Was versteht man unter der Handelspolitik der EU? Warum ist sie in einer globalisierten Wirtschaft von Bedeutung? Erfahren Sie hier mehr über einen der komplexesten Politikbereiche der EU.

Warum ist die EU-Handelspolitik in einer globalisierten Wirtschaft wichtig?

05.06.2019 Brüssel/Berlin – Die wirtschaftliche Globalisierung ist durch die Vertiefung des internationalen Handels und die zunehmende Verflechtung der einzelnen Volkswirtschaften auf globaler Ebene gekennzeichnet. Die Handelspolitik der EU ist ein zentrales Instrument, um auf die Globalisierung zu reagieren und ihr Potenzial in echte Nutzen umzusetzen.

Eine Handelspolitik auf EU-Ebene, und nicht auf nationaler Ebene, ermöglicht mehr Einfluss in bilateralen Verhandlungen und multinationalen Gremien wie der Welthandelsorganisation (WTO). Das Hauptziel der EU-Handelspolitik ist, mehr Möglichkeiten für europäische Unternehmen zu eröffnen, indem Handelsbarrieren wie Zölle und Quoten beseitigt werden und ein fairer Wettbewerb sichergestellt wird.

Die gemeinsame Handelspolitik ist für die europäische Wirtschaft von großer Bedeutung, da sie Wachstum und Beschäftigung fördert. Über 36 Millionen Jobs in der EU hängen von Exporten in Länder außerhalb der Union ab. Im Durchschnitt unterstützt jede Milliarde Euro an Exporten in Nicht-EU-Länder mehr als 13.000 EU-Arbeitsplätze.

Erfahren Sie in unserer Infografik mehr über die EU und den Welthandel

Außerdem schützt die EU-Handelspolitik die Europäer, da sichergestellt wird, dass die Einfuhren auch den Verbraucherschutzvorschriften entsprechen.

Die EU setzt die Handelspolitik auch dafür ein, um die Menschenrechte, sowie die Einhaltung von Sozial- und Sicherheitsstandards, den Umweltschutz und die Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung zu fördern.

Wie funktioniert die EU-Handelspolitik?

Die Handelspolitik der EU umfasst den Handel mit Waren und Dienstleistungen, ausländische Direktinvestitionen, kommerzielle Aspekte des geistigen Eigentums (zum Beispiel Patente) und das öffentliche Auftragswesen.

Die Handelspolitik setzt sich aus drei zentralen Elementen zusammen:

  • Handelsabkommen mit Drittländern, um neue Märkte zu erschließen und die Handelsmöglichkeiten für EU-Unternehmen zu verbessern
  • Regulierung des Handels, um die Hersteller in der EU vor unlauterem Wettbewerb zu schützen
  • Mitgliedschaft der EU in der Welthandelsorganisation, die internationale Handelsregeln festlegt. Die EU-Mitgliedstaaten sind ebenfalls Mitglieder, doch die Europäische Kommission führt die Verhandlungen im Namen der Union.

Handelsabkommen

Handelsabkommen werden mit Nicht-EU-Ländern ausverhandelt, um die Handelsmöglichkeiten zu verbessern. Es gibt verschiedene Arten von Abkommen:

  • Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifiks
  • Freihandelsabkommen mit Industrieländern
  • Assoziierungsabkommen, die größere politische Abkommen (wie die Union für den Mittelmeerraum) stärken, z.B. mit Tunesien

Der Schwerpunkt aller Abkommen liegt auf der Verringerung von Handelshemmnissen und der Sicherstellung von Investitionen.

Erfahren Sie hier mehr über laufende Handelsverhandlungen

Regulierung des Handels

Die Europäische Union verfügt auch über Regeln, um europäische Unternehmen vor unfairen Handelspraktiken zu schützen. Dazu können Dumping oder Subventionen zählen, um die Preise gegenüber europäischen Waren künstlich niedrig zu halten. Außerdem können Zollschranken und Quoten den Warenverkehr behindern. Wenn Handelsstreitigkeiten nicht gelöst werden, können sie zu einem „Handelskrieg“ führen.

Erfahren Sie hier mehr über die Handelsschutzinstrumente der EU

Auch ausländische Direktinvestitionen werden in der EU reguliert. Im Februar 2019 billigten die Abgeordneten einen neuen Screening-Mechanismus, um zu gewährleisten, dass ausländische Investitionen in strategischen Sektoren nicht die Interessen und Sicherheit Europas beeinträchtigen.

Lesen Sie hier mehr über die Prüfung ausländischer Direktinvestitionen

Die EU und die WTO

Die Welthandelsorganisation besteht aus über 160 Mitgliedern, die 98 Prozent des Welthandels ausmachen. Sie hat zum Ziel, das Welthandelssystem fair zu gestalten, indem gemeinsame Regeln für den Handel zwischen den Ländern vereinbart und überwacht werden.

Die EU ist ein starker Unterstützer der WTO und hat bei der Entwicklung des internationalen Handelssystems stets eine wichtige Rolle gespielt.

Die EU ist in die multilateralen Handelsgespräche der WTO eng eingebunden. Das Europäische Parlament verfolgt die Handelsverhandlungen genau und verabschiedet Berichte darüber.

Die aktuelle Runde der WTO-Verhandlungen – der Doha-Zyklus (2001) – ist aufgrund mangelnder Einigung über Schlüsselpolitiken einschließlich der Landwirtschaft ins Stocken geraten.

Die EU nutzt auch die Entscheidungs- und Durchsetzungsbefugnisse der Welthandelsorganisation im Falle eines Handelsstreits und ist einer der größten Nutzer ihres Streitbeilegungssystems.

Lesen Sie hier mehr über die EU und die WTO

Wie wird über die EU-Handelspolitik entschieden?

Die gemeinsame Handelspolitik fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der EU. Dies bedeutet, dass die EU als Ganzes und nicht einzelne Mitgliedstaaten befugt ist, Handelsgesetze zu verabschieden und internationale Handelsabkommen abzuschließen (gemäß Artikel 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU, AEUV).

Mit dem Vertrag von Lissabon (2007) wurde das Europäische Parlament neben dem Rat zum Mitgesetzgeber für Handel und Investitionen. Internationale Handelsabkommen können nur dann in Kraft treten, wenn das Parlament diese gebilligt hat. Außerdem kann das Parlament Handelsverhandlungen durch die Annahme von Entschließungen beeinflussen.