29.11.2018 Brüssel – Die Europäische Kommission hat in ihrer gestrigen Sitzung über Fortschritte bei der Risikominderung in der Bankenunion debattiert und zur rascheren Vollendung der Kapitalmarktunion aufgerufen. Außerdem wurde eine Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels beschlossen und die Lage in der Ukraine erörtert.

Bankenunion und Kapitalmarktunion

Die Kommission hat gestern (28.11) zwei Mitteilungen über die Kapitalmarktunion und die Bankenunion verabschiedet und im Vorfeld des Europäischen Rates und des Euro-Gipfels Bilanz über die jüngsten Entwicklungen bei der Risikominderung im Bankensektor und über die Fortschritte auf dem Weg zu einem noch stärker integrierten und stabileren EU-Finanzsystem gezogen. Auf den beiden im Dezember stattfindenden Gipfeln sollen Entscheidungen über die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion getroffen werden.

In ihrem dritten Fortschrittsbericht über den Abbau notleidender Kredite hat die Kommission hervorgehoben, dass der Anteil notleidender Kredite im europäischen Bankensektor weiter sinkt und im EU-Durchschnitt nun bei 3,4 % liegt. Dies bestätigt den positiven Gesamttrend, der in den letzten Jahren dank entschlossener Maßnahmen von Mitgliedstaaten und Marktteilnehmern in der gesamten Union, und insbesondere in Ländern mit einem relativ hohen Anteil an solchen Krediten, eingesetzt hat. Trotz dieser durchaus ermutigenden Entwicklungen darf jedoch nicht übersehen werden, dass hohe Quoten notleidender Kredite in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor eine Herausforderung darstellen.

In einer gesonderten Mitteilung ruft die Kommission dazu auf, das politische Engagement und die Anstrengungen zur Vollendung einiger wichtiger Bausteine der Kapitalmarktunion zu erneuern und die einschlägigen Arbeiten noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im kommenden Mai abzuschließen. Zusammen mit der Vollendung der Bankenunion ist dies eine wesentliche Voraussetzung für die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion und die Stärkung der internationalen Rolle des Euro.

Wichtige Vorschläge für neue EU-weit verfügbare Produkte und Dienstleistungen, einfachere, klarere und verhältnismäßigere Vorschriften und eine effizientere Beaufsichtigung der Finanzindustrie werden Unternehmen und Anlegern neue Möglichkeiten im Binnenmarkt eröffnen. Derzeit sind zehn der 13 Vorschläge für die Bausteine der Kapitalmarktunion noch Gegenstand von Gesprächen der gesetzgebenden Organe der EU. Über drei Vorschläge für ein nachhaltiges Finanzwesen und drei weitere wichtige Vorschläge für die EU-Finanzmärkte wird ebenfalls noch beraten.

„Ein sauberer Planet für alle“

Die Europäische Kommission hat eine langfristige Strategie für eine florierende, moderne, wettbewerbsfähige und klimaneutrale Wirtschaft bis 2050 verabschiedet: „Ein sauberer Planet für alle“. In dieser Strategie wird aufgezeigt, wie Europa die Vorreiterrolle auf dem Weg zur Klimaneutralität übernehmen kann, indem es in realistische technologische Lösungen investiert, die Bürgerinnen und Bürger aktiv einbezieht, Maßnahmen in Schlüsselbereichen wie der Industriepolitik, dem Finanzwesen und der Forschung aufeinander abstimmt und gleichzeitig für soziale Gerechtigkeit sorgt, um einen fairen Übergang zu gewährleisten.

Im Rahmen dieser langfristigen Strategie sollen keine Zielvorgaben gemacht werden. Es geht vielmehr darum, eine Vision zu entwickeln und eine Richtung vorzugeben, dafür zu planen, und Interessenträger, Forscher, Unternehmer sowie Bürger gleichermaßen dazu zu inspirieren und in die Lage zu versetzen, neue und innovative Wirtschaftszweige, Geschäftsmodelle und entsprechende Arbeitsplätze zu schaffen.

Mit dieser langfristigen Strategie soll die gesamte Bandbreite der Optionen für Mitgliedstaaten, Unternehmen und Bürger ausgelotet und geprüft werden, wie diese zur Modernisierung unserer Wirtschaft beitragen und die Lebensqualität für die Europäer verbessern können. Ziel ist es, diesen Übergang sozial gerecht zu gestalten und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und Industrie der EU auf den globalen Märkten zu verbessern. Dadurch wird angestrebt, hochwertige Arbeitsplätze und ein nachhaltiges Wachstum in Europa zu sichern und gleichzeitig anderen ökologischen Herausforderungen wie schlechter Luftqualität und Verlust der Biodiversität zu begegnen.

Um eine klimaneutrale Wirtschaft zu erreichen, ist gemeinsames Handeln in sieben strategisch wichtigen Bereichen erforderlich: Energieeffizienz; Ausbau erneuerbarer Energien; saubere, sichere und verbundene Verkehrsmittel; wettbewerbsfähige Industrie und Kreislaufwirtschaft; Infrastruktur und Verbindungen; Bioökonomie und natürliche Kohlenstoffsenken; CO2-Abscheidung und -Speicherung. All diese strategischen Prioritäten können dazu beitragen, unsere Vision Wirklichkeit werden zu lassen.

Haushaltsentwurf 2019

Der für Haushalt und Personal zuständige Kommissar Günther Oettinger unterrichtete das Kollegium über den aktuellen Stand der Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat über den Entwurf des Haushaltsplans 2019, nachdem im Vermittlungsverfahren keine Einigung erzielt worden war. Das Kollegium beschloss, Kommissar Oettinger zu ermächtigen, noch in dieser Woche den zweiten Haushaltsentwurf der Kommission vorzulegen und auf dieser Grundlage im Einvernehmen mit dem Präsidenten die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Lage in der Ukraine

Das Kollegium erörterte auch die Situation in der Ukraine, wo eskalierende Spannungen im Asowschen Meer in den vergangenen Tagen zur Festsetzung und dem Beschuss ukrainischer Schiffe durch Russland geführt haben, wobei auch mehrere ukrainische Seeleute verletzt wurden.

Diese Entwicklungen sind nicht hinnehmbar und das Kollegium betonte, dass es von Russland erwarte, die Schiffe mit ihren Besatzungen umgehend wieder freizugeben und dafür zu sorgen, dass die ukrainischen Seeleute die nötige medizinische Versorgung erhalten. Nach dem Völkerrecht ist die Russische Föderation verpflichtet, den ungehinderten und freien Schiffsverkehr durch die Straße von Kertsch sicherzustellen. Das Kollegium erklärte, dass es von Russland die Wiederherstellung der ungehinderten Durchfahrt an dieser Meerenge erwarte.

Die EU erkennt die unrechtmäßige Annexion der Krim-Halbinsel durch Russland nicht an und wird dies auch künftig nicht tun und verurteilt die Aggression gegen die Ukraine. Die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin Federica Mogherini steht seit Beginn der Eskalation mit verschiedenen Partnern in Kontakt und wird sich in dieser Angelegenheit weiter um eine umfassendere internationale Antwort bemühen. Auch das Politische und Sicherheitspolitische Komitee der EU ist bereits in dieser Woche zusammengekommen, um die Lage zu erörtern und über die nächsten Schritte zu beraten.

Europäische Bürgerinitiative

Die Europäische Kommission hat außerdem beschlossen, eine Bürgerinitiative mit dem Titel „EU-weites Referendum, um festzustellen, ob die EU-Bürger den Verbleib oder Austritt des Vereinigten Königreiches wollen!“, nicht zu registrieren. Laut Kommission sind die Voraussetzungen für die Registrierung der Initiative nicht erfüllt, da die Angelegenheit außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der EU liegt. In der Initiative heißt es: „Alle Bürgerinnen und Bürger der EU sollten die Möglichkeit haben, ihre politische Meinung darüber zu äußern, ob sie den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU wollen.“

Die Organisatoren ersuchen die Kommission, „diese öffentliche Meinungsumfrage zu unterstützen, da sie allen EU-Bürgern in allen 28 Mitgliedstaaten die Möglichkeit gäbe, ihren Wunsch darüber auszudrücken, ob sie den Brexit befürworten oder nicht.“ Nach Artikel 50 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) ist es jedem Mitgliedstaat ausdrücklich erlaubt, im Einklang mit den eigenen verfassungsrechtlichen Anforderungen aus der Union auszutreten. Zwar bedauert die Kommission die Entscheidung des Vereinigten Königreichs über den EU-Austritt, doch erkennt sie das Ergebnis des Referendums an.

Zusammensetzung des Europäischen Ausschusses der Regionen und des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Die Europäische Kommission hat zwei Vorschläge zur Änderung der Zusammensetzung des Europäischen Ausschusses der Regionen und des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses unterbreitet. Der Europäische Ausschuss der Regionen und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss haben derzeit jeweils 350 Sitze und die Amtszeit ihrer Mitglieder endet am 25. Januar 2020 bzw. 20. September 2020.

Der Rat muss deshalb einen Beschluss über die Zusammensetzung beider Ausschüsse fassen, da infolge des EU-Austritts des Vereinigten Königreichs am 30. März 2019 24 Sitze frei werden. Die Kommission empfahl, Zypern, Estland und Luxemburg in beiden Ausschüssen jeweils einen weiteren Sitz zu geben, den sie aufgrund des vorherigen Beschlusses 2015 nach dem Beitritt Kroatiens eingebüßt hatten.  Die übrigen Sitze würden als Reserve im Hinblick auf etwaige künftige Erweiterungen unbesetzt bleiben. Beiden Ausschüssen würden somit im Zeitraum 2020-2025 jeweils 329 Mitglieder angehören. Der Rat muss nun einstimmig über diesen Vorschlag entscheiden.

Weitere Informationen:

Kapitalmarktunion – Fragen und Antworten

Dritter Fortschrittsbericht über die Risikominderung und rückläufige Trends bei notleidenden Krediten – Fragen und Antworten

Factsheet: Kapitalmarktunion

Factsheet: Risikominderung in der Bankenunion

Dritter Fortschrittsbericht über die Risikominderung und rückläufige Trends bei notleidenden Krediten

Mitteilung über die Kapitalmarktunion

Fragen und Antworten: Langfristige Strategie „Ein sauberer Planet für alle

Factsheet: Langfristige Strategie zur Minderung von Treibhausgasemissionen

Factsheet: Wirtschaftlicher Übergang

Factsheet: Industrieller Übergang

Factsheet: Sozialer Übergang

Ein sauberer Planet für alle: langfristige Strategie auf der Website Europa, einschließlich der Mitteilung der Kommission

Eurobarometer Spezial 479: Die Zukunft Europas

Bericht des hochrangigen Gremiums zur Europäischen Initiative über Wege zu einer CO2-Minderung (European Decarbonisation Pathways Initiative)

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