04.05.2020 Brüssel. Die Europäische Kommission hat eine mit 7 Milliarden Euro ausgestattete französische Beihilfemaßnahme, bei der Air France die in der Coronakrise dringend benötigte Liquidität durch eine staatliche Darlehensgarantie und ein Gesellschafterdarlehen bereitgestellt werden soll, nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt. „Die Luftfahrtindustrie bietet viele Arbeitsplätze und sichert die Anbindung. Nach dem COVID-19-Ausbruch hat Air France zudem eine wichtige Rolle bei der Repatriierung von Bürgern und der Beförderung medizinischer Ausrüstung gespielt“, erklärte die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager. „Frankreich hat zudem angekündigt, dass mit Blick auf Air France bestimmte ökologische Weichenstellungen geplant sind. Das ist gut. Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen konzipieren, die ihren politischen Zielen und den EU-Vorschriften entsprechen.“
Die Genehmigung erfolgte auf der Grundlage des am 19. März 2020 von der Kommission erlassenen Befristeten Rahmens in der Fassung vom 3. April 2020 beziehungsweise direkt auf der Grundlage des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).
Die französische Unterstützungsmaßnahme für Air France
Air France ist eine große Netzwerkfluggesellschaft mit Sitz in Frankreich. Sie ist Teil der Air France-KLM-Gruppe, an der auch der französische Staat beteiligt ist. Mit einer Flotte von mehr als 300 Flugzeugen ist Air France für die französische Wirtschaft sehr wichtig, da das Unternehmen viele Arbeitsplätze bietet und die Anbindung vieler französischer Regionen einschließlich der französischen Überseegebiete (DOM-TOM) gewährleistet. Seit Beginn des COVID-19-Ausbruchs hat Air France zudem eine wichtige Rolle bei der Repatriierung von Bürgern und der Beförderung medizinischer Ausrüstung gespielt.
Da Frankreich und viele andere Länder Reisebeschränkungen verhängten, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, musste Air France seine Flüge erheblich verringern und verzeichnete deshalb hohe Betriebsverluste.
Frankreich hat nun eine Maßnahme zur Unterstützung von Air France in der Coronakrise nach den EU-Beihilfevorschriften bei der Kommission angemeldet, damit das Unternehmen die negativen Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs kann. Die mit insgesamt 7 Milliarden Euro ausgestattete Maßnahme wird in Form einer staatlichen Darlehensgarantie und eines nachrangigen Gesellschafterdarlehens des französischen Staates gewährt.
Air France benötigt die staatliche Garantie und das Gesellschafterdarlehen, um sich für diese schwierige Zeit, bis nach einer allmählichen Aufhebung der Beschränkungen die erwartete Erholung der Verkaufszahlen eintreten wird, die erforderliche Liquidität zu beschaffen. Frankreich hat zudem nachgewiesen, dass alle anderen Mittel zur Beschaffung von Liquidität auf den Märkten bereits sondiert wurden und ausgeschöpft sind.
Frankreich hat die staatlichen Garantien einzeln angemeldet, weil sie einen höheren Deckungsgrad (90 %) aufweisen als die von der Kommission am 21. März 2020 genehmigte allgemeine Garantieregelung Frankreichs (Deckungsgrad von 70 %). Die Kommission gelangte bei der Würdigung der Maßnahme zu dem Schluss, dass die staatliche Garantie für Air France mit den im Befristeten Rahmen festgelegten Voraussetzungen im Einklang steht, da i) die Garantieprämie innerhalb der im Befristeten Rahmen vorgesehenen Grenzen liegt und sich im Laufe der Zeit erhöht, um einen Anreiz für vorzeitige Rückzahlungen zu bieten, ii) die Garantie vor dem 31. Dezember dieses Jahres gewährt wird, iii) das durch die Garantie besicherte Darlehen nicht mehr als 4 Milliarden Euro betragen darf und somit innerhalb der Grenzen des Befristeten Rahmens liegt, iv) die maximale Laufzeit der Garantie sechs Monate beträgt und höchstens 90 % des durch eine solche Garantie besicherten Darlehens abgedeckt wird, und v) Air France sich am bzw. vor dem 31. Dezember 2019 nicht in Schwierigkeiten befand.
Das nachrangige Gesellschafterdarlehen wurde von der Kommission nach den EU-Beihilfevorschriften und insbesondere Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV geprüft. Nach dieser Bestimmung des Vertrags kann die Kommission Beihilfemaßnahmen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats genehmigen. Die Kommission bereitet derzeit die Erweiterung des Befristeten Rahmens vor, um horizontale Voraussetzungen für die Prüfung nachrangiger Darlehen festzulegen. Vor diesem Hintergrund stellte die Kommission fest, dass die französische Maßnahme mit den Prinzipien des Vertrags im Einklang steht und geeignet ist, eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Frankreichs zu beheben. Ohne die öffentliche Unterstützung dürfte Air France aufgrund des plötzlichen Umsatzeinbruchs Insolvenz drohen, was der französischen Wirtschaft wahrscheinlich sehr schaden würde.
Die Kommission kam deshalb zu dem Schluss, dass die Maßnahme zur Bewältigung der wirtschaftlichen Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs in Frankreich beitragen wird. Sie ist geeignet, erforderlich und angemessen, um eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats zu beheben, und steht folglich mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV und den im Befristeten Rahmen festgelegten Voraussetzungen im Einklang.
Daher hat sie die Regelung nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.
Hintergrund
In einer besonders schwierigen wirtschaftlichen Lage wie der derzeit in allen Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich aufgrund des COVID-19-Ausbruchs herrschenden Lage können die Mitgliedstaaten nach den EU-Beihilfevorschriften Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung in ihrem Wirtschaftsleben gewähren. Dies ist in Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehen.
Am 19. März 2020 hat die Kommission einen auf Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV gestützten Befristeten Rahmen angenommen, damit die Mitgliedstaaten den in den Beihilfevorschriften vorgesehenen Spielraum in vollem Umfang nutzen können, um die Wirtschaft angesichts des COVID-19-Ausbruchs zu unterstützen. Der Befristete Rahmen in der Fassung vom 3. April 2020 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten folgende Arten von Beihilfen gewähren können: i) direkte Zuschüsse, Kapitalzuführungen, selektive Steuervorteile und rückzahlbare Vorschüsse; ii) staatliche Garantien für Bankdarlehen an Unternehmen; iii) vergünstigte öffentliche Darlehen an Unternehmen; iv) Zusicherungen für Banken, die staatliche Beihilfen an die Realwirtschaft weiterleiten; v) kurzfristige staatliche Exportkreditversicherungen; vi) Unterstützung für Forschung und Entwicklung (FuE) zum Coronavirus; vii) Unterstützung beim Bau und bei der Hochskalierung von Erprobungseinrichtungen; viii) Unterstützung für die Herstellung von Produkten, die für die Bewältigung des Coronavirus-Ausbruchs relevant sind; ix) gezielte Unterstützung in Form einer Steuerstundung und/oder Aussetzung der Sozialversicherungsbeiträge; x) gezielte Unterstützung in Form von Lohnzuschüssen für Arbeitnehmer.
Der Befristete Rahmen gilt bis Ende Dezember 2020. Um für Rechtssicherheit zu sorgen, wird die Kommission vor Ablauf dieser Frist prüfen, ob eine Verlängerung erforderlich ist.
Der Befristete Rahmen ergänzt damit die vielfältigen Möglichkeiten, die den Mitgliedstaaten bereits zur Verfügung stehen, um die sozioökonomischen Auswirkungen des Coronavirus-Ausbruchs im Einklang mit den EU‑Beihilfevorschriften abzufedern. Die Kommission hat am 13. März 2020 eine Mitteilung über eine koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie angenommen‚ in der diese Möglichkeiten erläutert werden. So können die Mitgliedstaaten etwa allgemein geltende Änderungen zugunsten der Unternehmen vornehmen (z.B. Steuerstundung oder Subventionierung von Kurzarbeit in allen Wirtschaftszweigen), die nicht unter die Beihilfevorschriften fallen. Außerdem können sie Unternehmen für Verluste entschädigen, die diesen infolge des Ausbruchs des Coronavirus entstanden und unmittelbar auf den Ausbruch zurückzuführen sind.
Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb der Kommission unter der Nummer SA.57082 zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter State Aid Weekly e-News.
Weitere Informationen über den Befristeten Rahmen und andere Maßnahmen, die die Kommission zur Bewältigung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie ergriffen hat, sind hier abrufbar.
Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland