18.06.2018 Brüssel – Die Europäische Kommission richtet heute (18.06.2018) ein hochrangiges Treffen mit 12 Vertretern weltanschaulicher Gemeinschaften aus ganz Europa aus, das Teil des in Artikel 17 des Vertrags von Lissabon vorgesehenen regelmäßigen Dialogs mit Kirchen, religiösen Vereinigungen und weltanschaulichen Gemeinschaften ist. Das neunte jährliche Treffen dieser Art stand unter dem Motto „Künstliche Intelligenz: Bewältigung ethischer und sozialer Herausforderungen“. Den Vorsitz führte Vizepräsident Andrus Ansip.
Der für den Dialog nach Artikel 17 zuständige Erste Vizepräsident Frans Timmermans erklärte: „Unsere Gesellschaften befinden sich inmitten einer beispiellosen digitalen Revolution, die sich auf jeden Einzelnen auf unserem Planeten auswirken wird. Diese Revolution birgt neue Versprechen und neue Risiken von Störungen. Wir stellen derzeit fest, dass die digitale Welt weiter fortgeschritten ist als die ethische Diskussion darüber, was im Internet erlaubt sein könnte und sollte. Wir können nicht riskieren, dass dasselbe im Bereich der künstlichen Intelligenz und der Automatisierung geschieht. Wir müssen die Kontrolle über diesen Wandel behalten und sicherstellen, dass er dazu dient, unsere Werte zu fördern und unser Sozialmodell zu verteidigen.“
Andrus Ansip, der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident, sagte hierzu: „Von einer besseren Gesundheitsfürsorge bis hin zu mehr Sicherheit im Verkehr ergeben sich zahlreiche Vorteile der künstlichen Intelligenz, und Europa sollte sie sich zunutze machen. Parallel zu mehr Investitionen arbeiten wir ethische Leitlinien für die KI-Entwicklung im Interesse des Gemeinwohls aus. Dies erfordert eine offene Debatte über Kernthemen wie die Bedeutung von Diversität und eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den Geschlechtern in der KI, um voreingenommene Entscheidungen zu vermeiden. Das heutige Treffen und die vor Kurzem erfolgte Einrichtung der Europäischen KI-Allianz leisten einen Beitrag zu dieser breiten Debatte.“
Das heutige Treffen auf hoher Ebene bot die Gelegenheit, zwei wichtige Fragen im Zusammenhang mit der künstlichen Intelligenz (KI) anzugehen. Zum einen widmete sich das Treffen den potenziellen Auswirkungen der künstlichen Intelligenz auf die Grundrechte, insbesondere mit Blick auf die Privatsphäre, die Menschenwürde, den Verbraucherschutz und die Nichtdiskriminierung. Zum anderen stand die soziale Dimension der künstlichen Intelligenz auf der Tagesordnung, insbesondere mit Blick auf ihre Auswirkungen auf die soziale Inklusion und die Zukunft der Arbeit.
Vizepräsident Andrus Ansip ermutigte die Teilnehmer, ihr diesbezügliches Engagement durch einen Beitrag zu den laufenden KI-Initiativen der Kommission fortzusetzen, insbesondere im Rahmen der Europäischen KI-Allianz, die in der vergangenen Woche ins Leben gerufen wurde. Die KI-Allianz ist eine über ein Online-Forum gebildete Gemeinschaft von Akteuren, die sich an einer breiten und offenen Debatte über alle Aspekte der Entwicklung der künstlichen Intelligenz und ihrer Auswirkungen beteiligen.
Die G7 hatte sich in ihrer gemeinsamen Vision von Charlevoix zur Zukunft der künstlichen Intelligenz dazu verpflichtet, den Dialog mit den Interessengruppen über KI-Innovationen zur Steigerung von Vertrauen und Akzeptanz und als Beitrag zu künftigen politischen Diskussionen zu fördern. Sie ist auch ein Schlüsselelement des europäischen Konzepts für die KI und der von 28 europäischen Ländern unterzeichneten Kooperationserklärung zur KI.
Hintergrund
Das heutige Treffen mit ranghohen Vertretern weltanschaulicher Gemeinschaften ist die neunte Zusammenkunft dieser Art, die die Kommission seit 2009 veranstaltet hat, als der Dialog mit Kirchen, religiösen Vereinigungen und weltanschaulichen Gemeinschaften im Vertrag von Lissabon verankert (Art. 17 AEUV) wurde. Der Dialog wird unter der Federführung des Ersten Vizepräsidenten Timmermans geführt. Jedes Jahr sind diese Treffen verschiedenen aktuellen Themen gewidmet. In den vergangenen Jahren hatte der Erste Vizepräsident Timmermans die Teilnehmer zu wertvollen Diskussionen zu den Themen „Zusammenleben und mit Meinungsverschiedenheiten positiv umgehen“ im Jahr 2015, „Migration, Integration und europäische Werte“ im Jahr 2016 und „Die Zukunft Europas“ im Jahr 2017 eingeladen.
Am 25. April 2018 rief die Europäische Kommission eine europäische Initiative zur künstlichen Intelligenz ins Leben. Dazu schlägt die Kommission ein auf den folgenden drei Säulen beruhendes Konzept vor: Erhöhung öffentlicher und privater Investitionen, Vorbereitung auf sozioökonomische Änderungen und Gewährleistung eines geeigneten ethischen und rechtlichen Rahmens. Die Kommission möchte insbesondere sicherstellen, dass im Zuge des digitalen Wandels niemand abgehängt wird und dass diese neuen Technologien auf Werten beruhen. Wie bei allen revolutionären Technologien können einige Anwendungen der künstlichen Intelligenz neue ethische und rechtliche Fragen aufwerfen.
Im Rahmen dieser Initiative werden bis Ende 2018 ethische Leitlinien für die KI-Entwicklung erarbeitet, die auf der Charta der Grundrechte der Europäischen Union beruhen, unter Berücksichtigung von Grundsätzen wie Datenschutz und Transparenz und gestützt auf die Arbeit der Europäischen Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien.
Um die Ausarbeitung dieser Leitlinien zu unterstützen und Empfehlungen abzugeben, hat die Kommission eine KI-Sachverständigengruppe eingesetzt.
Weitere Informationen
Die Mitteilung „Künstliche Intelligenz für Europa“ ist abrufbar unter: https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/factsheet-artificial-intelligence-europe
Mitglied der Europäischen KI-Allianz werden: https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/european-ai-alliance
Der Dialog der Europäischen Kommission mit Kirchen, religiösen Vereinigungen und weltanschaulichen Gemeinschaften auf der Homepage der GD Justiz zu den Grundrechten:
http://ec.europa.eu/justice/fundamental-rights/dialogue/index_en.htm
Teilnehmerliste
- Herr Henri BARTHOLOMEEUSEN, Präsident des Centre d’Action Laïque (CAL)
- Herr Michael BAUER, Vizepräsident der Europäischen Humanistischen Föderation, Humanistischer Verband Deutschlands Bayern (Geschäftsführer)
- Herr Max BOJARKI, Großorient von Polen, Vizepräsident des laizistischen Kongresses
- Frau Martine CERF, Generalsekretärin von Egalité Laïcité Europe (EGALE)
- Frau Raluca CIOCIAN-ARDELEANU, Vizepräsidentin der rumänischen sekulär-humanistischen Vereinigung
- Herr Jean DE BRUEKER, Präsident der Contribution des Obédiences Maçonniques Adogmatiques et Libérales à la Construction Européenne (COMALACE)
- Herr Giulio ERCOLESSI, Präsident der Europäischen Humanistischen Föderation (EHF)
- Frau Marie-Claude KERVELLA-BOUX, Präsidentin des Institut Maçonnique Européen, Großmeisterin der Frauen-Großloge von Frankreich
- Herr Marc MENSCHAERT, Präsident der Alliance Maçonnique Européenne (AME)
- Herr László Nemes, Vereinigung ungarischer Humanisten, Professor an der Károly-Eszterházy-Universität, Eger (Ungarn)
- Herr Keith Porteous WOOD, Exekutivdirektor der National Secular Society (VK)
- Herr Claude WACHTELAER, Präsident der European Association for Free Thought (AEPL)