat sich unermüdlich dafür eingesetzt, dass der freie Warenverkehr in der EU weiter funktioniert, dass Grenzgänger zur Arbeit gehen können, dass Krankenhäuser weiter funktionieren, dass Fabriken produzieren können und dass die Lebensmittelversorgung gesichert ist. Sie hat die Rückholung von EU-Bürgern, ihren Familien und langfristig Aufenthaltsberechtigten aus der ganzen Welt nach Europa unterstützt und tut dies auch weiterhin.
Dabei handelt die Kommission in der Überzeugung, dass wir in Europa die Krise nur durch Zusammenarbeit, Flexibilität und vor allem Solidarität überwinden können.
Mit den heute vorgelegten Vorschlägen eröffnet die Kommission eine neue Dimension in der Krisenreaktion.
100 Milliarden Euro für den Erhalt von Arbeitsplätzen und zur Unterstützung von Unternehmen: die SURE-Initiative
Wir müssen die wirtschaftlichen Folgen abfedern, damit die EU-Wirtschaft wieder in Gang kommen kann, sobald die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Hierzu ist es wichtig, dass die Menschen ihren Arbeitsplatz nicht verlieren und Unternehmen ihren Geschäftsbetrieb aufrechterhalten können. Um dies zu erreichen, nutzen alle Mitgliedstaaten bereits jetzt oder in Kürze Kurzarbeitsregelungen.
SURE ist die Antwort der Kommission hierauf: ein neues Instrument, das Darlehen im Umfang von bis zu 100 Milliarden Euro für Länder bereitstellt, die Mittel zur finanziellen Unterstützung von Arbeitskräften und zur Verhinderung von Entlassungen benötigen. So können die Menschen weiter ihre Miete bezahlen, Rechnungen begleichen und Lebensmittel kaufen und so der Wirtschaft die dringend benötigte Stabilität bieten.
Die Darlehen werden sich auf Garantien der Mitgliedstaaten stützen und dort eingesetzt, wo sie am dringendsten benötigt werden. Alle Mitgliedstaaten werden von dem Instrument Gebrauch machen können, doch für die am stärksten betroffenen Länder werden die Darlehen besonders wichtig sein.
SURE wird Kurzarbeitsregelungen und ähnliche Maßnahmen unterstützen, mit denen die Mitgliedstaaten Arbeitsplätze sichern und Arbeitskräfte sowie Selbstständige vor Einkommensverlusten schützen. Die Unternehmen können die Arbeitszeiten vorübergehend reduzieren oder ganz aussetzen, und der Staat gewährt Einkommensbeihilfen für nicht geleistete Arbeitsstunden. Selbständige erhalten in der aktuellen Notsituation Entschädigungen für den Verdienstausfall.
Hilfsbedürftige werden nicht vergessen – Europäischer Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen
In Zeiten von Kontaktbeschränkungen, um die Ausbreitung des Virus aufzuhalten, ist es umso wichtiger, dass diejenigen weiter unterstützt werden, die für grundlegendste Bedürfnisse auf andere Menschen angewiesen sind. Zur Bewältigung dieser Herausforderung wird der Europäische Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen neu ausgerichtet. Insbesondere werden elektronische Gutscheine eingeführt, um das Kontaminationsrisiko zu verringern, und der Kauf von Schutzausrüstung für Helferinnen und Helfer wird unterstützt.
Unterstützung von Fischern und Landwirten
Landwirtschaft und Fischerei in Europa spielen eine zentrale Rolle dabei, uns alle mit unseren täglichen Lebensmitteln zu versorgen. Die Krise trifft diese Branchen sehr hart, was sich wiederum auf unsere Lebensmittelversorgungskette und die lokale Wirtschaft auswirkt, die beide von diesen Branchen abhängen.
Genau wie bei den Strukturfonds wird auch die Inanspruchnahme des Europäischen Meeres- und Fischereifonds flexibler gestaltet. Die Mitgliedstaaten können dadurch Unterstützung bereitstellen
- für Fischer, die ihrer Fangtätigkeit vorübergehend einstellen müssen,
- für Aquakulturbetriebe, die ihre Produktion vorübergehend aussetzen oder einschränken müssen,
- und für Erzeugerorganisationen, die vorübergehend Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse lagern.
Außerdem wird die Kommission in Kürze eine Reihe von Maßnahmen vorschlagen, damit Landwirte und andere Begünstigte die benötigte Unterstützung im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik bekommen können, indem ihnen beispielsweise mehr Zeit für die Einreichung von Beihilfeanträgen gewährt und den Behörden mehr Zeit für die Bearbeitung dieser Anträge gegeben wird, indem die Vorschüsse für Direktzahlungen und Zahlungen für die Entwicklung des ländlichen Raums erhöht werden und mehr Flexibilität für Vor-Ort-Kontrollen gewährt wird, um physischen Kontakt und Verwaltungsaufwand auf ein Mindestmaß zu verringern.
Wirtschaft und Menschen mit allen verfügbaren Mitteln schützen
- Umschichtung aller kohäsionspolitischen Mittel zur Bewältigung der Krise
Alle nicht gebundenen Mittel aus den drei kohäsionspolitischen Fonds – dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, dem Europäischen Sozialfonds und dem Kohäsionsfonds – werden mobilisiert, um die Auswirkungen der Pandemie zu bewältigen.
Um sicherzustellen, dass die Mittel dorthin umgeleitet werden können, wo sie am dringendsten benötigt werden, werden Übertragungen zwischen Fonds sowie zwischen unterschiedlichen Regionenkategorien und politischen Zielen ermöglicht. Darüber hinaus werden die Kofinanzierungsanforderungen aufgehoben, da die Mitgliedstaaten bereits all ihre Mittel für die Krisenbekämpfung einsetzen. Die Verwaltung wird vereinfacht.
- Das Soforthilfeinstrument
Nie zuvor war die Europäische Union mit einer Gesundheitsbedrohung dieser Größenordnung und Ausbreitung konfrontiert. Bei der Krisenbewältigung gilt es als oberste Priorität, Leben zu retten und den Bedürfnissen unserer Gesundheitssysteme und der im Gesundheitswesen arbeitenden Menschen gerecht zu werden, die Tag für Tag in ganz Europa wahre Wunder vollbringen.
Die Kommission tut alles, um zu gewährleisten, dass Schutzausrüstung und Beatmungsgeräte in ausreichender Menge bereitgestellt werden können. Trotz der intensiven Produktionsanstrengungen der Industrie herrscht in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor ein erheblicher Mangel an Schutzausrüstungen und Beatmungsgeräten. Einige Mitgliedstaaten haben außerdem keine ausreichenden Behandlungskapazitäten und würden davon profitieren, wenn sie Patienten in andere Gebiete mit mehr Ressourcen bringen könnten und medizinisches Personal an die am stärksten betroffenen Orte entsandt werden könnte. Auch für Massentests, medizinische Forschung, neue Behandlungsmethoden sowie für die Produktion, den Erwerb und die Verteilung von Impfstoffen in der gesamten EU ist Unterstützung erforderlich.
Die EU schlägt heute vor, alle verbleibenden Mittel aus dem diesjährigen EU-Haushalt für die Bedürfnisse der Gesundheitssysteme in Europa zu verwenden.
3 Milliarden Euro werden für das Soforthilfeinstrument bereitgestellt, wovon 300 Millionen Euro für RescEU bestimmt sind, um den gemeinsamen Bestand an Ausrüstungen aufzustocken. Oberste Priorität haben dabei die Bewältigung der Gesundheitskrise und die Bereitstellung der unverzichtbaren Ausrüstungen und Geräte, von Beatmungsgeräten bis zu persönlichen Schutzausrüstungen, von mobilen medizinischen Teams bis hin zu medizinischer Hilfe für die am stärksten gefährdeten Personen, auch in Flüchtlingslagern. Der zweite Schwerpunkt wäre die Erweiterung der Testkapazitäten. Der Vorschlag würde es der Kommission auch erlauben, Aufträge direkt im Namen der Mitgliedstaaten zu vergeben.
Wir werden noch mehr tun
Je nach der weiteren Entwicklung der Lage wird die Kommission weitere Vorschläge vorlegen und mit den anderen EU-Institutionen im Sinne eines möglichst zügigen Vorgehens zusammenarbeiten.
Links zum Thema:
Fragen und Antworten: EU-Soforthilfeinstrument für den Gesundheitssektor
Factsheet: Coronavirus – Krisenreaktion der EU – latest updates
Factsheet: Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise
Factsheet: Coronavirus – Krisenreaktion Unterstützung des Fischerei- und Aquakultursektors
Rechtstexte sind auf der Website Coronavirus – Krisenreaktion der Kommission verfügbar
Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.