24.01.2019 Brüssel. Die europaweit geltenden Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid basieren auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das hat EU-Umweltkommissar Karmenu Vella mit Blick auf die aktuelle Debatte in Deutschland bekräftigt. Das Europäische Parlament und die EU-Staaten hatten die EU-Richtlinie zur Luftqualität im Jahr 2008 verabschiedet. Die darin festgeschriebenen Grenzwerte fußen auf den Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation und weiterer wissenschaftlicher Studien.
Vella erklärte gestern (Mittwoch) Abend:
„Wir sollten alle besorgt sein um die Qualität der Luft, die Europäerinnen und Europäer einatmen. Der Schutz der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger ist daher für uns sehr wichtig, auch im Rahmen unserer EU-Gesetzgebung zur Luftqualität. Die geltenden EU-Grenzwerte, die von allen Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament verabschiedet wurden, basieren auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der weltweit führenden Autorität in Gesundheitsfragen.
Diese Erkenntnisse werden von unzählbaren wissenschaftlichen Studien gestützt, die – wenn ich dies betonen darf – einer wissenschaftlichen Überprüfung unterzogen wurden.
Tatsache ist, dass wir leider die Folgen im Lebensalltag hunderttausender Menschen beobachten können, jung und alt, in Städten überall in Europa, die mit den Gesundheitsfolgen schlechter Luftqualität zu kämpfen haben.
Daher müssen wir dringend die Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität beschleunigen, um so die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu schützen.“
Hintergrund
Die Europäische Kommission verfolgt die aktuelle Debatte in Deutschland über die Auswirkungen von Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM) auf die menschliche Gesundheit.
Der Schutz der öffentlichen Gesundheit ist von größter Bedeutung und wird in den Vorschlägen und Initiativen der Kommission berücksichtigt, einschließlich aller, die sich auf die Qualität der Luft beziehen, die die Europäer atmen.
Die EU – das heißt die nationalen Regierungen aller Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament – haben die Höchstwerte für Schadstoffe einschließlich NO2 und PM festgelegt, und zwar auf Basis der besten, von Experten überprüften, wissenschaftlichen und technischen Gutachten.
Die bestehenden Vorschriften bedeuten, dass bei Überschreitung dieser Grenzwerte dringend Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität und damit zum Schutz der Gesundheit der Bürger ergriffen werden müssen.
Die Kommission leistet den nationalen, regionalen und lokalen Akteuren praktische Hilfe bei der Verbesserung der Luftqualität in Europa, und im Mai 2018 verabschiedete sie die Mitteilung über „Saubere Luft für alle“, in der die Maßnahmen zur Verbesserung der Luft in Europa beschrieben sind.
Die aktuellen NO2-Grenzwerte basieren auf der Richtlinie 2008/50. Die EU hat die Luftqualitätsnormen seit 1999 in ihren Rechtsvorschriften festgelegt und in ihrer Richtlinie von 2008 auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse der Weltgesundheitsorganisation bestätigt.
Die jüngste umfassende Überprüfung der zugrunde liegenden Nachweise wurde 2013 im Rahmen der „Review of evidence on health aspects of air pollution (REVIHAAP)“ veröffentlicht. Darin wurde die bestehende Wissensbasis, die die Grundlage für die europäischen Rechtsvorschriften zur Luftqualität bildet, erneut bestätigt.
Auch andere unabhängige Organisationen wie der Europäische Rechnungshof und die Europäische Umweltagentur haben in ihren jüngsten Berichten die negativen Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Gesundheit der Menschen anerkannt.
Wie hat die EU die aktuellen NO2-Limits berechnet?
Die aktuellen NO2-Grenzwerte basieren auf der Richtlinie 2008/50. Die EU hat die Luftqualitätsnormen seit 1999 in ihren Rechtsvorschriften festgelegt und in ihrer Richtlinie von 2008 auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse der Weltgesundheitsorganisation bestätigt.
In der Richtlinie 2008/50/EG heißt es: „Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt insgesamt ist es von besonderer Bedeutung, den Ausstoß von Schadstoffen an der Quelle zu bekämpfen und die effizientesten Maßnahmen zur Emissionsminderung zu ermitteln und auf lokaler, nationaler und gemeinschaftlicher Ebene anzuwenden. Deshalb sind Emissionen von Luftschadstoffen zu vermeiden, zu verhindern oder zu verringern und angemessene Luftqualitätsziele festzulegen, wobei die einschlägigen Normen, Leitlinien und Programme der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu berücksichtigen sind.“
Die jüngsten Empfehlungen aus den Luftqualitätsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation, die hier zusammengefasst sind, betonen erneut die schwerwiegenden Auswirkungen auf die Gesundheit und bestätigen den Wert von 40 μg/m3 im Jahresdurchschnitt:
„There are serious risks to health not only from exposure to PM, but also from exposure to ozone (O3), nitrogen dioxide (NO2) and sulfur dioxide (SO2). … Epidemiological studies have shown that symptoms of bronchitis in asthmatic children increase in association with long-term exposure to NO2. Reduced lung function growth is also linked to NO2 at concentrations currently measured (or observed) in cities of Europe and North America.“
Die WHO hat weitere Beweise für diese Werte vorgelegt und 2013 eine vollständige und detaillierte „Review of evidence on health aspects of air pollution“ durchgeführt, die hier zu finden ist.
In ihrer umfassenden Überprüfung stellt die WHO fest:
„More studies have now been published, showing associations between long-term exposure to NO2 and mortality and morbidity. Both short- and long-term studies have found these associations with adverse effects at concentrations that were at or below the current EU limit values, which for NO2 are equivalent to the values from the 2005 global update of the WHO air quality guidelines. Chamber and toxicological evidence provides some mechanistic support for a causal interpretation of the respiratory effects.“
Wie werden die gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung berechnet (einschließlich Schätzungen von vorzeitigen Todesfällen), und sind diese Zahlen robust?
Die Europäische Umweltagentur (EEA) erstellt jährlich Gesundheitsrisikobewertungen zur Luftverschmutzung auf europäischer Ebene. Diese stellen eine objektive und vergleichbare Schätzung der Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Gesundheit der Bevölkerung dar. Demnach sind mehr als 400.000 vorzeitige Todesfälle in der Europäischen Union auf die Luftverschmutzung zurückzuführen.
Die Europäische Umweltagentur verwendet die besten verfügbaren Daten zur Luftqualität sowie Informationen über Bevölkerung und Gesundheit auf europäischer Ebene, um das Gesundheitsrisiko abzuschätzen. Die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlagen sich in der Bewertung der EEA ebenfalls wider. Dazu gehören die Zusammenhänge zwischen der Konzentration eines Luftschadstoffs, dem eine Bevölkerung ausgesetzt ist, und einem gesundheitlichen Ergebnis (z.B. Mortalität) und den Konzentrationen, ab denen gesundheitliche Auswirkungen berücksichtigt werden.
Die Schätzungen sind ein guter Indikator für das Ausmaß der gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung, insbesondere auf besonders gefährdete Gruppen wie Kinder und Menschen mit Atemwegserkrankungen, und eine solide Grundlage für die Messung der Auswirkungen von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität.
Wird die Grenzwertspezifikation im Laufe der Zeit angepasst (aufgrund neuer Erkenntnisse) oder für immer festgelegt?
Die Europäische Kommission überprüft regelmäßig die EU-Rechtsvorschriften und bewertet derzeit die Richtlinien zur Luftqualität im Rahmen eines Fitness-Checks (mit dem Schwerpunkt, ob die Rechtsvorschriften relevant, wirksam, effizient sowie kohärent mit anderen Politikbereichen sind und einen EU-Mehrwert bieten).
In diesem Zusammenhang wird auch überprüft, ob die Grenzwerte auf einem Niveau festgelegt sind, das zur Erreichung des Gesamtziels der Luftqualitätspolitik beiträgt. Der Fitness-Check wird Ende 2019 abgeschlossen sein, und seine Ergebnisse werden in die Diskussion der Kommission einfließen, ob die Richtlinie überarbeitet werden muss oder nicht.
Berücksichtigt die Europäische Kommission die Stellungnahme von 107 deutschen Lungenfachärzten, dass PM- und NO2-Emissionen nicht so schädlich seien?
Die Kommission nimmt Kenntnis von den laufenden Diskussionen über die Auswirkungen der Luftverschmutzung im Allgemeinen und die gesundheitlichen Auswirkungen von Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10 und PM2,5) im Besonderen.
Allerdings bestätigt der überwiegende Teil der wissenschaftlichen Erkenntnisse, die in den letzten Jahren gesammelt wurden, immer wieder, dass Stickstoffdioxid und Partikel unsere Gesundheit bereits in den Konzentrationen beeinflussen, die in den Luftqualitätsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation festgelegt sind.
Ein Beispiel für eine wissenschaftlich fundierte und gründlich geprüfte (peer-reviewed) Analyse ist die REVIHAAP (Review of evidence on health aspects of air pollution) aus dem Jahr 2013 sowie eine Reihe anderer wissenschaftlicher – und umfassend durch Experten begutachteter – Bewertungen.
Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.