Borrell zu Afghanistan: Evakuierung hat Priorität, EU wird weiter humanitäre Hilfe leisten © Europäische Union, 2020, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Adam Berry

18.08.2021 Brüssel. Nach einer außerordentlichen Videokonferenz der EU-Außenminister zur Lage in Afghanistan am Dienstag (17. August) hat der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, auf eine sichere Evakuierung der europäischen Staatsangehörigen in Afghanistan und der afghanischen Ortskräfte gedrungen. „Wir können sie nicht im Stich lassen und wir werden alles tun, was wir können, um sie in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu bringen und ihnen dort Schutz zu bieten“, sagte er nach dem Treffen. Die EU werde weiter humanitäre Hilfe für die afghanische Bevölkerung leisten. Sie sei insbesondere besorgt um die Lage der Mädchen und Frauen. Zudem werde die EU die Transit- und Nachbarländer Afghanistans bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Land unterstützen.

Die EU müsse mit den neuen afghanischen Machthabern reden, so Borrell, „um eine potenzielle Migrationskatastrophe, aber auch eine humanitäre Krise, zu verhindern.“ Gleichzeitig werde die EU auf die Einhaltung internationaler Verpflichtungen achten, die die verschiedenen afghanischen Regierungen seit mehr als 50 Jahren eingegangen sind. „Und natürlich liegen uns die Situation der Frauen und Mädchen, die Menschenrechte, aber insbesondere die der Frauen und Mädchen sehr am Herzen.“

„Wir müssen die Taliban auffordern, ihren Verpflichtungen nachzukommen, wenn es um die Zivilbevölkerung und ihr Eigentum geht. Humanitäre Hilfe wird weiterhin zur Verfügung stehen“, unterstrich Borrell. „Wir befürchten, dass das afghanische Volk in den nächsten Monaten in eine katastrophale Lage geraten könnte, wenn die klimatischen Bedingungen für die Nahrungsmittelproduktion sehr schlecht sein werden.“

Ausreise von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vor Ort

Um eine sichere und geordnete Ausreise der europäischen Staatsangehörigen und afghanischer Ortskräfte, die die EU-Delegation vor Ort unterstützt haben, zu organisieren, seien das Funktionieren des Flughafens von Kabul und sichere Routen zum Flughafen entscheidend. Die Evakuierung laufe. „In diesem Zusammenhang möchte ich Spanien dafür danken, dass es bereit ist, ein Zentrum für die Aufnahme dieser Menschen einzurichten, das später auf die verschiedenen Mitgliedstaaten verteilt wird, die ihnen ein Visum anbieten. Ich möchte auch Italien für die Bereitstellung der Luftbrücke und Frankreich für die militärische Sicherheit vor Ort danken. Und allen Mitgliedstaaten für die Erteilung der erforderlichen Visa für fast 400 Personen und ihre Familien, die unsere Delegation und unsere Missionen in Afghanistan unterstützen.“

Folgen des Engagements in Afghanistan bewerten

Es sei notwendig, die Folgen des langjährigen Engagements in Afghanistan zu bewerten, so Borrell. „Dieses war ursprünglich von der Notwendigkeit geleitet, Al-Qaida zu bekämpfen, die für die Anschläge vom 11. September verantwortlich war. Das Engagement des Westens bestand darin, Al-Qaida zu vernichten, aber es verlagerte sich allmählich auf den Aufbau eines modernen Staates, auf den Aufbau einer Nation, um die Freiheiten und Grundrechte der Menschen, insbesondere der Frauen und Mädchen, zu gewährleisten. Heute, 20 Jahre später, können wir sagen, dass der erste Teil der Mission erfolgreich war und der zweite nicht.“

Er sagte weiter: „Wir müssen uns die Frage stellen, welche Folgen eine Operation zum Nation-Building hatte, die mit einer beispiellosen Menge an Ressourcen durchgeführt wurde, aber nur sehr bescheidene Ergebnisse in Bezug auf die begrenzte Widerstandsfähigkeit des afghanischen Staates und der afghanischen Armee erzielte.“ Die Frage stelle sich auch mit Blick auf andere, ähnliche Operationen.

Link zum Thema:

Mitschrift des Pressestatements und der Pressekonferenz im englischen Original

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.