Übergang der EU zur Nachhaltigkeit: EU-Kommission stellt zehn Handlungsfelder vor © Europäische Union, 2019, Quelle: EU-Kommission - Audiovisueller Dienst, Fotograf*in: Lukasz Kobus

06.07.2023 Brüssel. Die EU macht einen tiefgreifenden und ehrgeizigen Wandel durch, damit sie in wenigen Jahrzehnten klimaneutral und nachhaltig sein kann. Mit welchen Herausforderungen die EU konfrontiert ist und in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht, hat die EU-Kommission in ihrer Strategischen Vorausschau 2023 vorgestellt.

Maroš Šefčovič, Vizepräsident für interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau, betonte: „In der Analyse spiegelt sich unser Bekenntnis zum Wohlergehen der jetzigen und künftigen Generationen wider sowie die zwingende Notwendigkeit, unseren Planeten zu schützen. Wir wollen die Vorreiterstellung Europas bei der Nachhaltigkeitswende halten, indem wir unsere einzigartige soziale Marktwirtschaft und unsere globale Handelsmacht nutzen. Dadurch stärken wir die Führungsrolle Europas in der Welt und unsere Fähigkeit, uns selbst zu behaupten sowie gleichzeitig starke Partnerschaften mit anderen aufzubauen: Europas offene strategische Autonomie.“

Bewältigung zentraler sozialer und wirtschaftlicher Herausforderungen

Die EU steht bei ihrem Übergang zur – wirtschaftlichen wie auch sozialen – Nachhaltigkeit einer Reihe von Herausforderungen gegenüber. Beispielsweise:

  • Die Verlagerung geopolitischer Gewichte prägt die öffentliche Meinung und das Regierungshandeln weltweit und stellt eine Herausforderung für die internationale Zusammenarbeit in Fragen von globaler Bedeutung wie dem Klimawandel und der Energiewende dar.
  • Die Notwendigkeit eines neuen Wirtschaftsmodells, in dem der Schwerpunkt auf dem Wohlergehen von Menschen und Natur liegt, Wirtschaftswachstum und Ressourcennutzung entkoppelt sind und der Übergang zu einem nachhaltigeren Produzieren und Konsumieren vollzogen wird. Bis zu 75 Prozent der Unternehmen in der Eurozone sind hochgradig auf natürliche Ressourcen angewiesen. Die wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit sind unlösbar miteinander verbunden.
  • Wachsender Bedarf an angemessenen Kompetenzen für eine nachhaltige Zukunft. Die Verfügbarkeit von Arbeitskräften mit den nötigen technischen und sozialen Kompetenzen wird entscheidend für eine wettbewerbsfähige EU sein: 85 Prozent der Unternehmen in der EU fehlen heute die nötigen Fachkräfte, damit sie durch den grünen und den digitalen Wandel kommen.
  • Der Übergang zur Nachhaltigkeit erfordert beispiellose Investitionen und erfordert ausreichende Finanzmittel sowohl vom öffentlichen als auch vom privaten Sektor.

Zehn Handlungsfelder

In der heutigen Vorausschau werden zehn Bereiche ermittelt, in denen unsere politische Antwort gefordert ist, damit das Wohlergehen der Menschen und der Gesellschaft beim Übergang zur Nachhaltigkeit im Mittelpunkt bleibt:

  1. Gewährleistung eines neuen europäischen Gesellschaftsvertrags mit einer erneuerten Sozialpolitik und einem Schwerpunkt auf hochwertigen sozialen Dienstleistungen.
  2. Vertiefung des Binnenmarkts zur Förderung einer widerstandsfähigen klimaneutralen Wirtschaft mit Schwerpunkt auf offener strategischer Autonomie und wirtschaftlicher Sicherheit.
  3. Stärkung des Angebots der EU auf globaler Ebene im Hinblick auf eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern.
  4. Unterstützung der Umstellung auf nachhaltige Produktions- und Konsummusterdurch Regulierung und Förderung eines ausgewogenen Lebensstils.
  5. Entwicklung hin zu einem „Europa der Investitionen“ durch öffentliche Maßnahmen zur Mobilisierung von Finanzmitteln für den Übergang.
  6. Gewährleistung der Nachhaltigkeit der öffentlichen Haushalte durch einen wirksamen Steuerrahmen und wirksame öffentliche Ausgaben.
  7. Weitere Anpassung politischer und wirtschaftlicher Indikatoren zur Berücksichtigung von nachhaltigem und inklusivem Wohlergehen, unter anderem durch entsprechende Anpassung des BIP.
  8. Sicherstellung, dass alle Europäerinnen und Europäer zum Übergang beitragen können, indem die Erwerbsbeteiligung erhöht und der Fokus auf künftig benötigte Kompetenzen gelegt wird.
  9. Stärkung der Demokratie, wobei die Generationengerechtigkeit im Zentrum der Politikgestaltung steht, um so die Unterstützung für den Übergang zu verstärken.
  10. Ergänzung des Katastrophenschutzes durch „Katastrophenprävention“ durch Stärkung des EU-Instrumentariums für Vorsorge und Reaktion.

Nächste Schritte

Die Strategische Vorausschau 2023 wird den EU-Mitgliedstaaten auf der Tagung des Rates (Allgemeine Angelegenheiten) am 10. Juli vorgelegt. Die Strategische Vorausschau der Kommission dürfte zudem zusammen mit den einschlägigen Arbeiten des spanischen Ratsvorsitzes in die Beratungen der Staats- und Regierungschefs auf der informellen Tagung des Europäischen Rates in Granada im Oktober 2023 einfließen.

Im November 2023 wird die Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Parlament die jährliche Konferenz zum Europäischen System für strategische und politische Analysen (ESPAS) organisieren. Bei dieser Gelegenheit können die wichtigsten Ergebnisse des gemeinsam von den EU-Organen verfassten Berichts zu den interinstitutionellen globalen Tendenzen 2024 überprüft und besprochen und ein Blick nach vorn geworfen werden.

Hintergrund

Die strategische Vorausschau unterstützt die Kommission auf ihrem zukunftsorientierten und ehrgeizigen Weg zur Verwirklichung der sechs politischen Leitlinien von Präsidentin von der Leyen. Seit 2020 werden jährliche strategische Vorausschauen ausgearbeitet und fließen in die Prioritäten der Kommission, ihr Arbeitsprogramm und ihre mehrjährige Planung ein.

Der diesjährige Bericht baut auf den strategischen Vorausschauen der Vorjahre auf, in denen folgende Themen im Mittelpunkt standen: die Resilienz als neue Richtschnur für die Politikgestaltung der EU (2020) die offene strategische Autonomie der EU (2021) und die Verzahnung von grünem und digitalem Wandel (2022).

Die in der Strategischen Vorausschau 2023 vorgestellte Analyse basiert auf einer von der Gemeinsamen Forschungsstelle durchgeführten, inklusiven und partizipatorischen vorausschauenden Untersuchung. Dabei wurden die Mitgliedstaaten und andere EU-Organe im Rahmen des Europäischen Systems für strategische und politische Analysen umfassend eingebunden und Bürgerinnen und Bürger im Rahmen einer auf der Website „Ihre Meinung zählt“ veröffentlichten Konsultation befragt. Die Ergebnisse der vorausschauenden Untersuchung werden in einem Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle aus der Reihe „Science for Policy“ vorgestellt: „Towards a fair and sustainable Europe 2050: social and economic choices in sustainability transitions“ (Hin zu einem gerechten und nachhaltigen Europa 2050: soziale und wirtschaftliche Optionen bei der Nachhaltigkeitswende).

Links zum Thema:

 Quelle dieser Informationen: EU-Nachrichten der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland