27.09.2018 Brüssel – Die Europäische Kommission hat heute (Donnerstag, 27.09) Interessierte um Stellungnahmen zum Rechtsrahmen für die Freistellung von Seeschifffahrtskonsortien von Kartellrechtsbestimmungen aufgefordert‚ in denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen zwischen Unternehmen verboten sind („Gruppenfreistellungsverordnung für Konsortien“).

Die Containerschifffahrt, die auf der Grundlage von Linienkonsortialkonten erfolgt, macht den größten Teil des Stückgutfrachtaufkommens aus, das auf dem Seeweg von und nach Europa befördert wird. Wettbewerbsfähige Seeverkehrsdienste sind daher für die gesamte Wirtschaft der EU von entscheidender Bedeutung.

Das EU-Recht verbietet generell Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb beschränken. Jedoch gestattet die Gruppenfreistellungsverordnung für Seeschifffahrtskonsortien Reedereien mit einem kumulierten Marktanteil von weniger als 30 Prozent, unter bestimmten Umständen Kooperationsvereinbarungen für die gemeinsame Erbringung von Dienstleistungen im Seefrachtverkehr zu schließen (sogenannte „Konsortien“).

Wenn solche Konsortien einem ausreichenden Wettbewerb ausgesetzt sind, in dem sie nicht für die Preisfestsetzung oder den Marktanteil genutzt werden, können ihre Nutzer Verbesserungen in Bezug auf die Produktivität und die Qualität der Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Daher hat die Kommission derartige Vereinbarungen bislang von dem Verbot wettbewerbswidriger Vereinbarungen nach Artikel 101 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ausgenommen.

Die Gruppenfreistellungsverordnung gilt bis zum 25. April 2020. Die Kommission hat daher eine Konsultation eingeleitet, um die Meinungen der Interessenträger einzuholen und die Kommission bei der Bewertung der Auswirkungen und der Relevanz der Gruppenfreistellungsverordnung für Konsortien zu unterstützen und um nachzuweisen, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen diese Verordnung außer Kraft treten oder verlängert werden kann.

Insbesondere bittet die Kommission um Stellungnahmen von Reedereien, deren Kunden (Verlader und Spediteure), von Hafenbetreibern und deren Verbänden. Weitere Interessenträger, deren Beiträge von großem Nutzen sein werden, sind auf das Wettbewerbsrecht und den Seeverkehr spezialisierte Branchenanalysten, Wissenschaftler und Anwaltskanzleien. Die Wettbewerbsbehörden der EU-Mitgliedstaaten werden ebenfalls konsultiert.

Alle Interessenträger sind aufgefordert, bis zum 20. Dezember 2018 auf der Website der Konsultation der Kommission ihren Standpunkt darzulegen.

Die Kommission wird alle Beiträge sorgfältig prüfen und die Stellungnahmen der Beteiligten, eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und Schlussfolgerungen auf der Website der Konsultation veröffentlichen.

Hintergrund

Die Linienschifffahrtsdienste umfassen die regelmäßige Beförderung von nicht abgefüllter Seeladung (in den meisten Fällen Containern) auf einer bestimmten Strecke. Sie erfordern beträchtliche Investitionen und werden daher regelmäßig von mehreren Schifffahrtsunternehmen, die auf der Grundlage von Konsortialvereinbarungen zusammenarbeiten, gemeinsam erbracht. Konsortien können Größenvorteile bieten und eine bessere Nutzung des Schiffsraums ermöglichen. Ein angemessener Anteil der aus diesen Effizienzgewinnen resultierenden Vorteile kann an die Nutzer der Seeverkehrsdienste weitergegeben werden, und zwar in Form einer besseren Erfassung der Häfen und bessere Dienstleistungen.

Artikel 101 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) untersagt Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb beschränken. Nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV können solche Vereinbarungen jedoch für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, wenn sie unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder ‑verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne den Wettbewerb auszuschalten.

Nach der Verordnung (EG) Nr. 246/2009 des Rates kann die Kommission gemäß Artikel 101 Absatz 3 AEUV Konsortialvereinbarungen im Wege einer Verordnung für einen auf fünf Jahre begrenzten, aber verlängerbaren Zeitraum von der Anwendung des Artikels 101 Absatz 1 AEUV ausnehmen.

Dementsprechend hat die Kommission die Gruppenfreistellungsverordnung für Konsortien erlassen (Verordnung (EG) Nr. 906/2009 der Kommission), in der die besonderen Voraussetzungen für eine solche Freistellung festgelegt sind. Diese Voraussetzungen sollen insbesondere eine angemessene Teilhabe der Kunden an den daraus resultierenden Vorteilen gewährleisten.