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Hochleistungsrechnen und Quanteninformatik: EU-Kommission will Spitzenposition Europas sichern und ausbauen © Europäische Union, 2020, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Dati Bendo

18.09.2020 Brüssel. Die EU-Kommission will die digitale Souveränität Europas stärken und hat heute (Freitag) Vorschläge unterbreitet, mit der die führende Rolle Europas in den Bereichen Hochleistungsrechnen und Quanteninformatik ausgebaut werden soll. „Mit unserem heutigen Vorschlag werden die Investitionen in Hochleistungsrecheninfrastrukturen beträchtlich erhöht, um deren enormes Potenzial auszuschöpfen, die Lebensqualität zu verbessern und sowohl die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu steigern als auch die wissenschaftliche Forschung voranzubringen“, sagte die Exekutiv-Vizepräsidentin für ein Europa für das digitale Zeitalter, Margrethe Vestager. Investitionen in Höhe von 8 Milliarden Euro sollen für die nächste Supercomputer-Generation ermöglicht werden.

„Hochleistungsrechnen ist eine für Europa enorm wichtige digitale Fähigkeit. Wie sich bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie gezeigt hat, tragen Supercomputer bereits zur Suche nach Behandlungsmöglichkeiten bei, erkennen und prognostizieren die Ausbreitung von Infektionen und helfen bei der Entscheidung über Eindämmungsmaßnahmen. Daten sind in Verbindung mit künstlicher Intelligenz und Supercomputern auch ein wichtiges Instrument zur Entdeckung von Mustern in Ökosystemen und können so zur Eindämmung von Klimaänderungen und zur Arbeit an der Katastrophenvorbeugung und der Bekämpfung des Klimawandels beitragen“, so Vestager weiter.

Die Kommission hat eine neue Verordnung für das Gemeinsame Unternehmen für europäisches Hochleistungsrechnen (GU EuroHPC) vorgelegt, das europäische, nationale und private Investitionen bündelt. Dieser Vorschlag würde Investitionen in Höhe von 8 Milliarden Euro in die nächste Supercomputer-Generation ermöglichen. Dieses Budget für den Zeitraum 2021 – 2033 setzt sich zusammen aus einer EU-Investition in Höhe von 3,5 Milliarden Euro aus dem nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen, zu gleichen Teilen aus den teilnehmenden Mitgliedstaaten des gemeinsamen Unternehmens (Mitgliedstaaten und alle anderen assoziierten Länder) und 1 Milliarde Euro Investitionen von den privaten Mitgliedern des gemeinsamen Unternehmens EuroHPC.

Damit wird Europa in die Lage versetzt, im technologischen Wettlauf um den nächsten Meilenstein des Hochleistungsrechnens Vorreiter zu bleiben:

  • Exa-Supercomputer, die mehr als eine Trillion (1018) Rechenoperationen pro Sekunde ausführen können und
  • Quantencomputer und Hybridrechner, in denen Quantenelemente und klassische Rechentechnik miteinander kombiniert werden und die Rechenoperationen durchführen können, die für heutige Supercomputer unmöglich sind.

Das Gemeinsame Unternehmen EuroHPC wird allen Anwendern in ganz Europa, darunter öffentlichen Stellen, industriellen Anwendern und insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) unabhängig von ihrem Standort die bestehenden europäischen Hochleistungsrechen- und Quanteninformatikressourcen zugänglich machen. Über den neuen Haushalt wird derzeit noch verhandelt. Er soll auch aus Mitteln der Programme „Horizont Europa“ und „Digitales Europa“ und der Fazilität „Connecting Europe“ unterstützt werden.

Außerdem fordert die Kommission die Mitgliedstaaten in einer ebenfalls heute angenommenen Empfehlung dazu auf, die ultraschnelle Netzanbindung zu fördern und ein gemeinsames Konzept für die 5G-Einführung zu entwickeln.

Anwendungen des Hochleistungsrechnens

Diese Supercomputer-Infrastruktur könnte für über 800 Anwendungen in den Bereichen Wissenschaft, Industrie und öffentlicher Sektor in Europa herangezogen werden.

Im Gesundheitswesen, auch bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie, tragen Supercomputer bereits zur Suche nach Behandlungsmöglichkeiten bei, modellieren und prognostizieren die Ausbreitung von Infektionen und helfen bei der Entscheidung über Eindämmungsmaßnahmen. Im Juni gab das von der EU geförderte Konsortium Exscalate4CoV bekannt, dass sich das für die Osteoporose-Therapie bereits zugelassene Generikum Raloxifene auch zur Behandlung von COVID-19-Patienten mit schwachen Symptomen eignen könnte. Dieses Arzneimittel ist nun für die Phase der klinischen Tests bereit, und im Rahmen des Projekts wird inzwischen weiter an anderen vielversprechenden Molekülen gearbeitet. Supercomputer werden Wissenschaftlern in Europa auch zu einem besseren Verständnis des menschlichen Stoffwechsels und Immunsystems verhelfen und zu erheblichen Fortschritten führen, etwa in der Genforschung, bei der Entwicklung und Erprobung neuer Arzneimittel oder bei der Bekämpfung schwerer Krankheiten, einschließlich Krebs und Virusinfektionen.

Zudem wird diese Hochleistungsrecheninfrastruktur zur Umsetzung der EU-Initiative „Destination Earth“ (Ziel Erde) beitragen, mit der erhebliche Verbesserungen der Wettervorhersage, der städtischen und ländlichen Raumplanung, der Abfall- und Wasserbewirtschaftung und der ozeanografischen Modellierung sowie der Modellierung von Meeren und Eislandschaften erzielt werden sollen. All dies wird zum Übergang zu einer umweltfreundlichen Wirtschaft im Einklang mit den Zielen des europäischen Grünen Deals und zur Vorbereitung auf größere Umweltschäden und ‑katastrophen sowie zu deren Bewältigung beitragen.

Hintergrund

Das Gemeinsame Unternehmen EuroHPC wurde 2018 gegründet, um die EU in die Lage zu versetzen, im Bereich des Hochleistungsrechnens durch die Bündelung der Ressourcen der EU, der beteiligten Länder (bisher 32) und privater Partner Weltrang zu erlangen.

Durch das GU EuroHPC wurden seit seiner Einrichtung im Jahr 2018 die Investitionen in das Hochleistungsrechnen auf europäischer Ebene erheblich gesteigert, um Europa in diesem Bereich eine weltweite Führungsrolle zu verschaffen. Allein im Zeitraum 2019–2020 werden sich die öffentlichen Investitionen des Gemeinsamen Unternehmens auf rund 1,1 Milliarden Euro belaufen. Das bedeutet auf europäischer Ebene einen Nettoanstieg um fast 250 Millionen Euro pro Jahr gegenüber der Zeit vor 2018.

Mit diesen Mitteln wird das GU EuroHPC bis Anfang 2021 drei Vor-Exa-Systeme aufbauen (mindestens 1017 Rechenoperationen pro Sekunde), die zu den fünf besten Supercomputern der Welt gehören werden, sowie fünf Peta-Systeme (mindestens 1015 Rechenoperationen pro Sekunde), die unter den Top 50 sein werden. Diese neuen Anlagen werden die auf europäischer Ebene verfügbare Hochleistungsrechenkapazität um das Achtfache steigern. Der Einsatz von Hochleistungsrechnern in der EU sowohl durch öffentliche als auch durch private Anwender und insbesondere durch KMU, die selbst nicht über die für die Nutzung dieser neuen Technologie erforderlichen Mittel verfügen, wird damit ausgeweitet.

Das GU EuroHPC unterstützt auch die Schaffung von 33 nationalen Kompetenzzentren, die sich auf lokaler Ebene für den leichteren Zugang zum europäischen Hochleistungsrechnen in verschiedenen Wirtschaftszweigen einsetzen, verschiedensten Anwendern, unter anderen KMU, Lösungen nach Maß anbieten und somit letztendlich die Kenntnisse und das Fachwissen im Bereich dieser Technologien in Europa stärken werden.

Weitere Schritte

Die neue Verordnung über das Gemeinsame Unternehmen für europäisches Hochleistungsrechnen (GU EuroHPC) wird dem Rat der Europäischen Union nun zur Annahme vorgelegt. Die Vorbereitungen für die Fortsetzung der Tätigkeiten des Gemeinsamen Unternehmens über 2021 hinaus laufen bereits. So wurden schon etwa 20 Projekte für die Entwicklung innovativer Hochleistungsrechen-Anwendungen und ‑Dienste ausgewählt.

Links zum Thema:

Lage der Union: Kommission formuliert neuen ehrgeizigen Auftrag für Führung beim Hochleistungsrechnen
Presseinformation der EU-Kommission vom 18.09.2020.

Fragen und Antworten

Factsheet zum Gemeinsamen Unternehmen für europäisches Hochleistungsrechnen (GU EuroHPC)

Vorgeschlagene Verordnung

Website des Gemeinsamen Unternehmens EuroHPC

Rede zur Lage der Union

Präsidentin von der Leyens Rede zur Lage der Union: Europas Kurs aus der Coronavirus-Krise und in die Zukunft
Presseinformation der EU-Kommission vom 16.09.2020.

Website zur Lage der Union 2020

Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland.