26.11.2018 Brüssel – Die Mehrheit der Europäer zeigen sich besorgt über Eingriffe in Wahlen, etwa durch Desinformationskampagnen, Datenschutzver- letzungen und Cyberangriffe. Das belegt eine heute (Montag, 26.11) von der EU-Kommission veröffent- lichte Eurobarometer-Umfrage im Vorfeld der Wahl zum Europäischen Parlament im Mai 2019. Demnach befürchten 61 Prozent der Europäer und rund 56 Prozent der Deutschen, dass Wahlen durch Cyberattacken manipuliert werden können.
„Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Menschen sich wirklich Sorgen wegen Desinformation machen. Gut ist, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger die Informationen, die ihnen angeboten werden, kritisch betrachten, und dass sie sich der düsteren Kräfte bewusst sind, die gerne manipulieren würden, was die Menschen lesen, denken – und was sie wählen“, so der Erste Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans. „Für die Legitimität unserer europäischen Demokratie ist es essenziell, dass die Bürger ihr Recht zu wählen auch ausüben.“
EU-Justizkommissarin Vĕra Jourová fügte hinzu: „Diese Befragung bestätigt, dass die Europäer wissen, dass die bevorstehenden Wahlen kein business as usual sein werden. Sie erwarten Maßnahmen, die faire und sichere Wahlen gewährleisten. Sie erwarten mehr Informationen über die EU und wollen frische Gesichter in der Politik sehen. Wir arbeiten daran, illegale Datenmanipulation zu bekämpfen, gegen Desinformation vorzugehen und unsere Wahlen unangreifbarer zu machen. Dazu brauchen wir aber auch das umfassende Engagement der Regierungen und sämtlicher Parteien der EU-Mitgliedstaaten. Nur, wenn wir zusammenarbeiten, können wir den Bürgern ihre Sorgen nehmen.“
Die Europäische Kommission widmet ihr jährliches Grundrechte-Kolloquium dem Thema „Demokratie in der EU“ – in einem Moment, in dem die europäischen Bürgerinnen und Bürger sich wegen der Einflussnahme auf Wahlen besorgt zeigen. Das diesjährige jährliche Kolloquium über Grundrechte bringt Politiker, Wissenschaftler, Journalisten, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und Aktivisten zu Diskussionen darüber zusammen, wie sich unsere Demokratien widerstandsfähiger und inklusiver gestalten lassen, wie die Zivilgesellschaft unterstützt werden kann und wie freie und faire Wahlen besser gewährleistet werden können.
Das wollen die Europäer im Vorfeld der Europawahl
Bei der Europawahl 2014 gingen 42 Prozent der Europäer zur Wahl. Die heute veröffentlichte Umfrage zeigt, welche Faktoren die Wahlbeteiligung erhöhen könnten:
- 43 Prozent der Befragten hätten gerne mehr Informationen zur EU und über die Rolle der EU für ihren Alltag;
- 31 Prozent wünschen sich mehr junge Kandidatinnen und Kandidaten.
Die Juncker-Kommission arbeitet aktiv daran, die EU den europäischen Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen. Die Kommissionsmitglieder haben den Kontakt zu den Bürgern gesucht und seit dem Beginn ihrer Amtszeit an mehr als 1000 Bürgerdialogen teilgenommen.
Die Kommission hat mehrere Kampagnen gestartet, darunter EU Protects und die Kampagne EU and Me, die sich an jüngere Leute richtet. Um die Bürger zum Wählen zu motivieren, wird die Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Parlament vor der Wahl Sensibilisierungskampagnen durchführen.
Bedenken in Zusammenhang mit Wahlen
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die Europäer über Eingriffe in Wahlen beunruhigt sind:
- 61 Prozent befürchten, dass Wahlen durch Cyberattacken manipuliert werden können,
- 59 Prozent machen sich Sorgen, ausländische Akteure und kriminelle Gruppierungen Wahlen beeinflussen könnten,
- 67 Prozent sind darüber beunruhigt, dass personenbezogene Daten, die online geblieben sind, für gezielte politische Botschaften genutzt werden könnten.
Dabei ist sich die Mehrzahl der Europäer (74-81 Prozent) über das geeignete Vorgehen gegen diese Bedrohungen einig:
- durch mehr Transparenz auf Social-Media-Plattformen im Internet (einschließlich klarer Angaben dazu, wer hinter Werbeanzeigen steht);
- durch gleichberechtigten Zugang für alle politischen Parteien zu Online-Diensten, um um die Aufmerksamkeit der Wähler zu werben;
- durch ein Recht auf Stellungnahme in den sozialen Medien für Kandidaten oder politische Parteien;
- durch die Einführung derselben Ruhephase online, die schon für die traditionellen Medien gilt.
Herausforderungen bewältigen
Schon im September hat die Kommission eine Reihe konkreter Maßnahmen vorgelegt, um sicherzustellen, dass die Wahl zum Europäischen Parlament im kommenden Jahr frei, fair und sicher abläuft. Zu diesen Maßnahmen zählen mehr Transparenz bei politischer Werbung im Internet und die Möglichkeit von Sanktionen, wenn personenbezogene Daten rechtswidrig genutzt werden, um das Ergebnis der Europawahl zu beeinflussen.
Die Kommission hat auch ein europäisches Wahlkooperationsnetz eingerichtet, dessen Mitglieder im Januar 2019 erstmals zusammenkommen. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre jeweiligen Vertreter für dieses Gremium so schnell wie möglich zu benennen. Das Grundrechte-Kolloquium wird mögliche Lösungen vor dem ersten Treffen des Netzwerks prüfen.
Die Kommission ergreift auch im Hinblick auf Desinformation eine Reihe von Maßnahmen. Im Oktober haben große Technologieunternehmen den Verhaltenskodex für den Bereich der Desinformation unterzeichnet, der zu mehr Transparenz bei gesponserter politischer Werbung im Internet beitragen soll. Die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst sind jetzt dabei, für eine koordinierte Reaktion auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten zum Desinformationsrisiko einen gemeinsamen Aktionsplan gegen Desinformation fertigzustellen. Der Aktionsplan wird in den nächsten Wochen verabschiedet.
Hintergrund
Für die Eurobarometer-Umfrage zu Demokratie und Wahlen wurden 27 474 Frauen und Männern in den 28 EU-Mitgliedstaaten bei sich zu Hause persönlich befragt.
Schwerpunkte der Maßnahmen zum Schutz der Europawahlen sind:
- Datenschutz: Verbesserung des Schutzes personenbezogener Daten bei Wahlen
- Transparenz: Gewährleistung der Transparenz bei Online-Wahlwerbung
- Cybersicherheit: Schutz der Wahlen vor Cyberangriffen
- Zusammenarbeit: Verbesserung der Zusammenarbeit auf nationaler und europäischer Ebene beim Vorgehen gegen potenzielle Gefahren für die Wahl zum Europäischen Parlament
- Angemessene Sanktionen: Gewährleistung, dass alle die Wahlvorschriften einhalten
Weitere Informationen:
Eurobarometer Demokratie und Wahlen – Bericht und Factsheets
Lage der Union 2018: Freie und faire Europawahlen gewährleisten
Jährliches Kolloquium über Grundrechte 2018