12.07.2018 Brüssel – Mit 2,1 Prozent in diesem und 2 Prozent im nächsten Jahr dürften sowohl die EU als auch der Euroraum 2018 und 2019 weiterhin ein kräftiges Wachstum verbuchen. Die Wachstumsdynamik hat nach fünf kraftvollen Quartalen in Folge in der ersten Jahreshälfte 2018 nachgelassen, sodass die Wachstumserwartung gegenüber dem Frühjahr nun um 0,2 Prozentpunkte heruntergeschraubt wurde.

In der zweiten Jahreshälfte dürfte das Wachstum dann wieder etwas anziehen, da sich die Arbeitsmarktlage und die Finanzen der privaten Haushalte weiter verbessern, die Verbraucher nach wie vor zuversichtlich sind und die Geldpolitik konjunkturfreundlich bleibt. Zu diesem Ergebnis kommt die gestern (11.07.2018) von der Kommission vorgelegte Zwischenprognose Sommer 2018.

Valdis Dombrovskis, Vizepräsident für den Euro und den sozialen Dialog, außerdem zuständig für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion, erklärte:  „Mit dem für dieses Jahr für den Euroraum und die EU28 prognostizierten Wachstum von 2,1 Prozent verzeichnet Europa nach wie vor eine solide Konjunktur. Die gegenüber Mai erfolgte Abwärtskorrektur beim BIP-Wachstum zeigt jedoch, dass ein ungünstiges außenwirtschaftliches Umfeld wie die zunehmenden handelspolitischen Spannungen mit den USA das Vertrauen dämpfen und das Wirtschaftswachstum belasten können. Die wachsenden außenwirtschaftlichen Risiken zeigen einmal mehr, dass wir die Widerstandsfähigkeit unserer Volkswirtschaften und des Euroraums insgesamt erhöhen müssen.“

Pierre Moscovici, EU-Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll, sagte: „Angesichts der nach wie vor akkomodierenden Geldpolitik und der weiterhin rückläufigen Arbeitslosigkeit geht die Prognose für Europa von einem robusten Wachstum aus. Die gegenüber dem Frühjahr geringfügige Abwärtskorrektur spiegelt die Auswirkungen der gespannten Handelsbeziehungen und der politischen Unsicherheit auf das Vertrauen sowie die steigenden Energiepreise wider. Unsere Prognose geht für die Jahre 2018 und 2019 von anhaltendem Wachstum aus, wenngleich eine Ausweitung der protektionistsichen Maßnahmen ein klares Abwärtsrisiko darstellt. Handelskriege kennen keine Sieger, nur Verlierer.“

Weiter solide Fundamentalfaktoren, aber bei nachlassendem Wachstum

Die fundamentalen Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum sind in der EU und im Euroraum nach wie vor gegeben. Dass sich die Wachstumsraten abschwächen, ist zum Teil auf vorübergehende Faktoren zurückzuführen, doch könnten die zunehmenden handelspolitischen Spannungen, die höheren Ölpreise und die politische Ungewissheit in einigen Mitgliedstaaten ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

Global betrachtet bleibt das Wachstum solide, doch nehmen die Wachstumsunterschiede zwischen den Ländern und Regionen zu.

Energiepreise führen zu höherer Inflationsprognose

Da die Ölpreise seit dem Frühjahr steigen, wird in diesem Jahr nunmehr mit einer Teuerungsrate von durchschnittlich 1,9 Prozent in der EU und 1,7 Prozent im Euroraum gerechnet, womit die Inflationsprognose gegenüber dem Frühjahr in beiden Fällen um 0,2 Prozentpunkte heraufgesetzt wurde. Die Inflationsprognose für 2019 wurde für den Euroraum um 0,1 Prozentpunkt auf 1,7 Prozent angehoben, für die EU jedoch bei 1,8 Prozent belassen.

Prognose mit erheblichen Abwärtsrisiken behaftet

Auch wenn sich das jüngste kraftvolle Wachstum als robust erwiesen hat, bleibt die Prognose doch mit erheblichen Abwärtsrisiken behaftet, die seit dem Frühjahr noch zugenommen haben.

Im Basisszenario wird keine weitere Eskalation im Handelsstreit angenommen. Sollten die Spannungen jedoch zunehmen, würde sich dies nachteilig auf den Handel und die Investitionen niederschlagen und in allen beteiligten Ländern zu Wohlstandsverlusten führen. Weitere Risiken bestehen darin, dass durch die Rückkehr zur geldpolitischen Normalität übermäßige Schwankungen an den Finanzmärkten ausgelöst werden oder sich andere geopolitische Risiken bewahrheiten könnten.

Rein technische Annahmen für 2019 beim Vereinigten Königreich

Da die Verhandlungen über die genauen Bedingungen des Brexit noch nicht abgeschlossen sind, beruhen unsere Prognosen für 2019 auf der rein technischen Annahme, dass die Handelsbeziehungen zwischen der EU-27 und dem Vereinigtes Königreich unverändert bleiben. Dies dient einzig und allein Prognosezwecken und lässt die laufenden Gespräche im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 50 unberührt.

Hintergrund

Die Prognose beruht auf einer Reihe technischer Annahmen für Wechselkurse, Zinssätze und Rohstoffpreise mit Stichtag 28. Juni 2018. Bei allen anderen Eingangsdaten wurden Informationen bis einschließlich 3. Juli berücksichtigt.

Ab diesem Jahr legt die Europäische Kommission anstelle der drei umfassenden jährlichen Prognosen, die sie seit 2012 im Frühjahr, Herbst und Winter veröffentlicht hatte, jedes Jahr wieder zwei umfassende Prognosen (im Frühjahr und Herbst) und zwei Zwischenprognosen (im Winter und Sommer) vor. Die Zwischenprognosen enthalten jährliche und vierteljährliche BIP- und Inflationszahlen für das laufende und das folgende Jahr für alle Mitgliedstaaten und das Euro-Währungsgebiet sowie die aggregierten Zahlen für die EU insgesamt. Durch die Rückkehr zum alten Prognose-Rhythmus werden die Prognosen der Kommission zeitlich wieder mit denen anderer Organisationen (wie der Europäischen Zentralbank, des Internationalen Währungsfonds oder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)) zusammenfallen.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung: Zwischenprognose Sommer 2018: Robustes Wachstum bei zunehmender Unsicherheit

Die Prognose in voller Länge: Zwischenprognose Sommer 2018

Pressemitteilung: Frühjahrsprognose 2018: Aufschwung hält trotz neuer Risiken an