29.11.2018 Straßburg – Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments stimmen heute (29.11) über die Ernennung Andrea Enrias als Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums der Europäischen Zentralbank ab.
Andrea Enria erhielt am 20. November die Unterstützung des Wirtschaftsausschusses für diesen Posten. Der 57-jährige Italiener, der derzeit als Vorsitzender der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde fungiert, bedarf der Zustimmung des Plenums und der Bestätigung durch den Rat, um Danièle Nouy ab dem 1. Januar 2019 an der Spitze des Aufsichtsgremiums abzulösen.
Bankenaufsicht auf EU-Ebene
Die Europäische Zentralbank begann 2014 mit der Wahrnehmung von Aufsichtsfunktionen in einem ersten Schritt zur Gründung einer Bankenunion in Europa. Während in der Vergangenheit alle Banken der Aufsicht ihrer nationalen Behörden unterstellt waren, wurden die für das Euro-Währungsgebiet als am signifikantesten eingestuften Banken mit der Entscheidung zur Einrichtung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus der direkten Aufsicht der EZB unterstellt.
Ziel war es, die Solidität der Banken und die Stabilität des gesamten Systems sicherzustellen und zu gewährleisten, dass die gleichen Anforderungen für jeden „Big Player“ gelten.
Derzeit stehen 118 Banken unter der direkten Aufsicht der EZB und die Liste wird ständig aktualisiert. Diese Banken sind entweder die größten in ihrem Land, verfügen über eine Bilanzsumme von über 30 Milliarden Euro oder führen umfangreiche grenzüberschreitende Geschäfte durch. Andere, weniger signifikante Banken, stehen weiterhin unter der Aufsicht der nationalen Bankenbehörden.
Als Aufsichtsbehörde ist die EZB befugt, Inspektionen durchzuführen, um die Einhaltung der EU-Vorschriften durch die Banken zu überprüfen, die Banken aufzufordern, zusätzliches Kapital zur Risikominderung bereitzustellen und sogar Banklizenzen zu entziehen.
In Bezug auf die Erfüllung ihrer Aufsichtsaufgaben ist die EZB dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Sie erstellt einen Jahresbericht über die Bankenaufsicht, der den Abgeordneten in einer öffentlichen Anhörung präsentiert wird. Der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums kommt regelmäßig in den Wirtschaftsausschuss, um Fragen der Abgeordneten zu beantworten.
Künftige Aufgaben
Viele Banken in der EU wurden von der Wirtschafts- und Finanzkrise, die 2008 begann, hart getroffen. Einige haben immer noch Schwierigkeiten mit Darlehen, die nicht zurückgezahlt werden.
In seiner Erklärung vor dem Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments am 20. November nannte Andrea Enria die Beseitigung schlechter Aktiva aus den Bankbilanzen und die Förderung der Integration in diesem Sektor als seine beiden Hauptprioritäten. „Die Bankenunion wird nicht überleben, wenn die nächste Krise uns trifft, wenn wir es immer noch mit einem Erbe von schlechten Vermögenswerten aus der Vergangenheit oder mit einem nach nationalen Gesichtspunkten segmentierten Markt zu tun haben“, sagte er.
Enria versuchte auch, die Vorstellung zu zerstreuen, dass Banken zu groß sein könnten, um in Konkurs zu gehen. „Banken können durchaus scheitern…. der Ausfall einer Bank ist nicht unbedingt ein Misserfolg der Aufsichtsbehörde“, sagte er.
Die Abgeordneten werden am heute (29.11.) während der Plenartagung in Brüssel über die Ernennung Enrias abstimmen.