20.01.2021 Brüssel. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Mittwoch (20. Januar) im Europäischen Parlament hoffnungsvoll auf die Amtseinführung Joe Bidens als 46. Präsident der Vereinigten Staaten geschaut. „Joe Bidens Eid wird eine Botschaft der Heilung sein, an eine gespaltene Nation“, sagte sie. „Und er wird eine Botschaft der Hoffnung sein, für die Welt, die darauf wartet, dass die USA in den Kreis gleichgesinnter Staaten zurückkehrt. Sie freue sich auf die Zusammenarbeit mit der neuen amerikanischen Regierung. „Europa ist bereit für einen Neubeginn mit unserem langjährigen, vertrautesten Partner.“ In der Plenardebatte sprach von der Leyen auch über die Prioritäten der EU im Kampf gegen die Pandemie und die Ziele des portugiesischen EU-Ratsvorsitzes.
Es gebe eine Reihe von globalen Herausforderungen, die EU und USA gemeinsam angehen müssten, so die Kommissionspräsidentin. „Ich freue mich sehr, dass an diesem ersten Tag im Amt der neuen Regierung die Vereinigten Staaten dem Pariser Übereinkommen wieder beitreten werden. Dies ist der Beginn unserer erneuerten Zusammenarbeit“, sagte sie.
„Die größte Notwendigkeit für eine sofortige globale Zusammenarbeit ist natürlich die Bekämpfung der Pandemie, die auf beiden Seiten des Atlantik so verheerend gewütet hat“, erklärte von der Leyen weiter. Die EU habe von Beginn an eine führende Rolle bei der globalen Reaktion eingenommen. Viele US-amerikanische Organisationen und Stiftungen hätten zum Aufbau und zur Gestaltung von COVAX beigetragen, der globalen Allianz, um Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen mit Impfstoffen zu versorgen. „Ich freue mich darauf, dass die amerikanische Regierung sich unseren gemeinsamen Anstrengungen anschließt. Dies wird ein starkes Signal sein“, sagte von der Leyen.
Die Kommissionspräsidentin betonte aber auch, dass der Amtswechsel in den USA nicht darüber hinwegtäuschen sollten, dass Gefahren für die Demokratie weiter bestehen blieben. Die Bilder der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar seien ein Schock gewesen. „So sieht es aus, wenn die rasante digitale Verbreitung der Hassbotschaften und Fake News zu einer Gefahr für die Demokratie werden. Wir sollten diese Bilder aus den USA als Mahnung begreifen. Trotz allen Urvertrauens in unsere europäische Demokratie – wir Europäer sind vor solchen Entwicklungen nicht gefeit.“
Sie sagte weiter: „Natürlich müssen wir auf die Sorgen und Nöte jedes einzelnen unserer Bürgerinnen und Bürger eingehen. Ihre Ängste etwa, in der Pandemie wirtschaftlich abgehängt zu werden. Und wir tun dies, etwa mit unserem milliardenschweren Wiederaufbauprogramm NextGenerationEU. Am Ende aber werden wir womöglich nicht jeden davon überzeugen können, dass in unseren Demokratien keine finsteren Mächte am Werk sind. Eines können – und eines müssen – wir als Politikerinnen und Politiker aber tun: Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Hassbotschaften und Falschinformationen nicht mehr ungehemmt verbreiten können. Wir müssen die ungebremste und unkontrollierte politische Macht der großen Internetkonzerne demokratisch einhegen.“
Europa schätze Innovation und sei neugierig auf Neues, fügte von der Leyen hinzu. „Aber niemals dürfen neue Technologien dazu führen, dass andere bestimmen, wie wir zu leben haben. Und genau darum geht es hier.“
Der heutige Tag bringe gute Nachrichten, sagte von der Leyen zum Abschluss ihrer Rede: „Die Vereinigten Staaten sind zurück. Und Europa ist bereit. Die Zusammenarbeit mit unserem traditionellen und vertrauten Partner wieder neu anzuschieben, unsere geschätzte Partnerschaft mit neuem Leben zu erfüllen.“
Prioritäten des portugiesischen EU-Ratsvorsitzes auf dem Weg aus der Pandemie
In der Plenardebatte sprach Präsidentin von der Leyen heute auch über die Prioritäten der portugiesischen Ratspräsidentschaft und verwies auf den anstehenden EU-Sozialgipfel im Mai in Porto. „Während wir dabei sind, die Pandemie zu überwinden, uns auf notwendige Reformen vorzubereiten, und den grünen und den digitalen Wandel voranzutreiben, ist es auch an der Zeit, das soziale Regelwerk anzupassen“, sagte von der Leyen.
Vor der Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs morgen verteidigte von der Leyen erneut das gemeinsame Vorgehen bei der Beschaffung von Impfstoffen. „Wer immer Zweifel hat, sollte sich die Liste der 50 Länder ansehen, die weltweit den höchsten Anteil ihrer Bevölkerung geimpft haben. Alle 27 EU-Mitgliedstaaten sind dabei. Wie viele Mitgliedstaaten befänden sich ohne einen gemeinsamen Ansatz der EU auf dieser Liste? Und wie viele Mitgliedstaaten wären nicht in der Lage gewesen, auch nur einen einzigen Vertrag auszuhandeln? Was hätte es für den Zusammenhalt unserer Union bedeutet, wenn ein Mitgliedstaat die meisten seiner Bürgerinnen und Bürger geimpft hätte, bevor andere Mitgliedstaaten überhaupt mit den Impfungen begonnen hätten? Weil wir unsere Kräfte gebündelt haben, hat die Kommission es geschafft, das weltweit umfassendste Impfstoffportfolio für alle in der EU zu sichern. Wie Sie wissen, erhalten wir dadurch Zugang zu 2,3 Milliarden Dosen. Und das ist mehr als genug für Europa und unsere Nachbarn“, sagte von der Leyen.
„Ein Wort zu unseren Nachbarn. Wir müssen sie dabei unterstützen, ihre Mitarbeiter an vorderster Front zu impfen. Ich denke insbesondere an die Staaten des westlichen Balkans, an unsere Östliche Partnerschaft und an unsere afrikanischen Partner im Süden. Aus diesem Grund schlägt die Kommission einen EU-Mechanismus vor, damit wir die Impfstoffe untereinander teilen können. Über diesen Mechanismus werden Impfstoffe entweder direkt weitergeleitet oder über die COVAX-Allianz, zu der die EU ja weltweit den größten Beitrag leistet. Team Europe hat unseren Partnern seit April bereits an die 40 Milliarden Euro Unterstützung bereitgestellt. Wir müssen in der gleichen Weise vorangehen, wenn es um die Impfstoffe geht.
Einige werden sich fragen, wie wir über das Teilen von Impfstoffen mit anderen reden können, solange wir selbst nicht alle geimpft sind. Denen sage ich: Hier geht es nicht nur um Solidarität mit unseren Nachbarn, sondern ebenso um unser eigenes Interesse. Wir werden diese Pandemie nur gemeinsam überwinden. Das gilt für unsere Gesundheit. Für unsere Volkswirtschaften und Lieferketten. Und auch für unsere geopolitische Glaubwürdigkeit und unseren Einfluss in der Welt. Wer in der Not seine Partner unterstützt – mit Impfdosen und Taten –, dem wird das nicht vergessen. Und an diejenigen, die dies nicht tun, erinnert man sich ebenso lange – aber in einem anderen Sinne. Und für mich ist es ganz klar: Europa muss auf der richtigen Seite der Geschichte und der Menschheit stehen.“
Links zum Thema:
Ursula von der Leyens Rede zur Amtseinführung von Joe Biden im Volltext und im Videomitschnitt
Rede von Ursula von der Leyen zu den Prioritäten der portugiesischen Ratspräsidentschaft und zur EU-Strategie für den Weg aus der Pandemie im Volltext
Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.