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Rede von Birgit Honé, Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung zu TOP 58 „Eine Wasserstoffstrategie für ein klimaneutrales Europa“ © Niedersächsisches Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung

PresseInformation des Niedersächsischen Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung vom 18.09.2020.

993. Sitzung des Bundesrates am 18.09.2020

Rede von Birgit Honé, Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung zu TOP 58 „Eine Wasserstoffstrategie für ein klimaneutrales Europa“

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

nachhaltig, sicher und bezahlbar, so soll die Energie der Zukunft aussehen. Den Übergang dorthin sollten wir nicht allein national, sondern mindestens europäisch gestalten. Wasserstoff wird dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Kommissionspräsidentin von der Leyen hat am Mittwoch in ihrer Rede zur Lage der Union auf die Bedeutung von Wasserstoff für neue, saubere Tätigkeiten der Industrie hingewiesen. Dass die EU eine gemeinsame -Wasserstoffstrategie erarbeitet und auf den Weg bringt, ist daher richtig. Es zeigt übrigens auch, dass Europa in einem komplexen Feld handlungsfähig sein kann, wenn wir nun den Blick über die Zeit der aktuellen unmittelbaren Krisenbewältigung hinaus richten.

Und dieser Blick nach vorn richtet sich auf eine wirkliche Vision. Aber auf eine Vision, die wir uns keineswegs als reines Wunschbild ausmalen, sondern konkret gestalten werden: Europa will bis 2050 der erste klimaneutrale, wettbewerbsfähige Kontinent werden. Dies hat auch Kommissionspräsidentin von der Leyen in ihrer Rede erneut bekräftigt. Sie hat sich dabei für die notwendige Anhebung des EU-Klimaziels für 2030 auf 55 Prozent ausgesprochen.

Der europäische Grüne Deal ist der Plan, um das zu erreichen. Das große Ziel der Klimaneutralität der EU bis 2050 wird aber nur dann erreichbar sein, wenn nachhaltige Quellen erneuerbarer Energien entwickelt werden. Grüner Wasserstoff muss hierbei eine herausragende Rolle spielen.

Eine starke Wasserstoffwirtschaft auf der Basis von grünem Wasserstoff bietet große Chancen für Klimaschutz, Innovation und Beschäftigung gerade auch für Regionen abseits der Zentren. Er verbindet also ganz unterschiedliche Zukunftsthemen: Klima, Innovation, Arbeit, regionale Entwicklungschancen.

Grüner Wasserstoff wird die nachhaltige regionale Entwicklung fördern, weil wichtige Teile der Wertschöpfungskette in den Regionen realisiert werden können. Dies zeigen Erfahrungen aus Wasserstoffprojekten in Niedersachsen.

Anrede,

Grüner Wasserstoff benötigt jetzt dringend besondere Unterstützung, um marktfähig zu werden. Wer Europa bis 2050 klimaneutral will, muss den Ausbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft jetzt aktiv fördern.

Wir haben eine nationale Wasserstoffstrategie, es gibt auch regionalen Pläne wie die Norddeutsche Wasserstoffstrategie. Aber wir brauchen einen europäischen Rahmen, um jetzt den nächsten Schritt zu gehen. Hiermit kann eine echte europäische Wasserstoffwirtschaft aufgebaut und ein Wasserstoff-Binnenmarkt entwickelt werden.

Aus dieser Erwägung heraus habe ich mich bereits seit Dezember 2019 in Brüssel als Berichterstatterin des Europäischen Ausschusses der Regionen – kurz AdR – für eine EU-Wasserstoffstrategie eingesetzt.

Anrede,

Ich unterstütze ausdrücklich, dass die EU-Wasserstoffstrategie mit dem Ziel der Klimaneutralität einen Fokus auf grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien legt.

Die Europäische Kommission sieht mit der Strategie wichtige Maßnahmen vor, die wir unterstützen. Wir hatten sie weitestgehend auch in der AdR-Stellungnahme gefordert. Dies betrifft insbesondere folgende Bereiche:

1. Die Stärkung einer EU-weiten Nachfrage und Produktion. Die Strategie gibt für 2024 und 2030 Produktionsziele für grünen Wasserstoff und Zielwerte für Kapazitäten von Elektrolyseuren vor. Für die heimische Produktion ist hierbei allerdings ein deutlicher Ausbau der erneuerbaren Energien entscheidend!
Wir erhoffen uns von der Umsetzung der Strategie eine Schaffung von Leitmärkten für grüne Wasserstofftechnologien.

2. Ein umfassender, klarer EU-Rechtsrahmen für Infrastruktur und Marktentwicklung. Entscheidend ist eine EU-weite Nachhaltigkeitsklassifizierung von Wasserstoff. Die Kommission muss auch eine Sektorenintegration anstreben, die den Wasserstoffmarkt gut mit dem Strom- und Gasmarkt verbindet, mit einer Überarbeitung der einschlägigen EU-Gesetzgebung.

3. Eine Förderung durch Investitionen, Besteuerung und staatliche Beihilfen. Die Kommission soll zügig den angekündigten Rahmen für großskalige, staatlich geförderte IPCEI-Projekte [Important Projects of Common European Interest] schaffen, sowie die Energiebesteuerungsrichtlinie überarbeiten. Die Corona-Krise muss jetzt zum Anlass genommen werden, wichtige Zukunftsinvestitionen in grünen Wasserstoff voranzutreiben.

4. Die Förderung von Forschung, Innovation und Bildung. So ist der Vorschlag der Kommission für eine Europäische Partnerschaft für sauberen Wasserstoff im Rahmen von Horizont Europa zügig umzusetzen.

5. muss die EU den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten und Cluster im Auge haben. Ich begrüße es, dass die EU-Wasserstoffstrategie die Rolle der Regionen einschließlich von „Hydrogen Valleys“ als regionale Wasserstoffökosysteme anerkennt. Und ich freue mich, dass Kommissionpräsidentin von der Leyen die Bedeutung von „Hydrogen Valleys“ ebenfalls hervorgehoben hat. Regionen sind unerlässliche Akteure für den Marktaufbau. Die EU-Wasserstoffstrategie muss die Entwicklung und Durchführung regionaler Strategien und Programme unterstützen.

Sie muss zudem die Teilnahme von Regionen an der Europäischen Allianz für sauberen Wasserstoff und der Europäischen Partnerschaft für sauberen Wasserstoff unterstützen.

Anrede,

Wir unterstützen die Bundesregierung in ihrem Anliegen, im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie Wasserstoff auch als ein europäisches Gemeinschaftsprojekt anzugehen.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft bietet hierfür einen ersten wichtigen Anlass.

Im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft sind wichtige Impulse für eine zügige, zielführende Umsetzung der Strategie zu setzen. Es ist uns besonders wichtig, dass die Bundesregierung auf eine Beibehaltung des Fokus auf grünen Wasserstoff hinwirkt.

Die Rolle der Regionen und „hydrogen valleys“ beim Aufbau einer europäischen Wasserstoffwirtschaft sollten auch z.B. in den angestrebten Ratsschlussfolgerungen unterstützt werden.

Darüber hinaus halten wir es für geboten, dass die Bundesregierung sich bei der Ausgestaltung des neuen Mehrjährigen Finanzrahmens der EU, einschließlich des Aufbauinstruments „Next Generation EU“, für verstärkte Förderungsmöglichkeiten für die Bundesländer zum Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft einsetzt.

Das Versprechen von Kommissionspräsidentin von der Leyen, mit „NextGenerationEU“ in europäische Wasserstoff-Leuchtturm-Projekte zu investieren gilt es nun einzulösen.

Letztlich sollte die Bundesregierung in den kommenden Jahren bei der Kommission für eine zügige Umsetzung der in der Strategie angekündigten Maßnahmen werben.

Anrede,

Ich hoffe, dass der grüne Wasserstoff mit der EU-Wasserstoffstrategie auch auf der Ebene der EU nun weiter an Fahrt aufnimmt. Wir wollen, dass Europa klimaneutral wird und wettbewerbsfähig bleibt. Man könnte auch sagen, Europa soll weiter ein guter, zukunftsfähiger Ort sein zum Leben und Arbeiten für alle Menschen. Die EU-Wasserstoffstrategie kann dafür einen wichtigen Beitrag leisten, deshalb unterstützen wir sie.

Vielen Dank.